1. Springen mit dem Steuerkreuz

Iwata:

Für das letzte Interview zum 25. Jubiläum von „Super Mario Bros.“1 habe ich die Entwickler des Originalspiels versammelt – vier Männer, die auch weiterhin aktiv an der Entwicklung der „Super Mario Bros.“-Serie beteiligt sind. Ich wüsste gerne, wie „Super Mario Bros.“ überhaupt entstand und warum das Spiel auch heute, 25 Jahre nachdem es aus der Taufe gehoben wurde, noch immer derart beliebt ist. Vielen Dank, dass Sie heute hergekommen sind. 1 Super Mario Bros.: Ein Action-Spiel, das in Japan im September 1985 für das Family Computer System (Famicom) erschien.

Alle:

Das Vergnügen ist ganz auf unserer Seite.

Iwata:

Übrigens … wer hat denn eigentlich all diese Dokumente in seiner Schreibtischschublade gehortet?

Iwata Asks
Nakago:

Das war ich.

Iwata:

Mr. Nakago, wie schon bei unserem letzten Gespräch haben Sie einige unschätzbare Dokumente ausgegraben! (lacht)

Nakago:

Ja. (lacht)

Miyamoto:

Sie scheinen ja ein echter Hamsterer zu sein!

Nakago:

Also, diese hier sind von Mr. Miyamoto …

Iwata:

Wow! Wahnsinn! (lacht) Die sind ja unglaublich …

Nakago:

Das hier sind Mr. Miyamotos erste Spezifikationen für „Super Mario Bros.“.

Iwata:

Ach, das ist doch auch im Begleitheft zu Super Mario All-Stars – 25 Jahre: Jubiläumsedition 2 abgebildet.



2 Super Mario All-Stars – 25 Jahre: Jubiläumsedition: Eine Sonderausgabe von „Super Mario All-Stars“, einem Spiel, das ursprünglich im Juli 1993 für das Super Famicom in Japan erschien. Im Oktober 2010 wurde es in Japan zur Feier des 25. Jubiläums von „Super Mario Bros.“ für die Wii-Konsole herausgebracht. Hierzu gehören auch ein Begleitheft zur 25-jährigen Geschichte und der Entwicklung der Super-Mario-Spiele sowie eine Soundtrack-CD zur Geschichte von Super Mario, die Musik aus der Serie enthält.

Iwata Asks
Nakago:

Ja, genau. Damals haben wir das noch von Hand geschrieben. Das Siegel stammt von der Kreativabteilung.

Iwata:

Das war das Siegel des Bereichs, bevor das Entertainment Analysis and Development Department gegründet wurde, und das Datum ist der … 20. Februar 1985. Das wurde also im selben Jahr geschrieben, in dem auch das ursprüngliche „Super Mario Bros.“ herauskam.

Miyamoto:

Wir haben die Spezifikationen am 20. Februar geschrieben, und sechs Monate später hatten wir das Ganze auf ROM …

Iwata Asks
Iwata:

Das ging ja fix! (lacht)

Miyamoto:

(lacht) Na ja, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich hatte schon früher, im Dezember 1984, einige Testspezifikationen geschrieben.

Nakago:

Die kann ich aber nirgends finden – ich habe schon alles auf den Kopf gestellt.

Miyamoto:

Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Mr. Nakago als erstes gebeten, einen großen, herumspringenden Charakter zu erstellen.

Iwata:

Uns so entstand dann der große Mario.

Miyamoto:

Irgendwann im Dezember 1984 wollte ich mal sehen, wie es wäre, wenn da ein Mario herumspringt, der doppelt so groß ist wie derjenige aus „Mario Bros.“3; also bat ich die Programmierer von Mr. Nakagos Unternehmen SRD4 eine Testversion zu erstellen – irgendetwas, worin Mario auf Knopfdruck hüpfen und bei wiederholtem Drücken auch in die Luft springen würde. Und das kam ziemlich gut rüber. 3 Mario Bros.: Ein Action-Spiel, das 1983 in den Spielhallen erschien und im September desselben Jahres in Japan für das Family Computer System (Famicom) herauskam. 4 SRD Co., Ltd.: Ein 1979 gegründetes Unternehmen, das Aufträge zur Entwicklung von Softwareprogrammen für Videospiele annimmt und CAD-Pakete entwickelt und vertreibt. Der Firmenhauptsitz ist in Osaka, die Niederlassung in Kyoto befindet sich jedoch innerhalb des Hauptsitzes von Nintendo. Toshihiko Nakago steht dem Unternehmen vor.

