4. Ein Sprung, der einen zum Lachen bringt

Iwata:

Bitte gestatten Sie, dass ich nun ein anderes Thema anschneide. Was hielten Sie vom Nintendo 3DS, als Sie ihn zum ersten Mal sahen?

Nomura:

Ich hatte davon gehört, dass er stereoskopisch war, hatte mir diesen Effekt aber viel subtiler vorgestellt. Ich war wirklich erstaunt, wie gediegen und dreidimensional alles wirkte.

Iwata:

Dieser Gedanke ging mir auch durch den Kopf, als ich das Kingdom Hearts-Spiel sah, das Sie für den Nintendo DS gemacht hatten: Sie gehören zu den Leuten, die erst dann zufrieden sind, wenn Sie die Features der Konsole so weit wie möglich ausgeschöpft haben, nicht wahr?

Nomura:

Ich denke, da haben Sie recht! (lacht)

Iwata:

Ich erinnere mich, dass ich die gleichen Gedanken hatte, als ich The World Ends With You20 sah. Daher finde ich es fair, wenn Ihre Fans denken: „Was macht Mr. Nomura mit einem Nintendo 3DS?“ 20The World Ends With You ist ein Action-RPG, das im Juli 2007 für den Nintendo DS auf den Markt kam. Tetsuya Nomura war hauptverantwortlich für das Charakter-Design und der Produzent des Spiels.

Nomura:

Das nehme ich an ... Mit einem nagelneuen Titel wie The World Ends With You kann man wirklich herumexperimentieren und alles Mögliche ausprobieren. Bei Kingdom Hearts-Fans weiß ich, dass ich nicht so weit gehen kann. Stattdessen habe ich nach Anwendungsmöglichkeiten für die neuen Features gesucht, wo immer es möglich war. Was mir am Nintendo 3DS am besten gefällt, ist, dass er die Analogsteuerung unterstützt. Die Analogsteuerung ist insbesondere bei Action-Spielen von großer Wichtigkeit. Also war das eine große Erleichterung für mich.

Iwata:

Die

Video: frei-fließende Action

Bitte gestatten Sie, dass ich nun ein anderes Thema anschneide. Was hielten Sie vom Nintendo 3DS, als Sie ihn zum ersten Mal sahen?
frei-fließende Action dieses Titels scheint bis jetzt die dynamischste aller Spiele dieser Serie zu sein. Wenn man sich diese ansieht, versteht man, dass die Analogsteuerung ein absolutes Muss ist.

Nomura:

Das stimmt. Das Nintendo 3DS-System ist schon eine ziemlich gewagte Maschine, und die stereoskopischen Grafiken verleihen den Spielen eine unglaubliche Tiefe. Daher wirken die Grafiken so dynamisch. Tatsächlich war die frei-fließende Action das erste Feature, das ich bei Kingdom Hearts 3D umsetzen wollte.

Iwata:

War diese frei-fließende Action schon Bestandteil Ihrer ursprünglichen Vision von diesem Spiel?

Nomura:

Ja, das war sie. Diese Idee entstand aufgrund der Tatsache, dass der Nintendo 3DS sowohl stereoskopische Grafiken als auch eine Analogsteuerung bietet. Tatsächlich bemängeln jetzt Team-Mitglieder, die an dem neuesten Spiel mitgearbeitet haben, die Bewegungen der älteren Spiele wie BBS21 und KH II seien zu langsam. Sie argumentieren, man könne nicht mehr zurückgehen, wenn man einmal diese frei-fließende Action in 3D erlebt hätte. Außerdem sagen sie, ein Kingdom-Spiel, bei dem man sich nicht einfach an den Wänden abstoßen kann, sei einfach kein Kingdom-Spiel. (lacht) 21BBS bezieht sich auf Kingdom Hearts: Birth By Sleep, ein RPG, das (in Japan) im Januar 2010 veröffentlicht wurde.

Iwata:

Dann sagte also selbst Ihr eigenes Team, es könne nicht mehr zurückgehen, nachdem es die frei-fließende Action dieses Titels erlebt hätte! War es denn schwierig, ein Spiel mit so dynamischen Grafiken zu bauen?

