6. Die Gesellschaft für den Erhalt von ''Super Mario''

Iwata:

Da wir gerade bei den Klangeffekten von „Super Mario Bros.“ sind – der Klang beim Springen ist auch sehr charakteristisch. Wie sind Sie darauf gekommen? Im wahren Leben entsteht vielleicht ein Geräusch, wenn man vom Boden abspringt, aber man erzeugt in der Luft ja schließlich kein „♪Pyoing“!

Miyamoto:

Video: Beim Springen gab es schon seit „Donkey Kong“ immer ein ♪Pyoing.

Da wir gerade bei den Klangeffekten von „Super Mario Bros.“ sind – der Klang beim Springen ist auch sehr charakteristisch. Wie sind Sie darauf gekommen?
Beim Springen gab es schon seit „Donkey Kong“ immer ein ♪Pyoing.

Kondo:

Als man mich das erste Mal aufforderte, einen Klang für das Springen zu erstellen, sagte ich: „Beim Springen entsteht kein Geräusch!“

Iwata:

Na ja, im wahren Leben stimmt das ja auch! (lacht)

Kondo:

Ich war wahrscheinlich eine totale Nervensäge, weil ich einfach nicht einsehen wollte, dass man einen Klang für Sprünge brauchte. (lacht) Aber schließlich habe ich das Spiel gespielt und kam auf einen Klang, der zu dem Geschehen auf dem Bildschirm passte.

Miyamoto:

Und wir übernahmen einen

Video: Klang aus „Mario Bros.“ für das Ergreifen von Münzen

Da wir gerade bei den Klangeffekten von „Super Mario Bros.“ sind – der Klang beim Springen ist auch sehr charakteristisch. Wie sind Sie darauf gekommen?
Klang aus „Mario Bros.“ für das Ergreifen von Münzen .

Iwata:

Wie sind Sie denn überhaupt auf Münzen gekommen?

Miyamoto:

Wir hätten auch Obst oder irgendetwas nehmen können, aber wenn Obst an Stellen aufgetaucht wäre, an denen es Schildkröten und Krebse gab, hätten die Spieler vielleicht Gefahr gewittert und wären geflohen. Also versuchte ich mir etwas zu überlegen, was jedermann definitiv würde haben wollen. Und da war mir klar, dass Geld die Lösung war!

Alle:

(lachen)

Iwata:

Münzen erschienen zum ersten Mal in „Mario Bros.“. Es ist schon erstaunlich, dass sie bis hin zum jüngsten „New Super Mario Bros. Wii“ weiterhin eine solch wichtige Rolle gespielt haben. Warum sind solche Elemente Ihrer Meinung auch 25 Jahre nach der Entstehung von „Super Mario Bros.“ nicht überholt?

Tezuka:

Na ja … vielleicht sollte ich das nicht sagen, aber meiner Meinung nach ist zumindest das Original überholt.

Iwata:

Aber in der Grundstruktur gibt es vieles, das als Modell für spätere Spiele diente. Und 25 Jahre später sind viele dieser Elemente noch da, wie eben die Münzen. Und es muss doch einen Grund dafür geben, dass es die Serie immer noch gibt und diese älteren Elemente immer noch für Spielspaß sorgen.

Tezuka:

Zunächst einmal liegt das meiner Meinung nach daran, dass jedes „Super Mario Bros.“-Spiel immer zu seiner jeweiligen Zeit passt. Die Bedienung des Spiels ist ein Beispiel für etwas, das jedes Mal anders ist. Ich war als Regisseur an der Entwicklung von Super Mario Bros. 3 15 und Super Mario World 16 beteiligt und hatte bei diesen Spielen das Gefühl, dass wir viele neue Dinge einführen sollten. 15 Super Mario Bros. 3: Ein Action-Spiel das im Oktober 1988 in Japan für das Family Computer System (Famicom) erschien. 16 Super Mario World: Ein Action-Spiel das im November 1990 gleichzeitig mit dem Super Family System in Japan erschien.

