2. Erstes Zusammentreffen mit „Super Mario“

Iwata:

Das ursprüngliche „Super Mario“ erschien, bevor Sie alle bei Nintendo arbeiteten. Mr. Eguchi, haben Sie in Ihren Studententagen „Mario“ gespielt?

Eguchi:

Also, ehrlich gesagt ... nein. Als ich zu Nintendo kam, lebte ich in unternehmenseigener Unterkunft. Einmal besuchte ich einen Kollegen in dessen Zimmer, und der hatte ein Famicom. Das war das erste Mal, das ich damit spielte.

Iwata:

Was? Sie kamen im Jahr nach dem Erscheinen von „Super Mario“ zu Nintendo, aber wussten nichts über das Famicom?

Eguchi:

Na ja, ich wusste, dass so was existierte, aber ... (lacht) als Teenager habe ich „Game & Watch“ gespielt.

Iwata:

Sie wussten also, dass unser Unternehmen sich mit Videospielen befasste.

Eguchi:

Sicher. Und ich kannte Nintendos Namen als Sponsor von Fernsehprogrammen, daher hatte ich schon den Eindruck, dass es sich um ein „richtiges Unternehmen“ handelte.

Iwata:

(lacht) Na ja, 1986 verbreiteten sich Informationen eben noch nicht ganz so schnell wie heute.

Eguchi:

Es gab ja kein Internet.

Iwata:

Das Famicom kam 1983 in den Handel, wurde aber erst gegen 1986 wirklich vom Publikum angenommen. Auch nach dem Erscheinen von „Super Mario“ verging einige Zeit, bevor die Welt das Spiel zur Kenntnis nahm. Wenn heute eine freudig erwartete Spielekonsole oder ein Videospiel in den Handel kommt, bilden sich Schlangen vor den Läden; damals war dies aber keineswegs der Fall.

Iwata Asks
Eguchi:

Stimmt.

Iwata:

Und Sie, Mr. Konno?

Konno:

Im Gegensatz zu Mr. Eguchi habe ich ständig „Super Mario“ gespielt. Ich liebte das Arcade-Spiel „ Donkey Kong “.19 Ich steckte Geld in den Automaten und spielte stundenlang. Als ich hörte, dass es das Spiel für Famicom gab, bekam ich einen regelrechten Schock. 19Donkey Kong: Ein Arcade-Actionspiel, das 1981 erschien. Die Famicom-Version wurde in Japan gleichzeitig mit der Konsole im Juli 1983 herausgebracht.

Iwata:

Sie konnten zu Hause spielen, solange Sie wollten, ohne erst hundert Yen einschieben zu müssen.

Konno:

Genau. Und damals belief sich der empfohlene Verkaufspreis eines Famicom auf nur 14.800 Yen. In der Schule hantierte ich damals mit Mikrocomputern und PCs herum, die 300.000 oder 400.000 Yen kosteten – und das Famicom war ein gleichwertiges oder vielleicht sogar besseres Gerät.

Iwata:

Ja. Zumindest, wenn es ums Spielen ging, war es definitiv besser.

Konno:

Jetzt war es also möglich, im eigenen Heim etwas Besseres zu verwenden. Ich wollte unbedingt ein Famicom kaufen; also sprach ich in der Schule mit meinem Lehrer.

Iwata:

Warum haben Sie mit einem Lehrer gesprochen?

Konno:

Ich war Mitglied in so einer Art Computerclub. Als das Famicom erschien, forderte unser Lehrer mich auf, es mal unter die Lupe zu nehmen. Also ging ich zu einem großen Supermarkt. Dort war es auf 12.800 Yen reduziert, aber aus irgendeinem Grund war ich überzeugt, dass der ursprüngliche Preis eines Famicom 128.000 Yen betrug! (lacht)

Iwata:

So viel?!

Konno:

In der Schule hatte ich Geräte verwendet, die 400.000 bis 500.000 Yen kosteten, also dachte ich, es sei normal, dass Computer Hunderttausende von Yen kosten.

Iwata:

(lacht)

Konno:

Ich bin zurück in die Schule und erzählte meinem Lehrer, dass es gerade einen Riesenrabatt gäbe. Wir beschlossen, ein Famicom zu kaufen, und als wir es näher untersuchten, ging mir auf, was es für eine enorme Leistung bot.

Iwata:

Selbst im Vergleich zu damaligen Heimkonsolen für Videospiele war das Famicom herausragend – sowohl was den Preis als auch was die Leistung anging.

Konno:

Ja, stimmt. Das war es wirklich. Ich war total entgeistert, dass ein Gerät, auf dem man „Donkey Kong“ spielen konnte, für etwas über 10.000 Yen zu haben war. Später habe ich dann mein eigenes Famicom gekauft. Damals waren die Tasten quadratisch .

Iwata:

Das frühe Modell.

Konno:

Genau. Und ich war total stolz darauf! (lacht) Dann kam „Super Mario“, und das habe ich mir sofort gekauft. Es rollte immer weiter und weiter seitwärts und hatte einen ganz neuen Kick, den es bei Famicom-Spielen bis dahin nicht gegeben hatte.

