3. Was ist eigentlich eine Party?

Nishiya:

Uns war es diesmal wirklich wichtig, die Mii-Charaktere zum Laufen zu bringen, aber abgesehen davon waren wir der Ansicht, dass etwas fehlt, wenn wir nur Brettspiele und Minispiele einbauen, bei denen die Mii-Charaktere vorkommen, weil dieses Spiel doch Bestandteil der Wii-Serie ist.

Iwata:

Mit “Wii-Serie” meinen Sie Spiele wie Wii Fit 8 und Wii Sports 9, die mit dem Wort „Wii“ beginnen. 8Wii Fit: Eine Fun- und Fitnesssoftware, die in Europa im April 2008 für die Wii-Konsole als Set zusammen mit dem Wii Balance Board herauskam. (Es ist derzeit als Wii Fit Plus mit zusätzlichen Features erhältlich.) 9Wii Sports: Ein Sportspiel, das in Europa zeitgleich mit der Wii-Konsole im Dezember 2006 veröffentlicht wurde. Es beinhaltet die Spiele Tennis, Baseball, Bowling, Golf und Boxen.

Nishiya:

Ja. Wenn wir das Spiel als Teil der Wii-Serie veröffentlichen wollten, mussten wir uns also einer neuen Herausforderung stellen.

Iwata:

Bis jetzt hat Nintendo alle Spiele der Wii-Serie von internen Teams herstellen lassen, und alle wurden von Mr. Miyamoto produziert. Mit anderen Worten handelt es sich also um herausragende Nintendo-Titel für die Wii-Hardware, die jedermann unabhängig von Alter, Geschlecht oder Spielerfahrung gleichermaßen ansprechen.

Sato:

Ungefähr vor einem Jahr hatten wir uns noch nicht auf einen Titel festgelegt. Wären wir mit dieser Herausforderung nicht fertig geworden, hätten wir das Spiel vielleicht als Mii Party anstelle von Wii Party im Rahmen der Wii-Serie herausgebracht.

Iwata:

Das stimmt. Ihnen wurde gesagt, dass man dem Spiel nicht den Namen Wii Party geben könne, wenn das das Spiel nicht der Wii-Serie gerecht würde. Sie mussten also schon eine ziemlich große Herausforderung meistern.

Nishiya:

Ja. Wir mussten schon ziemlich viel Energie und Zeit aufbringen, um uns den Namen Wii Party zu verdienen.

Iwata:

Was haben Sie dafür getan?

Sato:

Zunächst haben wir uns noch einmal die grundlegende Frage gestellt “Was ist eigentlich eine Party?”

Ikeda:

Eine Haus-Party? Eine Geburtstagsparty? Je mehr wir uns über die verschiedenen Arten von Parties Gedanken machten, desto mehr blieben wir stecken. Wir machten uns regelrecht Sorgen deswegen.

Iwata:

Wann war das ungefähr?

Ikeda:

Etwa im Sommer 2009. Nach unserem Zeitplan hätten wir da eigentlich schon mit dem Feinschliff beginnen müssen.

Iwata:

Zu der Zeit, als Sie eigentlich dem Spiel den letzten Schliff hätten geben müssen, dachten Sie also grundlegend darüber nach, was eine Party eigentlich ausmacht? (lacht)

Ikeda:

Ja. (lacht)

Sato:

Zunächst hatten wir Mario Party für das Nintendo 64 den Namen Mario Board gegeben und am Ende als Mario Party herausgebracht. Wie der Name schon sagt, besteht es aus Minispielen, die man als Brettspiel spielt.

Iwata:

Also dachten Sie eher an Brettspiele als an Gesellschaftsspiele.

Sato:

Ja, das stimmt. Das war unser Ausgangspunkt. Wir gingen davon aus, Brett- und Minispiele auf einem Fernsehbildschirm zu spielen. Aber wir dachten noch einmal darüber nach, was eine Party ausmacht und kamen zu dem Ergebnis, dass es bei Parties darum geht, mit anderen Leuten eine schöne Zeit zu verbringen. Wir beschlossen, alles hineinzupacken, was wir uns nur vorstellen konnten, so dass es weltweit jedes andere Produkt übertreffen würde. Und ganz zuletzt erst machten wir uns über den Einsatz der Wii-Fernbedienung Gedanken.