Nomura:

Natürlich war die Entwicklung nicht ganz gradlinig. Da man sich jetzt von einer Wand abstoßen und beliebig weit springen kann, mussten wir viel größere Karten als bei den herkömmlichen Kingdom Hearts-Spielen entwerfen. Dieses Abstoßen ist außerdem ein bisschen schwierig zu steuern, aber ... es wird Sie zum Lachen bringen! Sie werden nicht glauben, wie weit man wirklich springen kann! (lacht)

Iwata:

Sie lachen über ein Feature, das Sie selbst eingebaut haben!? (lacht)

Nomura:

Ich habe es selbst eingebaut. Aber anschließend erschien es mir dann positiv, dass es so lustig ist. Außerdem macht das Erlernen der Steuerbewegungen einen Teil des Vergnügens bei Action-Spielen aus.

Iwata:

Solche Dinge haben bestimmt Suchtpotenzial. Sieht man jemandem beim Spielen zu, dann möchte man am liebsten gleich selbst loslegen.

Nomura:

Das glaube ich auch. Bei Mario 64 war mein Lieblingsteil der vor dem Schloss. Da ging es gar nicht um bestimmte Ziele: Da konnte man einfach herumrennen, springen und rutschen. Hui! Solche Dinge gingen mir durch den Kopf, als ich mir die frei-fließende Action von Kingdom Hearts 3D vorstellte.

Iwata:

Ah, ich erinnere mich daran, wie Mr. (Shigeru) Miyamoto sagte, er wolle ein Spiel erschaffen, bei dem es allein schon Spaß machte, sich nur den Controller zu schnappen und sich damit durch die Welt zu bewegen, selbst wenn es keinen konkreten Spielauftrag zu erfüllen gab. Als ich sah, dass ihm das gelungen war, war ich richtig beeindruckt, weil ich so etwas gern selbst zuwege gebracht hätte. Mario sprach bei seinen Bewegungen genau auf die Intentionen des Spielers an. Und all seine Bewegungen wirkten so flüssig. Meiner Meinung nach hat Mario 64 das Spielen von Action-Spielen für immer grundlegend verändert.

Nomura:

Das finde ich auch. Frei herumspringen zu können, ist für Action-Spiele ganz wesentlich. Bei diesem Spiel haben wir das Springen freier als jemals zuvor gestaltet. Am Anfang fällt das Springen nicht so leicht. Die Sprünge verschaffen einem aber ein unglaubliches Erfolgserlebnis, wenn man sie richtig hinbekommt.

Iwata:

Ich hoffe, dass viele Leute dieses Erfolgserlebnis erleben werden. Nun, wie viele der neuen Action-Spiel-Ideen, die jetzt in das Spiel eingeflossen sind, gehörten denn schon zu Ihrer ursprünglichen Vision? Und wie viele davon haben Sie während der Entwicklungsarbeit neu entdeckt und ausgearbeitet?

Nomura:

Ich glaube, keine meiner ursprünglichen Ideen ist tatsächlich so in das Spiel eingeflossen, wie ich sie mir ursprünglich vorgestellt oder vorgezeichnet hatte. Viele Team-Mitglieder brachten ihre Ideen ein. Und das war mir sehr recht, solange diese witzig waren. Tatsächlich würde das Spiel wohl nicht so viel Spaß machen, wenn meine Ideen genauso umgesetzt worden wären, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Ich hatte die ursprüngliche Vision des Spiels noch lange Zeit im Kopf. Diese Vision wuchs aber in dem Moment, in dem andere Leute ihre Meinung dazu abgaben. Dann konnte ich wirklich behaupten: „Unser Vorhaben ist schon ziemlich gewagt.”

Iwata:

Ich nehme an, Sie gingen stets davon aus, dass Sie eine gute gemeinsame Lösung finden würden. Und mit dieser Überzeugung suchten Sie weiter.

Nomura:

Ja. Ich kann nie von dem Kurs abweichen, den ich mir ursprünglich gesetzt habe, so dass ich im Kopf immer an einem eher vagen und breit angelegten Ziel festhalte, das wir irgendwann erreichen sollten. Daher bin ich immer noch zufrieden, wenn die neu vorgeschlagenen Ideen nicht genau mit meiner ursprünglichen Vorstellung übereinstimmen, solange ich diese witzig oder interessant finde.

Iwata:

Damit genug. Jetzt möchte ich Sie noch zu den

Video: Traumfressern

Bitte gestatten Sie, dass ich nun ein anderes Thema anschneide. Was hielten Sie vom Nintendo 3DS, als Sie ihn zum ersten Mal sahen?
Traumfressern befragen.