Iwata:

Die Erwartungen der Spieler an das nächste „Super Mario Bros.“ waren eine Hürde, die Sie ganz bewusst überwinden wollten.

Tezuka:

Genau. Als wir „New Super Mario Bros.“ für Nintendo DS 17 machten, haben wir neue Elemente wie den Riesenmario aufgenommen; aber wir hatten eine etwas andere Einstellung zu dem Spiel als bei „Super Mario World“. Bis zu diesem Punkt hatten wir viele neue und interessante Ideen aufgenommen, und ich hatte nicht den Eindruck, dass noch mehr Neues erforderlich war. Irgendwann hätten wir dann den Punkt erreicht, an dem die Neuentwicklung aufhörte, ein „Super Mario Bros.“-Spiel zu sein. Stattdessen beschlossen wir, ein Spiel zu entwickeln, dass dazu animierte, es sofort noch einmal zu probieren, wenn man z. B. einen Sprung über ein Hindernis vermasselt hatte. 17 New Super Mario Bros.: Ein Action-Spiel, das im Mai 2006 für den Nintendo DS in Japan erschien.

Iwata Asks
Iwata:

Dieses Konzept des „Erneutversuchens“ ist etwas, dass sich in „Super Mario Bros.“ nie geändert hat.

Tezuka:

Stimmt. Als wir „Super Mario Bros. 3“ machten, war es natürlich wichtig, viele neue Elemente aufzunehmen, aber ich glaube, „Super Mario Bros.“ ist eben deshalb so beliebt geblieben, weil wir die ursprüngliche Grundlage beibehalten haben.

Iwata:

Was meinen Sie, Mr. Kondo?

Kondo:

Ich kann das nicht so gut analysieren, aber ich glaube, dass das, was Menschen auf der Suche nach Unterhaltung Vergnügen bereitet – nennen wir das meinetwegen die „Spaßkomponenten“ –, in den „Super Mario Bros.“-Spielen in konzentrierter Form auftritt. Selbst wenn sich die Zeiten ändern und ein neuer Titel erscheint, dessen Grafiken anders sind und dessen Musik voller klingt, sind die grundlegenden, vergnüglichen Elemente des Spielens trotzdem noch in jedem der Spiele erhalten.

Iwata Asks
Iwata:

In einem früheren Interview dieser Gesprächsreihe zum 25. Jubiläum von „Super Mario Bros.“ erzählte Super Mario Bros. 25. Jahrestag18, dass er an der Universität, an der er lehrt, eine Studie zu Videospielen durchgeführt hatte. Dabei ließ er Studenten, die das Originalspiel „Super Mario Bros.“ nicht kannten, eben dieses Spiel spielen. Sie alle wussten gleich, wie das Spiel zu spielen war, ohne dass man ihnen irgendwelche Erklärungen geben musste. Und sie alle hatten großen Spaß dabei. Natürlich ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Studenten Folgespiele der Serie kannten, aber der Versuch zeigte, dass auch Leute, die das Originalspiel nie gespielt hatten, Vergnügen daran fanden. Sie spielten, ohne zu zögern, und bedankten sich danach sogar. Vielleicht lag das daran, dass dieses gelbe Steckmodul konzentrierte „Spaßkomponenten“ enthält, wie Sie es gerade genannt haben. (Anm. d. Red.: Im Gegensatz zum europäischen „Super Mario Bros.“-Steckmodul war das japanische gelb.) 18 Masayuki Uemura: War an der Entwicklung von Spielkonsolen wie den Famicom- und Super Famicom-Systemen beteiligt. Derzeit arbeitet er als Berater für das Research and Engineering Department von Nintendo; zudem hat er eine Professur an der Ritsumeikan Universität inne, wo er unterrichtet und Forschungen zu Videospielen betreibt.

Kondo:

Ja, das könnte ich mir gut vorstellen.

Iwata:

Was meinen Sie, Mr. Nakago?