Iwata Asks
Nishiya:

Wir überlegten, ob wir die Handgelenkschlaufe von der Wii-Fernbedienung entfernen und diese so benutzen sollten.

Sato:

Wir fragten uns, ob wir anstatt am Fernsehbildschirm zu spielen, lieber auf dieser Seite des Bildschirms spielen und den Raum selbst als Spielfläche verwenden sollten.

Nishiya:

Einer aus unserem Team ist eigentlich nicht der Typ, der über den Inhalt der Spiele spricht, aber eines Tages sagte er ganz leise: “Wie wäre es, wenn wir die Wii-Fernbedienung verstecken?” Und dieser Satz erweiterte ganz plötzlich den Horizont unserer Ideen.

Iwata:

Man nimmt normalerweise an, dass die Wii-Fernbedienung zur Bedienung des Spiels gebraucht wird. Der Vorschlag, die Fernbedienung zu verstecken, veränderte unsere Inspiration ganz grundlegend.

Sato:

Ja. Als diese Idee aufkam, waren zufällig gerade die meisten Teammitglieder versammelt, und plötzlich wurden alle hellwach.

Hirose:

Das erste Minispiel, das uns einfiel, war „Wii-FB-Jagd“, ein Versteckspiel, bei dem man die Wii-Fernbedienung verwendet.

Nishiya:

Aber wenn Sie die Wii-Fernbedienung einfach nur im Raum verstecken, könnte sie schon etwas schwer zu finden sein. Wir dachten, man bräuchte irgendeinen Hinweis, und beschlossen, dass ein Geräusch aus dem Lautsprecher der Fernbedienung kommt. Wir probierten ein Geräusch aus, und allein das Geräusch war schon witzig. Unsere nächste Idee war Tierquiz.

Hirose:

Wir probierten einen Tierlaut auf der Fernbedienung aus. Man musste raten, von welcher Fernbedienung das Geräusch ausgeht, und das war ein Riesenspaß.

Iwata:

Die erste Idee löste also eine Kettenreaktion von anderen Ideen aus.

Nishiya:

Ja. Wenn man die Wii-Fernbedienung einsetzt, muss man ja im Allgemeinen die Handgelenkschlaufe verwenden, aber bei diesem Spiel schwenkt man die Fernbedienung nicht. Also dachten wir, es sei schon okay, auf die Schlaufe zu verzichten. Wir bezeichneten diese Spiele als  

Video: “Zimmerspiele”

Uns war es diesmal wirklich wichtig, die Mii-Charaktere zum Laufen zu bringen, aber abgesehen davon waren wir der Ansicht, dass etwas fehlt, wenn wir nur Brettspiele und Minispiele einbauen, bei denen die Mii-Charaktere vorkommen, weil dieses Spiel
“Zimmerspiele” .

Iwata:

Ein weiteres Zimmerspiel ist Zeitbombe, bei dem man die Wii-Fernbedienung herumreicht.

Nishiya:

Spiele, bei denen man Bomben herumreicht, sind schon ziemlich alltäglich geworden, aber die Wii-Fernbedienung hat einen Schwingungssensor, der erkennt, wenn die Fernbedienung geneigt wird. Wir dachten uns, es ist bestimmt lustig, wenn wir die Bombe explodieren lassen, sobald die Fernbedienung geneigt wird. Und so ist dieses Spiel entstanden. Aber als wir daran arbeiteten, reichte jeder die Fernbedienung so vorsichtig herum, dass die Bombe nie explodierte! (lacht) Also bauten wir eine Zeitbegrenzung ein, damit sich die Spieler beeilen. Außerdem müssen Sie Knöpfe am Bildschirm betätigen. Dann stellten wir die Schwingungen am Bildschirm anhand einer Grafik dar, so dass man ganz leicht erkennen konnte, wie gleichmäßig die Bewegungen sind. Und dann war es ein Riesenspaß.