Iwata Asks
Iwata:

Man hatte das Gefühl, dass sich die Welt des Spiels immer weiter öffnete.

Konno:

Ja. Das hat mich total umgehauen.

Iwata:

Mr. Kimura, hatten Sie schon einmal Mario gespielt, bevor Sie zu Nintendo kamen?

Kimura:

Ja. Während des Famicom-Booms besuchte ich die Universität. Eines Tages kaufte meine große Schwester „Super Mario“ zusammen mit einem Famicom. Ich kannte Mario bereits aus dem Arcade-Spiel „Mario Bros.“ .20 20Mario Bros.: Ein Actionspiel, das1983 in den Spielhallen erschien und im September desselben Jahres für das Famicom-System veröffentlicht wurde.

Iwata:

Ach, Sie hatten „Mario Bros.“ schon vor dem Erscheinen der Famicom-Version in Spielhallen gespielt?

Kimura:

Ja. Ich dachte, „Super Mario“ wäre wie die anderen Spiele, aber als ich es spielte, war ich – wie Mr. Konno schon sagte – überrascht davon, wie es seitwärts scrollte und dabei neue Spielumgebungen und Gegner erschienen. Ich habe mich total darin vertieft. Damals war ich allerdings kein besonders guter Spieler. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich ständig die Welten 1-1 und 1-2 wiederholen musste.

Iwata:

Sie kamen nicht über diese hinaus?

Kimura:

Nein. Ich kam einfach nicht bis zum Ende durch.

Iwata:

Verstehe. Es ist schon eine unglaubliche Vorstellung, dass jemand, der einmal ständig die Welten 1-1 und 1-2 wiederholen musste, Produzent von „New Mario“ wurde! (lacht)

Kimura:

Allerdings! (lacht)

Iwata:

Mr. Koizumi, Sie gingen noch zur Schule, als „Super Mario“ herauskam, nicht wahr?

Koizumi:

Ja.

Iwata:

Haben Sie „Super Mario“ gespielt?

Koizumi:

Nein. Ich wusste vom Famicom, und meine Freunde waren auch völlig begeistert davon, aber ich interessierte mich mehr für Filme und hatte auch nicht viele Gelegenheiten, auf dem Famicom zu spielen. An der Uni hatte ich die Chance, „The Lost Levels“21 auf dem Disk System zu spielen, aber das war mir zu schwer; ich hatte nicht das Gefühl, dass ich das schaffen würde ... 21Super Mario Bros.: The Lost Levels: Ein Actionspiel, das in Japan im Juni 1986 für das Famicom Disk System erschien.

Iwata:

Ihre erste Begegnung mit Mario war „The Lost Levels“?

Koizumi:

Ja. Ich habe mich direkt in „The Lost Levels“ gestürzt.

Iwata:

Das ist ja Wahnsinn! (lacht)

Alle:

(lachen)

Koizumi:

Als ich hörte, wie beliebt „Super Mario“ war und es ausprobiert habe, dachte ich: „Mann, aber das ist doch tierisch schwierig!“ (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Den Eindruck hätte wohl jeder, der ausgerechnet mit „The Lost Levels“ beginnt. Das war ja schließlich als fortgeschrittene Version von „Super Mario“ gedacht.

Koizumi:

Ich kam da absolut nicht durch, also habe ich mir stattdessen „ The Legend of Zelda 22 gekauft und das gespielt. 22The Legend of Zelda: Ein Action-Abenteuer, das in Japan im Februar 1986 gleichzeitig mit dem Famicom Disk System erschien.

Iwata:

(lacht) Übrigens, Mr. Kimura, haben Sie „Super Mario“ gemeistert, seit Sie bei Nintendo sind?

Kimura:

Gott sei Dank, ja! (lacht) Auf der Oberschule war ich völlig begeistert von RPGs und habe auch einige erfolgreich hingekriegt, aber „Mario“ ist ja ein Actionspiel, daher kann man im Gegensatz zu RPGs nicht einfach vorwärtskommen, indem man Zeit damit verbringt, Erfahrung und Kraft zu sammeln. Daher war ich ekstatisch, als ich mich da reingehängt und es schließlich auch geschafft habe.

Konno:

Unter den Arcade-Spielen gab es ja eigentlich keine Actionspiele, die ein Ende hatten.

Iwata:

Stimmt – je besser man wurde, umso länger konnte man spielen.

Konno:

Es ging darum, zu sehen, wie weit man mit seiner Entschlossenheit und Ausdauer kam. Ich gehöre ebenfalls zur Arcade-Generation. Daher erwartete ich bei den Actionspielen für Heimkonsolen auch kein Ende. Als ich dann „Super Mario“ spielte und schließlich am Ende die Worte „Thank you, Mario!“ erschienen, war ich völlig verblüfft: „Wie jetzt – es ist zu Ende?!“

Iwata:

(lacht)

Konno:

Das war damals wirklich eine Überraschung.