Nomura:

Auf die Idee dazu kam ich, weil meine Eltern, als ich Kind war, zu Hause Katzen und Hunde hielten. Bei Haustieren ist es im Allgemeinen so, dass man ihre ganze Entwicklung miterlebt, von ihrer Geburt an. Und so entwickelt man eine aufrichtige Zuneigung zu den Tieren. Daher dachte ich, wenn die Traumfresser gleich bei ihrer Geburt zu den Gefährten der Spieler würden, würden die Spieler auch eine Zuneigung auf der gleichen Ebene wie für ihre Haustiere entwickeln. Aus diesem Grunde habe ich die freundlichen Traumfresser erschaffen.

Iwata:

Ich verstehe.

Nomura:

Außerdem beinhalteten die meisten Spiele, bei denen man sich mit seinen Feinden gutstellen konnte, befehlsbasierte Kämpfe. Ich wollte das Gleiche mit actionorientierten Schlachten machen.

Iwata:

Tatsächlich gibt es gar nicht viele Action-Kampfspiele, bei denen man sich mit seinen Feinden gutstellen und Seite an Seite mit Charakteren kämpfen kann, die ursprünglich als Feinde aufgetreten sind.

Nomura:

Das umzusetzen, war schon ziemlich mühselig, aber ich war dazu entschlossen, bevor jemand anderes dies tat. Ich war davon überzeugt, dass es viel Spaß bringen würde, bei solch kühnen Action-Kämpfen Seite an Seite mit den früheren Feinden zu kämpfen. Daher wollte ich der Erste sein, dem so etwas gelang. Jetzt kann Sora seine Gefährten herumwirbeln und -werfen, auf deren Rücken reiten und vieles mehr.

Iwata:

Sie haben jetzt ganz beiläufig das „Herumreiten“ erwähnt. Aber das Reiten in ein Spiel aufzunehmen, erhöht den Arbeitsaufwand immer ganz erheblich, nicht wahr? (lacht)

Nomura:

Ja, mit Sicherheit ist das leichter gesagt, als getan! (lacht)

Iwata:

Dann sind Sie also über das Ziel eines originellen Spiels und Ihre Vorstellung von einzigartigen Grafiken auf die Idee für die netten Traumfresser gekommen? Und außerdem hat hier auch noch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass Sie mit Katzen und Hunden aufgewachsen sind.

Nomura:

Das stimmt. Nintendogs22 hat mich auch sehr beeindruckt, weil man über das Spiel eine Beziehung zu Haustieren entwickelt. Andererseits wollte ich auch immer ein Kampfspiel machen. Daher fragte ich mich: „Warum kann ich nicht meine Nintendogs kämpfen lassen?“ (lacht) 22Nintendogs ist ein Kommunikationsspiel, das (in Japan) im April 2005 für den Nintendo DS veröffentlicht wurde.

Iwata:

(prustet los vor Lachen)

Nomura:

Wenn Sie Ihre Nintendogs ausführen und diese über StreetPass23 andere Hunde treffen ... Stellen Sie sich da mal vor, wie die miteinander kämpfen würden! 23StreetPass ist ein Kommunikations-Feature, über das man mit Passanten Daten austauschen kann, wenn man mit seinem eingeschalteten Nintendo 3DS unterwegs ist.

Iwata:

Sie wollten gegen andere Hunde kämpfen, die Ihnen begegnen!? (lacht)

Nomura:

Gelegentlich habe ich mich tatsächlich gefragt: „Würden diese tatsächlich kämpfen?” Aber natürlich haben sie nie wirklich gekämpft. (lacht)

Iwata:

(lacht) Aber natürlich bekommen wir immer Inspirationen, wenn wir auf ganz neue kreative Arbeiten stoßen. In dieser Hinsicht haben wir uns gegenseitig sozusagen immer wieder einen unsichtbaren Ball zugespielt.

Nomura:

Vermutlich. Ich habe immer RPGs gemacht, bei denen das Kampfsystem eine zentrale Rolle spielte. Daher konnte ich mir schwerlich etwas anderes als das Kampfsystem vorstellen. Ich wies das THEATRHYTHM-Team an, auch in dieses Spiel Kämpfe aufzunehmen. Ich sagte, ich stellte mir vier Leute in vier Reihen vor dem Feind aufgereiht vor ...

Iwata:

Oh, ich verstehe. Ich habe den Eindruck, für Sie dreht sich das Spiel vor allem um sein Kampfsystem, Mr. Nomura.

Nomura:

Das sind wahrscheinlich nur die Erwartungen, die ich an ein Spiel habe! Vielleicht bin ich einfach nur dann glücklich, wenn ich kämpfe! (lacht)