Iwata:

Bis jetzt wurden die Controller bei Gesellschaftsspielen schon mit einiger Grobheit verwendet. Aber es ist schön, dass sich durch das Hinzufügen von Zimmerspielen das Tempo durch den Kontrast zwischen Bewegung und Stillsitzen verändert hat.

Iwata Asks
Ikeda:

Das stimmt.

Iwata:

Das Spiel ist nicht mehr wie bisher auf den Fernseher und den Bereich vor dem Fernseher begrenzt. Der ganze Raum wird zur Spielfläche. Auch da habe ich eine Veränderung bemerkt.

Ikeda:

Vielen Dank. Aber wir mussten noch eine weitere große Hürde nehmen.

Sato:

Da wir das Spiel als Teil der Wii-Serie veröffentlichen wollten, beschlossen wir, es von den Entwicklungsteams von Wii Sports Resort10 und Wii Fit Plus11 ausprobieren zu lassen, damit diese uns ganz offen ihre Meinung darüber sagten. 10Wii Sports Resort: Ein Sportspiel, das in Europa im Juli 2009 für die Wii-Konsole veröffentlicht wurde. Das Spiel ist mit Wii MotionPlus kompatibel. 11Wii Fit Plus: Eine Fun- und Fitness-Software, die im Oktober 2009 für die Wii-Konsole herauskam. Es besteht aus einer erweiterten Version der Wii Fit-Disk und verfügt über zusätzliche Features.

Iwata:

Oh, da haben Sie sich wahrscheinlich schon ein paar harte Kommentare anhören müssen. (lacht)

Ikeda:

Oh ja. Ehrlich gesagt fiel die Kritik manchmal so hart aus, dass ich gesagt habe: “So hart müssen Sie jetzt aber nicht sein!” (lacht) Aber wir hatten uns für den Titel Wii Party entschieden. Daher war das Team ziemlich motiviert. Es freute uns, dass man uns als Teil der Wii-Serie ansah. Obwohl wir herbe Kritik einstecken mussten, war unsere Haltung schon etwa so: „Lasst uns alles in Ordnung bringen, was sie bemängeln!“

Iwata:

Unsere Leser können sich wahrscheinlich nicht so genau vorstellen, über welche Art von Korrekturen wir sprechen. Könnten Sie uns vielleicht ein Beispiel nennen, was genau bemängelt wurde?

Nishiya:

Ihr Hauptkritikpunkt war das Tempo. Bei dem Rennspiel zum Beispiel, erscheint, bevor das Spiel losgeht, nach ungefähr fünf Sekunden eine Ansicht der Rennbahn, und dann kommt eine Anfahrsequenz. Aber wenn die Leute wieder und wieder spielen …

Iwata:

Ungefähr wie: “Nun komm schon und lass mich spielen!”

Nishiya:

Genau. Das ist nur ein Beispiel. Es gab überall Probleme mit dem Tempo, und das Wii Sports Resort-Team hat mit der Kritik nicht hinter dem Berg gehalten.

Iwata:

Das Wii Sports Resort-Team ist wohl die sensibelste Gruppe bei Nintendo, wenn es um das Tempo geht. Weil Sie Ihr Spiel als Teil der Wii-Serie veröffentlichen wollten, haben sie es ganz genau unter die Lupe genommen und Ihnen gesagt, was zu korrigieren ist.

Nishiya:

Ja. Dafür waren wir sehr dankbar.

Sato:

Es war wichtig, das Tempo zu verbessern. Aber was mich schon sehr getroffen hat, war, als sie sagten, einige der Minispiele seien von unzureichender Qualität.

Iwata:

Mensch, das sind aber harte Worte. (lacht)

Sato:

Nun, da gab es tatsächlich ein paar Qualitätsabweichungen. Einer sagte sogar, er hätte keine Lust, manche der Minispiele öfter als einmal zu spielen. Also gab es viele Dinge, die wir überdenken mussten, wie zum Beispiel das Layout des Menü-Bildschirms. (lacht)

Iwata:

Das ist schon etwas grob...

Alle:

(lachen)