3. Suspekte Typen

Aonuma:

Eine richtige Handlung gab es aber nicht erst bei Link’s Awakening, oder?

Nakago:

A Link to the Past hatte schon eine kleine Handlung, aber eine Handlung, die sich durch das ganze Spiel zieht, gab es erst bei Link’s Awakening.

Iwata:

Das heißt, dass der Romantiker Mr. Koizumi, der ja für die Story verantwortlich war, einen ziemlich großen Einfluss auf die allgemeine Richtung hatte, in die sich die Zelda-Serie entwickelte.

Aonuma:

Das stimmt.

Iwata:

Koizumi muss jetzt wahrscheinlich niesen. (lacht) (Anmerkung der Redaktion: In Japan sagt man allgemein zum Spaß, wenn jemand ohne Grund niest, dass gerade jemand über die Person spricht, die niest.)

Alle:

(lachen)

Iwata:

Link’s Awakening, das Mr. Tezuka in seine eigene Richtung entwickelte, hatte schon einen großen Einfluss auf die nachfolgenden Zelda-Spiele.

Tezuka:

Da bin ich mir nicht so sicher…

Iwata:

Was den allgemeinen Verlauf der Story anbelangt, glaube ich schon.

Tezuka:

Das hatte ich aber nicht so beabsichtigt. Ok, vielleicht, was Twin Peaks angeht…

Aonuma:

Moment mal! (lacht) Mr. Iwata, wissen Sie das mit Twin Peaks?

Iwata:

Nein. Klären Sie mich auf. (lacht)

Tezuka:

Darüber haben wir gesprochen, bevor Sie kamen. Wir haben darüber gesprochen, dass wir Link’s Awakening gern einen ähnlichen Touch wie bei Twin Peaks geben wollten. Zu der Zeit war die Serie Twin Peaks ziemlich beliebt. Die Handlung drehte sich um eine kleine Anzahl von Personen in einer Kleinstadt.

Iwata Asks
Iwata:

Okay…

Tezuka:

Bei Link’s Awakening wollte ich eine Handlung schaffen, die von ihrem Umfang her zwar leicht verständlich ist, sich aber doch durch tiefgehende und markante Charaktere auszeichnet.

Iwata:

Das erinnert mich an Wuhu Island bei Wii Sports Resort11. Die Ereignisse spielen sich an wohlbekannten Orten ab, so dass einem die Hintergrundelemente ganz klar werden. Haben Sie darüber auch bei Link’s Awakening nachgedacht? 11Wuhu Island: Die Insel, auf der die Handlungen von Wii Sports Resort und Wii Fit Plus spielen. Die Grundidee besteht darin, vielfältige mitreißende Abenteuer und andere Aktivitäten auf der Insel zu entfesseln. Mehr Informationen zum „Inselkonzept“ enthält Iwata fragt: Wii Sports Resort.

Tezuka:

Ich habe mich früher schon mal daran erinnert. (lacht)

Aonuma:

Damals wusste ich gar nicht, was er meint. Ich dachte: „Wovon spricht der Kerl eigentlich?“(lacht) Aber da Twin Peaks zu dieser Zeit so beliebt war....

Iwata:

Sie dachten, er wollte einfach nur „in“ sein?

Aonuma:

Klar. (lacht) Ich dachte: “Ist das wirklich das, was du aus Zelda machen willst?!“ Jetzt ist das Geheimnis gelüftet. (lacht) Als ich die Kommentare von Mr. Tanabe im Strategy-Guide las, sah ich Mr.Tezukas Vorschlag, aus allen Charakteren suspekte Typen zu machen, so wie es seinerzeit bei der beliebten Serie Twin Peaks war.

Iwata:

Tauchte deshalb dieser Typ auf, der wie Mario aussieht, weil ihr jemanden haben wolltet, der suspekt aussieht? Er sah ja schon suspekt aus, aber… (lacht)

Tezuka:

Anschließend kamen bei Ocarina of Time 12 und Majora’s Mask 13, alle möglichen suspekten Charaktere vor. Ich habe meinen Leuten nicht gesagt, dass sie es so machen sollen. Aber mir persönlich hat es gefallen. 12The Legend of Zelda: Ocarina of Time: Der erste 3D-Titel von The Legend of Zelda. Er wurde in Europa im Dezember 1998 für den Nintendo 64 veröffentlicht. 13The Legend of Zelda: Majora’s Mask: Wurde im November 2000 in Europa für das Nintendo 64 veröffentlicht.

