4. ''Von dieser Bedingung weiche ich nicht ab!''

Harada:

Als wir mit diesem Spiel für den Nintendo 3DS begonnen haben, hatten wir einen völlig anderen Kunden im Kopf als je zuvor.

Iwata:

Ja.

Harada:

Dafür gab es einen Grund. Ich habe einmal einen amerikanischen Profi-Spieler-Wettbewerb namens „Major League Gaming"13 gesehen, bei dem es einen „Tekken"- und einen „Super Smash Bros."14-Bereich gab. Die Art der Teilnehmer und ihre Reaktionen haben mich stark beeindruckt. Die Spieler bei „Tekken“ waren alle über 18 Jahre alt und eine Gruppe von starken, muskulösen Typen. Einige von ihnen waren fast in ihren Vierzigern. 13Major League Gaming: Eine der größten professionellen Spiele-Ligen in Nordamerika. 14Super Smash Bros.: Eine Action-Kampf-Serie. Das erste Spiel wurde im April 1999 für das Nintendo 64-System veröffentlicht.

Iwata:

All diese Männer sahen wie Charaktere aus „Tekken“ aus. (lacht)

Iwata Asks
Harada:

Richtig. Ich dachte: „Es ginge schneller, wenn ihr einfach 'in echt' kämpfen würdet!” (lacht) Bei „Super Smash Bros." andererseits waren von Kindern bis zu Erwachsenen alle vertreten. Es traten auch Frauen an, weshalb ich annahm, dass alle in Einigkeit zusammen spielen würden. Aber ständig hörte man dieses ohrenbetäubende Kreischen während der Wettkämpfe: „Aaauutsch!" Ich sah das und war mir sicher, dass die Teilnehmer dieselben Gefühle hatten, wenn sie „Super Smash Bros." oder „Tekken" spielten.

Iwata:

Auch wenn die Art, wie sie die Erfahrungen machten, leicht unterschiedlich war, explodierten quasi ihre Empfindungen auf die gleiche Weise.

Harada:

Diese Leute zu sehen und dabei zu denken: „Ich möchte, dass diese Menschen auch 'Tekken' spielen!" führte uns zu der Idee, das Spiel für den Nintendo 3DS zu entwickeln.

Iwata:

Woran erinnern Sie sich am besten aus der Zeit, in der die Entscheidung für die Entwicklung von „Tekken" für den Nintendo 3DS fiel?

Harada:

Ich habe auch am „Tekken"-Film "Tekken: Blood Vengeance"15 gearbeitet. Deshalb wollte ich von Anfang an den Film in das neue Videospiel integrieren. 15Tekken: Blood Vengeance: Der computeranimierte 3D-Film kam am 3. September 2011 heraus. Der komplette Film wurde in „Tekken 3D: Prime Edition" integriert.

Iwata:

Stand es von Anfang an fest, dass der Film eingebaut wird?

Harada:

Ja. Und genau das ist es, an das ich mich am liebsten zurückerinnere. Denn unabhängig davon, wie gut etwas auch sein mag, muss man verschiedene Türen öffnen, damit die Leute den Film auch anschauen. Ich dachte darüber nach, dass wir mehr als nur ein simples Kampfspiel benötigten. Weil der „Tekken"-Film in 3D erstellt wurde, empfand ich das als große Chance.

Iwata:

Es scheint fast so, als ob zwei Dinge unterschiedlichen Ursprungs sich ganz natürlich zu einem großen Ganzen zusammenfügen.

Harada:

Das stimmt. Ich hoffe also, dass wir auch Menschen erreichen, die bislang keine Kampfspiele gespielt haben, aber dennoch daran Interesse haben. Ich wollte bei den Menschen die Erwartung entfachen, dass es anders als jedes andere „Tekken"-Spiel ist, indem so viele Charaktere wie möglich im Paket enthalten sind und der Film ein Teil davon ist.

Iwata Asks
Iwata:

Ich habe das Gefühl, dass es viele Leute gibt, die Kampfspiele spielen, aber nicht lange dran bleiben. Mr. Ikeda, waren Sie von Anfang an beteiligt?

Ikeda:

Nein, das alles passierte während der heißen Phase von „Tekken Tag Tournament 2"16. Mr. Harada arbeitete separat, während wir mit Arika17 das Spiel entwickelten. Ich stieß im Juli letzten Jahres (2011) zum Projekt dazu. 16Tekken Tag Tournament 2: Ein 3D-Kampfspiel, das im September 2011 als Arcade-Spiel herauskam. 17Arika Co., Ltd.: Ein japanischer Videospieleentwickler.

