3. Ein klares Ziel vor Augen

Iwata:

Unser Gespräch bestärkt mich in der Überzeugung, dass es wichtig ist, sich klare Ziele zu setzen, selbst wenn es sich dabei um vollkommen neuartige handelt.

Takeda:

Das ist richtig. Hätten wir kein Ziel gehabt, das auf einem klaren Konzept basiert, hätte dies nicht zur Wii-Konsole in ihrer jetzigen Gestalt geführt.

Takamoto:

Auch hinsichtlich der Konstruktion kann man sagen, dass die Konsole wahrscheinlich nicht so klein geworden wäre, wenn nicht von Anfang an das Ziel von "so groß wie zwei bis drei DVD-Hüllen" vorgegeben gewesen wäre und das Gehäuse nicht schon bei der E3 präsentiert worden wäre.

Ashida:

Ja. Als wir beispielsweise innerhalb der Design-Abteilung über die blauen LEDs diskutiert haben, kam Takeda-san herein und sagte recht vehement: "Natürlich brauchen wir die LEDs!".

Takeda:

Anfangs hatten wir überlegt, dass wir dieses Gimmick nur für die E3 einbauen. Aber dann sind die LEDs so gut angekommen...

Takamoto:

Es ist uns irgendwie gelungen, sie in einem Winkel des Gehäuses unterzubringen. (Lachen)

Iwata:

Das wäre nicht so gekommen, wenn wir kein klares Ziel gehabt hätten. Mit einer reinen Liste von Dingen, die wir einbauen wollen, wäre es zu Überschneidungen gekommen und die Konsole wäre immer größer ausgefallen. Wenn hingegen klar ist, was man erreichen will, kann man sagen "So will ich das haben" und dann von dort aus rückwärts rechnen. Ich halte diese Art, sich auf ein Ziel zuzubewegen, für richtig.

Iwata Asks
Takamoto:

Auch die Vorgabe des langsam rotierenden Ventilators konnte nur umgesetzt werden, weil sie von Anfang an feststand. Das für das Innenleben verantwortliche LSI-(Large Scale Integration-)Team musste versuchen, die Hitzeentwicklung durch die ICs (integrierte Schaltkreise) zu minimieren, und das Design-Team musste die Temperaturentwicklung ebenfalls im Hinterkopf haben. All das ist auf die klare Zielvorgabe zurückzuführen, dass "der Ventilator nachts nicht läuft".

Iwata Asks
Iwata:

Wir konnten hier keine Kompromisse eingehen, da wir das Ziel der "Konsole, die nie schläft" vor Augen hatten, also dass die Wii-Konsole 24 Stunden am Tag in Betrieb ist. Wenn nachts der Ventilator einer Spielkonsole läuft, sagt nachher die Mutter der Familie: "Schon wieder nicht ausgeschaltet!" und zieht den Netzstecker. (Lachen)

Shiota:

Als Entwickler der Halbleiter kann ich dazu nur sagen, dass die Anforderung "Ventilator läuft nicht" für uns eine große Hürde war. Die Grenzen in Bezug auf die Hitzeentwicklung durch die ICs waren ohnehin wegen des kleinen Gehäuses eng gesteckt. Außerdem weiß man bei ICs immer erst nach der Herstellung, wie viel Hitze sie abstrahlen. Und vom Entwurf bis zur Herstellung vergeht viel Zeit. Man kann also nicht nach der "Trial and Error"-Methode herumexperimentieren, sonst steht man nachher vor Problemen, die man nicht mehr innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens lösen kann. Natürlich gibt es Fortschritte bei den Tools für die IC-Entwicklung und man kann einiges schon vorher in Simulationen durchspielen, doch mit der rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der ICs können diese Tools nicht immer mithalten. Deshalb sieht die Realität am Ende doch anders aus als das, was man in der Simulation zu sehen bekommt. Das große Thema der "Minimierung des Stromverbrauchs" ist ähnlich schwierig, da sich der Stromverbrauch praktisch nicht vorausberechnen lässt. Erst wenn der Chip aus der Fabrik da ist, man ihn einbaut und dann den Strom einschaltet, weiß man, wie viel Watt er verbraucht. Dieser Bereich hat uns viel Kopfzerbrechen bereitet. Zumindest kann ich sagen, dass ich noch nie vor solch schwierigen Problemen gestanden habe.

Iwata Asks
Iwata:

Bei mobilen Spielkonsolen spielt der Stromverbrauch immer eine große Rolle, aber für eine stationäre Konsole wurde dieser Gedanke zum ersten Mal angewendet, nicht wahr?

Shiota:

Ja, das ist ein Novum. Deshalb haben wir intern die Kollegen der Teams, die bei Nintendo an den mobilen Spielkonsolen arbeiten, angesprochen, um von ihrem Know-how zu profitieren. Auch die Firmen, die Chips entwickeln und herstellen, haben uns geholfen. Es ging uns außerdem darum, nicht nur den Stromverbrauch der ICs zu minimieren, sondern den der gesamten Konsole. Wir haben wirklich nach den Wolken gegriffen. Glücklicherweise gibt es bei Nintendo einen Erfahrungsschatz, der über die langen Jahre angewachsen ist: das Know-how, wie man Projekte angeht, deren Verlauf nicht absehbar ist, und Methoden, wie man Probleme schnell identifizieren und lösen kann. Nur deshalb, glaube ich, konnten wir die Konsole fertig stellen.