Nakago:

Es gibt viele verschiedene Arten von Videospielen, aber ich glaube, „Super Mario Bros.“ ist ein ganz eigenes Genre – wie das als „Manzai“ bekannte japanische Comedy-Format. Manzai hat sich im Laufe der Zeit stark verändert, aber sowohl das alte wie auch das heutige Manzai sind auf die gleiche Weise lustig. Meiner Meinung nach ist „Super Mario Bros.“ so ein eigenes Genre.

Iwata Asks
Iwata:

Es ist also kein seitlich rollendes Action-Spiel, sondern ein „Super Mario Bros.“-Spiel?

Nakago:

Genau. Sonst wäre es irgendwann einfach überholt. Aber deshalb ist es meiner Meinung nach immer noch da und so beliebt wie eh und je.

Iwata:

Was glauben Sie, Mr. Miyamoto?

Miyamoto:

Wie Mr. Nakago gerade sagte – ich glaube, dass wir das Glück hatten, ein Genre zu entdecken, das es zuvor gar nicht gab. Nicht einfach seitlich rollende Action-Spiele, sondern, wie auch bei Shooter-Spielen, etwas, das grundlegende Spielformen enthält. Egal wie viele Titel wir kreieren, die Spieler sagen Dinge wie: „Am meisten Spaß macht es, wenn man in ein Loch fällt!“

Iwata:

Stimmt. (lacht)

Miyamoto:

Egal wie ausgefeilt und visuell ansprechend ein Spiel ist, letztlich geht es eigentlich nur darum! (lacht) Als würden wir nur deswegen neue Titel erstellen, damit die Spieler sich darüber freuen können, wenn sie in Löcher stürzen! Und um noch einmal auf Mr. Tezukas Aussage zurückzukommen, beim Entwickeln der Serie entstand die schon fast obsessive Idee, dass die Fans der früheren Spiele nur dann zufrieden sein würden, wenn wir neue Elemente einbauen. Deshalb begann Mr. Tezuka bei der Entwicklung der „Super Mario Bros.“-Serie von „Super Mario Bros. 3“ zu „Super Mario World“ damit, Dinge wie Minispiele zu entwerfen, beispielsweise Roulette. Damals war Roulette die beste Methode, den hohen Funktionsumfang des Super Famicom zu demonstrieren, aber irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich Minispiele verbot.

Iwata:

Ein Minispiel-Verbot?

Miyamoto:

Ja. Ich fand, wir sollten aufhören, uns auf Minispiele zu verlassen. Anstatt Spiele durch immer mehr Minispiele aufzupeppen, wollte ich lieber eine interessantere Haupthandlung haben.

Tezuka:

Ah ja, stimmt.

Miyamoto:

Aber wenn wir zunächst gar keine Minispiele verwendet hätten, hätte die Serie damals vielleicht ihr Ende gefunden. Möglicherweise existiert sie heute nur deshalb noch, weil es einmal eine Zeit gab, als wir ein wenig ins Schwimmen geraten sind.

Tezuka:

Ich glaube, es war gut, damals viel Neues aufzunehmen.

Miyamoto:

Ja. „New Super Mario Bros. Wii“ hat aber fast gar keine Minispiele mehr. Rückblickend glaube ich sogar, wir hätten alle Minispiele herausnehmen können, auch das mit der Kanone.

Iwata:

Sie hätten sich einfach noch stärker auf das Hauptspiel konzentrieren können.

Miyamoto:

Genau. Es ist schon eine Weile her, dass das geschehen ist. Ich finde den neuen Vier-Spieler-Modus toll; mit „New Super Mario Bros. Wii“ konnten wir das „Super Mario Bros.“-Genre, wie ich finde, als grundlegenden Ausgangspunkt für Videospiele stärken. Von jetzt an werden wir drei wohl so eine Art Erhaltungsgesellschaft darstellen.

Iwata Asks
Iwata:

Die Gesellschaft für den Erhalt von „Super Mario Bros.“? (lacht)

Miyamoto:

Ja. (lacht) Ich glaube, es gibt noch eine Menge Arbeit für die Gesellschaft zum Erhalt von „Super Mario“!