Harada:

Technologisch gesehen, lag unsere Aufmerksamkeit darauf, um jeden preis 60 Frames pro Sekunde (FPS)18 einzubringen. Wenn jemand sagen würde: „Es hängt etwas, wenn es in 3D gemacht ist", hätte man den Eindruck, dass „Tekken" diese Art von Spiel ist. Deshalb war das von Beginn an eine Bedingung, von der wir nicht abweichen wollten. 1860 Frames pro Sekunde (fps): Animation mit 60 Bildern pro Sekunde. Je mehr Bilder es gibt, desto flüssiger wirken die Animationen. In „Tekken 3D: Prime Edition" unterstützt das Spiel diese 60 Frames pro Sekunde, wenn man kabellos spielt.

Iwata:

Das „Mario Kart 7"19-Team sagte das gleiche. Davon hängt ab, wie angenehm sich die anschließende Steuerung anfühlt, oder? 19Mario Kart 7: Ein Action-Spiel, das im Dezember 2011 für den Nintendo 3DS herauskam.

Harada:

Das ist richtig. Wir erarbeiteten die Animationen unter der Bedingung, dass es 60 FPS sein müssen. Wenn man es auf die Hälfte, also 30 FPS, reduziert hätte, würden die Bewegungen nicht besonders gut aussehen. Zu Beginn war ich nervös, ob wir es umsetzen könnten.

Ikeda:

Wir haben auch noch den Film eingebaut und stießen so auch kapazitätsbedingt an unsere Grenzen. Der Film ist in 3D und hat so ein riesengroßes Datenvolumen. Das war wirklich die schwierigste Sache, die wir umsetzen mussten. Die Kapazitätsgrenzen nicht zu überschreiten und trotzdem den Film hineinzubekommen, so dass man ihn nach dem Spielen ohne viel Aufwand ansehen kann.

Iwata Asks
Harada:

Zunächst haben die Programmierer und die Leute von Arika gesagt: „Sie veräppeln uns!" (lacht) Wir wussten allerdings schon, dass der „Tekken"-3D-Film sich gut mit der Dreidimensionalität des Nintendo 3DS verträgt.

Iwata:

Das stimmt.

Harada:

Wenn man sich eine 3D-Brille für computeranimierte Filme aufsetzt, erscheint das Bild ein wenig dunkel, aber es ist einfach, so einen Film auf dem Nintendo 3DS anzuschauen. Einerseits wegen der Größe des Bildschirms und andererseits, weil man überhaupt keine spezielle Brille benötigt. Ich war mir sicher, dass es eine gute Idee war, weil man auch große Action-Szenen leicht mit den Augen verfolgen konnte.

Iwata:

Was war Ihr Eindruck, als Sie das bewegte Videospiel in den Händen hielten?

Harada:

Zunächst habe ich mich vergewissert, dass das Video tatsächlich von der Karte abgespielt wird. Ich habe das Nintendo 3DS-System einige Minuten lang von allen Seiten angeschaut, um sicher zu sein, dass es nicht mit irgendetwas verbunden ist! (lacht)

Iwata:

Sie haben es von allen Seiten angeguckt, um sicher zu sein, dass das Video wirklich von der Karte abgespielt wird? (lacht)

Harada:

Ja! (lacht) Ich dachte: „Man kann so viele Charaktere auswählen und das Video ist so lang - es ist einfach zu viel! Würde wirklich all dies auf eine einzige Karte passen?" Was soll ich sagen? Es passte.

Iwata:

Bisher hatten wir schon mal kurze Clips eingebaut. Aber es war das erste Mal, dass wir einen kompletten Film in eine Nintendo 3DS-Karte integriert haben.

Ikeda:

Mr. Harada drehte und wendete den Nintendo 3DS mehrere Male und schaute ihn sich von allen Seiten an. Da dachte ich nur: „Was macht er da?" Jetzt weiß ich es. (lacht)

Harada:

Ich verstand, dass es direkt von der Karte kam und war vollends davon begeistert. Es bewegte sich! (lacht)

Iwata:

Sie waren also wirklich davon begeistert, was wir heute mit einem Gerät anstellen können, das man ständig bei sich tragen kann. (lacht)

Harada:

Es ist schwer, das Spiel im Büro oder in der Schule zu spielen. Aber ich bin froh, dass man jemandem eine Szene des Films zeigen kann, und hoffe, dass so mehr Leute etwas darüber erfahren. Ungefähr wie: „Was ist das?" "Das ist Tekken!"

Iwata:

Sie sind also froh, dass der Film in 3D gemacht wurde.

Harada:

Absolut!