Iwata:

Neben dem kreativen Ziel von "So will ich es haben" gab es noch ein ganz anderes, sehr viel nüchterneres: "Wir müssen den Preis der Konsole niedrig halten". Das hat Ihnen sicherlich auch Probleme bereitet, oder, Takeda-san?

Takeda:

Ja. Aber, wie soll ich sagen, auch von der kreativen Seite her betrachtet bedeutete die Vorgabe "kein Luxus", dass wir mit elementarer Technik die Wii-Konsole zu etwas Besonderem machen mussten. Deshalb war dies von Anfang an ein Thema, über das wir uns nicht so sehr die Haare gerauft haben. Wenn man allerdings den Konsolenständer oder das Slot-In-Laufwerk (Laufwerk mit automatischem Einzug) bedenkt, gibt es auch Bereiche, in denen Geld ausgegeben wurde, obwohl Nintendo hier traditionell wenig investiert. Wie Ashida-san schon sagte, als er über das Design gesprochen hat, war es eines der großen Ziele, die Wii-Konsole zu einer Konsole zu machen, die nicht nur Kinderspielzeug ist, sondern von allen Familienmitgliedern genutzt wird. Auch aus diesem Grund mussten wir überlegen, wie wir die Konsole ansprechender bzw. stilvoller gestalten können. Letztlich steht man da bei der Kalkulation natürlich vor zwei sich widersprechenden Zielen, die man irgendwie unter einen Hut bringen muss. (Lachen)

Iwata Asks
Ashida:

Um ein einfaches Beispiel zu nennen: Die Gehäuseoberfläche der Wii-Konsole ist glatt und glänzend. In der Vergangenheit hat Nintendo stets einen fein strukturierten Kunststoff, "SHIBO" genannt, verwendet. Der ist kostengünstig und hat den Vorteil, dass kleinere Kratzer nicht auffallen. Bei der Wii-Konsole haben wir jedoch eine glatte, glänzende Oberfläche gewählt, die zwar auch aus Kunststoff ist, aber edler aussieht. Ich denke, dass dieser Richtungswechsel nicht nur die Wii-Konsole betreffen wird, sondern sich auch auf alle zukünftigen Nintendo-Produkte auswirken wird.

Iwata Asks
Iwata:

Um es einfach zu sagen, bei Spielkonsolen ist ein edles Aussehen im Vergleich zu früher wichtiger geworden.

Ashida:

Ja. Natürlich ging es uns beim Design nicht darum, den Eindruck von Luxus zu vermitteln. Aber wir wollten auf jeden Fall vermeiden, dass der Eindruck eines billigen Spielzeugs entsteht, weil wir nur auf die Kosten achten. Wir wollten, dass sich eine breite Schicht von dem edlen Design der Konsole angesprochen fühlt. Es sollte eine Konsole werden, die die Funktionen und die Haltbarkeit einer Spielkonsole hat, aber nicht wie ein billiges Spielzeug aussieht.

Takamoto:

Na ja, es ist eigentlich immer schon so gewesen, dass das Design-Team nur die Qualität im Auge hat, während unser Team, das für das Innenleben zuständig ist, Wege finden muss, wie man die Kosten niedrig hält. (Lachen)

Ashida:

(Lachen)

Takeda:

Und jedes Mal, wenn sich die beiden wieder gestritten haben, sind sie zu mir gekommen.

Alle:

(Lachen)

Iwata:

Wir alle haben jetzt mehrere Jahre lang an diesem Projekt gearbeitet. Zum Abschluss möchte ich jeden von Ihnen bitten, den vielen Menschen, die auf die Wii-Konsole warten, Ihren persönlichen Eindruck von der Konsole mitzuteilen.

Shiota:

Dass die Wii-Konsole eine vollkommen neuartige Spielkonsole ist, wurde bereits in den verschiedenen Medien berichtet, aber ich denke, dass man das Meiste, was an der Wii-Konsole neuartig ist, erst begreifen kann, wenn man sie tatsächlich vor sich hat. Ich wünsche mir daher, dass Sie tatsächlich die Gelegenheit haben werden, die Wii-Konsole zu erleben.

Takamoto:

Bei der Wii-Konsole haben wir insbesondere berücksichtigt, wo die Konsumenten sie nachher aufstellen werden. Ich wünsche mir, dass Sie die Wii-Konsole im Wohnzimmer aufstellen, so dass alle Mitglieder der Familie damit spielen können.

Ashida:

Also, als Verantwortlicher für das Design muss ich sagen: Senkrecht! Stellen Sie die Konsole senkrecht auf und verwenden Sie dabei den Konsolenständer.

Alle:

(Lachen)

Takeda:

Die Wii-Konsole ist das erste System von Nintendo, bei dem wir mit Hilfe von Betriebssystem-Updates weitere Funktionen hinzufügen können, selbst nachdem Sie das Produkt gekauft haben. Das heißt, es kommen im Laufe der Zeit immer weitere interessante und unterhaltsame Dinge hinzu. Ich hoffe, dass Sie sich darauf freuen. Ich persönlich bin jedenfalls schon sehr gespannt.

Iwata:

Vielen, herzlichen Dank. Es war gut, nochmals zurückzublicken und die Entstehungsgeschichte nachzuvollziehen. Mir ist dabei erneut klar geworden, dass all die Mühe nicht umsonst war, dass es alles notwendige Anstrengungen waren. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin richtig aufgeregt.