2. Snake und Sonic

Iwata:

Mit jeder neuen Folge, gewann die Serie neue Charaktere für sich. Auch die Besetzung in Super Smash Bros. Brawl übertrifft bisher Dagewesenes. Für einen Überblick lohnt es sich, die Internetseite Smash Bros. DOJO!! zu besuchen.

Sakurai:

Um sich einen Überblick zu verschaffen, wäre das ratsam, ja. (lacht)

Iwata:

Ich würde gerne kurz zwei Charaktere anreißen, Snake und Sonic. Mit dem Gastauftritt dieser beiden Figuren finden nun erstmals Charaktere in das Spiel, die nicht aus dem Hause Nintendo stammen.

Sakurai:

Richtig. Und das veranlasst mich zu einer Gegenfrage. Wie wurde die Einführung dieser beiden Charaktere intern bei Nintendo aufgenommen?

Iwata:

Sie meinen, ob Gastcharaktere prinzipiell akzeptiert wurden?

Sakurai:

Genau.

Iwata:

Da gab es praktisch keinen Gegenwind. Die Super Smash Bros.-Serie ist nun mal ein Zusammentreffen und ein Fest, das von einer großen Anzahl verschiedenster Figuren lebt. Es warf lediglich die Frage auf, wo man die Grenze zieht. Prinzipiell war aber die einhellige Meinung, solche Entscheidungen Ihnen zu überlassen. Ich persönlich bin ohnehin der Ansicht, den Kreis der Teilnehmer auszuweiten. Spektakel wie diese gibt es nicht viele, von daher sollte man sie ausnutzen.

Sakurai:

Das zu hören ist eine große Erleichterung. Ich bereue natürlich keineswegs, Snake und Sonic mit aufgenommen zu haben. Ich denke, wir gehen damit in die richtige Richtung.

Iwata:

Wie verlief die Einbindung der beiden Charaktere konkret?

Sakurai:

Nun, beide Charaktere sind so ausdrucksstark, dass sie sich hervorragend in das Spiel einbringen ließen.

Iwata:

Womöglich weil es keine Nintendo-Charaktere sind?

Sakurai:

Eher aufgrund ihrer Individualität. Ich ziehe bei der Entwicklung keine rigide Trennlinie zwischen Nintendo-Charakteren und anderen Charakteren. Sie alle vereinen sich in der Welt von Smash Bros., die ihre Gesetzmäßigkeiten hat, und heben sich dabei dennoch durch ihre individuellen Charaktereigenschaften voneinander ab.

Iwata Asks
Iwata:

Das Ergebnis ist sehr gelungen, muss ich sagen. Die Neuzugänge wirken auf der einen Seite wohl vertraut und bringen doch frischen Wind in die Runde.

Sakurai:

Vielen Dank. Ich denke, sobald man die zwei neuen Charaktere steuert, wird man fühlen, dass sie sich klar von den bisherigen Charakteren unterscheiden. Das Hinzustoßen von Gastcharakteren, die nicht in der Welt von Nintendo beheimatet sind, verleiht dem Spiel eine neue Form der Originalität. Ihre kühne Inszenierung genoss ich dabei in vollen Zügen.

Iwata:

Originalität kann viele Formen annehmen. Wenn Charaktere einen Luftsprung machen, springen sie alle auf ihre eigene Art. Mario, Samus oder Sonic, sie alle beherrschen den Sprung auf ihre individuelle Art und Weise.

Sakurai:

Das ist richtig.

Iwata:

Ob man die Unterschiede während des Spielens bewusst wahrnimmt, ist sicherlich eine andere Frage, aber im direkten Vergleich gibt es offenkundige Unterschiede. Die natürliche Integrierung der Unterschiede, ohne dass sie den Spielfluss hemmt. Das ist die wundersame und zugleich größte Eigenschaft der Serie Super Smash Bros.

Sakurai:

Davon sind nicht nur Snake und Sonic betroffen, doch im Prinzip werden völlig fremdartige Figuren in einem Spiel zusammengewürfelt. In diesem Kontext zu überlegen, wie die Charaktere zu positionieren seien und welchen Stellenwert man ihnen beizumessen hat, machte den Spaß an der Arbeit dieser Serie aus.

Iwata:

Dennoch ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Jeder Charakter nennt eine Vielzahl von Techniken und Fertigkeiten sein Eigen, doch nur ein geringer Teil findet sich tatsächlich in Super Smash Bros. Brawl wieder. So muss man sensibel sortieren und ausrangieren, welche man mit einbaut, damit das in der Vergangenheit entstandene Bild des Charakters keinen Schaden nimmt. Es bedeutet nichts anderes als die Individualität des Charakters zu isolieren und in komprimierter Form in die Welt von Super Smash Bros. Brawl zu transformieren.

Sakurai:

Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.

Iwata:

Und schließlich muss man Stärken und Schwächen der Charaktere miteinander vergleichen und gegenseitig ausbalancieren. Das ist nicht einfach, oder?

Sakurai:

Nein, das ist es nicht. Nehmen wir beispielsweise die Fortbewegungsgeschwindigkeit eines Charakters. Ein agiler Charakter sollte bei schneller Bewegungsgeschwindigkeit in der Lage sein, gekonnt zu landen. Es wäre gewissermaßen seine Stärke. Doch bewegt er sich zu schnell, wird er schwierig zu steuern und dadurch geht die gesamte Spielbalance verloren. Deswegen üben wir uns bei der Einstellung der einzelnen Parameter in subtiler Feinarbeit.

Iwata:

Wie viele Parameter hat ein Charakter ungefähr?

Sakurai:

Das ist schlicht unzählbar. (lacht) Es werden vermutlich mehrere Hundert sein.

Iwata:

Ergo werden für einen Charakter mehrere Hundert Parameter eingestellt, welche ihn nicht übertrieben erstarken lassen, aber auch nicht übertrieben schwächen dürfen. Das ist eine höchst komplexe und aufwendige Arbeit.

Sakurai:

Nun ja, das lässt sich wohl nicht ändern. (lacht)

Iwata:

Der prekäre Teil der Arbeit, den man nicht anderen überlassen kann.

Sakurai:

Allerdings.

Iwata:

Vermutlich ist dies der Grund, dass die Schöpfer der Charaktere überhaupt erst das Vertrauen aufbringen, die Charaktere Ihrer Obhut anzuvertrauen. Die Zuversicht, dass Sie etwas Gutes daraus machen. Immerhin sind es praktisch ihre Kinder, die sie ihnen anvertrauen.

Sakurai:

Es ist weniger anstrengend als viel mehr eine Ehre mit ihnen arbeiten zu dürfen.