Aonuma:

Von den Teammitgliedern, die an Ocarina of Time arbeiteten, hatten alle Link’s Awakening gespielt. Sie wussten also genau, wie weit sie bei den Zelda-Serien gehen konnten.

Tezuka:

Oh, ich verstehe.

Iwata:

Ja, das ist plausibel. Mr. Tezuka, Sie haben das Zulässige bei Zelda erweitert, ohne es selbst zu merken.

Tezuka:

Ja, ich glaube, das habe ich getan. Ich bin froh, dass ich etwas dazu beitragen konnte.

Alle:

(lachen)

Iwata Asks
Aonuma:

Ich bin mir sicher, dass dieses Element der Serie zum Durchbruch verholfen hat. Hätten wir nach A Link to the Past direkt mit Ocarina of Time weiter gemacht, ohne Link’s Awakening dazwischen, sähe Ocarina jetzt ganz anders aus.

Iwata:

Das glaube ich auch. Ausschlaggebend war, dass sich das Team der Möglichkeiten bewusst war.

Aonuma:

Das stimmt.

Iwata:

Mr. Tezuka, Sie haben auch danach noch an den Zelda-Titeln für die Handheld-Konsole gearbeitet, stimmt das?

Tezuka:

Ja. Und zwar zusammen mit Capcom. Zu der Zeit war Yoshiki Okamoto14 bei Capcom und wollte gern ein Zelda-Spiel machen. Man plante ein Remake des ersten The Legend of Zelda-Titels. Ich dachte damals, wenn es nur um eine Adaptierung des ersten Titels geht, sollte es kein Problem sein. Als wir dann darüber sprachen, spürte ich Yoshiki Okamotos starke Begeisterung für die Zelda-Spiele. Normalerweise hätte ich Spiele wie Zelda oder Mario niemals jemand anderem überlassen. 14Yoshiki Okamoto: Ein Spiele-Designer, der im Rahmen seiner Tätigkeit bei Capcom neben anderen Titeln an der Entwicklung der Street Fighter-Serie beteiligt war. Er ist derzeit Präsident von Game Republic Inc.

Iwata:

Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie mich diese Nachricht schockierte. Er dachte fast, es handelte sich um irgendeinen Fehler. Nicht wegen Capcom, sondern weil Zelda meines Erachtens ein herausragender Titel war, der Nintendo doch sehr am Herzen lag. Ich nahm einfach an, dass ein größeres Mario- oder Zelda-Spiel unmöglich von jemand Externen gemacht werden könnte.

Tezuka:

Normalerweise ist das richtig, aber Capcom arbeitet sehr schnell und im Gespräch mit den Leuten spürte ich deren Begeisterung für die Serie und dachte daher, wir könnten ihnen vertrauen. Und so ließen wir Oracle of Seasons und Oracle of Ages 15 dort machen. 15The Legend of Zelda: Oracle of Seasons und Oracle of Ages: Zwei Action-Adventure-Spiele, die in Europa gleichzeitig für den Game Boy Color im Oktober 2001 veröffentlicht wurden.

Iwata:

Aber Sie haben die Arbeiten doch regelmäßig überprüft.

Tezuka:

Ja. Capcom sitzt in Osaka. Da es so nah war, habe ich die Firma sehr oft besucht. Wir hatten in der Vergangenheit nicht mit der Firma zusammengearbeitet, und ich stellte fest, dass die Spiele dort mit einem ganz anderen Temperament als bei uns entwickelt wurden.

Iwata:

Was hatten Sie für einen Eindruck?

Tezuka:

Mich verblüffte die Sportlichkeit der Entwickler. (lacht) Sie waren ganz und gar nicht wie wir.

Iwata:

Wie wart ihr denn damals bei Nintendo?

Tezuka:

Eine Runde Gleichgesinnter.

Nakago:

Ja, das stimmt. Sie sind wirklich eine Runde Gleichgesinnter. (lacht)

Aonuma:

Ein richtiger Workshop eben. (lacht)

Iwata:

Diesem Workshop von Gleichgesinnten standen also streng hierarchisch organisierte, athletische Typen gegenüber. Und aus dieser ungewöhnlichen Kombination ist Zelda für den Game Boy Color entstanden.

Tezuka:

Da mit dem ersten Spiel alles ganz toll geklappt hatte, dachte ich, wir könnten noch mehr von dieser Firma machen lassen.

Aonuma:

Und daraus entstanden die späteren Zelda-Spiele für den Nintendo DS.

Tezuka:

Sie haben es erraten.