Iwata:

War der Himmel bereits in dieser Testversion blau?

Nakago:

Nein, noch nicht.

Miyamoto:

Wie? Der Himmel war nicht blau?

Nakago:

Nein, er war damals noch rabenschwarz.

Iwata:

In der „Iwata fragt“-Sitzung zu „New Super Mario Bros. Wii“ haben Sie erwähnt, dass Sie beim Anblick des blauen Himmels überrascht davon waren, was für leuchtende, frische Grafiken auf dem Famicom möglich waren.

Nakago:

Das war, nachdem wir in der Lage waren, den Hintergrund seitlich zu scrollen.

Iwata:

Hat sich zuerst nur Mario bewegt?

Tezuka:

Nein, nur eine quadratische Form.

Iwata Asks
Iwata:

Sie haben zunächst experimentiert und dabei eine quadratische Form verwendet.

Miyamoto:

Genau. Zuerst haben wir ein Quadrat herumgeschoben, dann beschlossen, dass wir demnächst mal etwas in der Art machen würden, und dann haben wir uns anderen Dingen zugewandt.

Nakago:

Was haben wir denn nach diesem Experiment gemacht?

Miyamoto:

Ich glaube, wir haben uns mit den Grundlagen zu The Legend of Zelda 5 befasst. 5 The Legend of Zelda: Ein Action-Abenteuerspiel, das im Februar 1986 gleichzeitig mit dem Family Computer Disk System in Japan erschien.

Nakago:

Ach ja, stimmt.

Miyamoto:

Doch, ja, jetzt erinnere ich mich. Nach dem Quadratexperiment für „Super Mario Bros.“ haben wir Experimente angestellt, die zur Grundlage von „The Legend of Zelda“ wurden. Und diese Spezifikationen habe ich im Februar des Folgejahres geschrieben?

Iwata:

Ja, im Februar.

Miyamoto:

Dabei stand ich ganz schön unter Druck von Seiten Mr. Nakagos – ich sollte mich beeilen und mich endlich für etwas entscheiden. Also habe ich die ganzen Spezifikationen in einem Rutsch geschrieben, als ich das Bewegungsschema in der Testversion vom Dezember zu Gesicht bekam.

Nakago:

Mario war ein Quadrat und auch die Tasten des Controllers waren quadratisch.

Iwata Asks
Iwata:

Stimmt, die Tasten waren damals noch nicht rund. Und zum Bewegen … äh? Hier steht, man soll auf dem Steuerkreuz nach oben drücken, um zu springen!

Iwata Asks
Miyamoto:

Oh, äh ...

Nakago:

Tatsächlich!

Iwata:

Der A-Knopf dient für den Angriff mit Objekten … Gehört das vielleicht zu „The Legend of Zelda“?

Nakago:

Wie?

Miyamoto:

Das ist ja komisch. Hier steht: „Steuerkreuz nach links und rechts drücken, um Mario mit zwei verschiedenen Geschwindigkeiten zu steuern …“

Nakago:

Nein, das gehört zu „Super Mario Bros.“.

Tezuka:

(lacht)

Iwata:

Und hier steht, dass man mit dem A-Knopf Tritte verteilt, wenn man keine Waffen in der Hand hat, oder ein Gewehr und eine Strahlenkanone einsetzt. Soll das wirklich „Super Mario Bros.“ sein?! (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyamoto:

Er sollte eine Strahlenkanone verwenden, wenn er auf einer Wolke flog.

Iwata:

Schon ganz am Anfang haben Sie sich vorgestellt, dass er durch den Himmel fliegen sollte?

Miyamoto:

Ja. Aber damals nicht auf einer Wolke, sondern auf einer Rakete.

Iwata:

Was? Mario auf einer Rakete?! (lacht) Ah, stimmt, das steht hier auf einer anderen Seite.

Miyamoto:

Ich hatte beschlossen, die Aktionen zwischen Erde und Himmel aufzuteilen. Ich glaube, zu diesem Zeitpunkt war ich noch dabei, das alles auszuklügeln. Obwohl das gerade mal sechs Monate vor dem Abschluss war. (lacht)

Iwata:

Trotzdem bin ich überrascht, dass am Anfang nicht der A-Knopf zum Springen vorgesehen war.

Miyamoto:

Daran konnte ich mich selber nicht mehr erinnern!

Alle:

(lachen)