2. Kurze Aufmerksamkeitsspanne?

Iwata:

Mr. Hatakeyama, würden Sie sich bitte vorstellen und uns erzählen, wie Sie zu diesem Projekt gekommen sind?

Hatakeyama:

Ich heiße Hatakeyama und bin zusammen mit Mr. Abe in der Produktionsgruppe 1 der 'Software Planning and Development'-Abteilung. Ich kam 2006 zur Firma und arbeitete zuerst an dem Nintendo DS Digital TV Tuner4. Als diese Entwicklung abgeschlossen war und ich mich fragte, woran ich als nächstes arbeiten sollte, kam Mr. Abe gerade von der Entwicklung von "Smooth Moves" zurück. 4Nintendo DS Digital TV Tuner: Ein in Japan erhältlicher Adapter, mit dem der Nintendo DS 1seg Daten-Ausstrahlungen empfangen kann. Der Nintendo DS Digital TV Tuner wurde nicht in Europa veröffentlicht.

Abe:

Ich "kam zurück", weil ich für die letzte Entwicklungsphase von "Smooth Moves" bei Intelligent Systems gearbeitet habe.

Hatakeyama:

Als er zurückkam, war sein Platz direkt hinter mir.

Iwata:

Sie kamen also dazu, weil Sie in seiner Nähe gesessen haben. (lacht)

Alle:

(lachen)

Hatakeyama:

Ich glaube nicht, dass das der einzige Grund war (lacht). Wenn man neben jemandem sitzt, unterhält man sich ja auch. Und als ich ein bisschen was über dieses Projekt erfahren habe, fand ich es wirklich interessant. Während meiner Schulzeit habe ich mich viel mit Software beschäftigt, mit der man Spiele designen kann und habe z.B. Shooter-Spiele erstellt. Deshalb bin ich dann irgendwann auch bei Nintendo gelandet.

Iwata Asks
Iwata:

Das ist ja wie bei Mr. Abe! (lacht)

Hatakeyama:

Aber ich habe die Level immer nur zu einem Drittel fertiggestellt und dann...

Iwata:

Dann haben Sie aufgehört.

Hatakeyama:

Genau.

Iwata:

Sie geben ja auch so schnell auf wie Mr. Abe! (lacht)

Alle:

(lachen)

Hatakeyama:

Es ist viel Arbeit, ein komplettes Spiel zu entwerfen. Es war unvorstellbar für mich, mehrere Level zu machen, also habe ich aufgegeben. Davor habe ich viel Zeit in "Mario Paint5" gesteckt, als ich in der Grundschule war. 5Mario Paint: Ein Software-Tool, mit dem man Bilder malen kann. Es erschien in Europa im Dezember 1992 für Super NES.

Iwata:

Da haben Sie Bilder mit der Maus gemalt.

Hatakeyama:

Ja. Ich habe sonst nicht viel gemalt, aber aus irgendeinem Grund habe ich viel mit "Mario Paint" gemacht. Ich malte damit auf dem Fernseher und meine Eltern haben zugesehen. Zu der Zeit habe ich ständig Videospiele gespielt. Wenn ich z.B. Rollenspiele gespielt habe, haben sie immer nicht so begeistert ausgesehen. Aber wenn ich mit "Mario Paint" gemalt habe, sagten sie: "Wow! Das ist ja toll!".

Alle:

(lachen)

Hatakeyama:

Sie sagten, dass ich vielleicht künstlerisches Talent hätte (lacht). Sie sind also nicht böse geworden, selbst wenn ich mich bis spät in die Nacht mit "Mario Paint" beschäftigt habe.

Iwata:

Wie gut für Sie. (lacht)

Hatakeyama:

Weil ich diesen Hintergrund habe, war ich begeistert, als ich hörte, dass wir eine "WarioWare"-Spieldesign-Software machen würden. Dabei gibt es kreative Elemente, wie z.B. Bilder malen und Musik machen, die Eltern werden also nicht so kritisch sein. Außerdem macht man ja nur kurze Mikrospiele (lacht).

Iwata:

Das ist sogar etwas für Leute mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. (lacht)

Hatakeyama:

(lacht) Dann fragte mich Mr. Abe eines Tages, ob ich ihn unterstützen will, und ich stimmte zu.

Iwata:

Aha. Sie haben also genau das Richtige für sich gefunden.Das bringt uns zu Mr. Sugioka, von Intelligent Systems, der bereits an der 'Iwata fragt'-Sitzung zu "WarioWare: Snapped!6" teilgenommen hat. Wie kam es zu Ihrer Mitarbeit, Mr. Sugioka? 6WarioWare: Snapped!: Seit April 2009 in Europa als Nintendo DSiWare erhältlich.

Sugioka:

Ich hatte gehört, dass Mr. Abe nach der Entwicklung von "Smooth Moves" etwas Neues ausprobieren wollte.

Iwata Asks
Iwata:

Ist Ihnen das einfach so zu Ohren gekommen?

Sugioka:

Ja. Aber zu dieser Zeit habe ich an der koreanischen Version von "WarioWare: Touched!7" gearbeitet. Als ich gerade damit fertig wurde, kam Mr. Abe zu einem Gespräch zu mir. 7WarioWare: Touched!: Erschien im März 2005 in Europa für Nintendo DS.

Iwata:

Er sagte also: "Das möchte ich gerne machen. Ist das was für Sie?" und bot Ihnen an, dazuzukommen?

Sugioka:

Genau.

Iwata:

Was dachten Sie, als Sie zuerst davon gehört haben?

Sugioka:

Ich fand das Projekt interessant. Aber wenn wir es wirklich machen würden, müsste ich über die ganzen Details nachdenken und ich war mir nicht sicher, ob es machbar wäre.

Iwata:

Mr. Abe hatte viele tolle Vorstellungen im Kopf, aber würde man sie überhaupt umsetzen können?

Sugioka:

Genau.

Abe:

Also haben Mr. Sugioka und ich - nur wir zwei - beschlossen, mit ein paar Experimenten anzufangen. Wir wollten das Mal-Element an "Mario Paint" anlehnen und was das Musik-Element betrifft, haben wir darüber nachgedacht, einfach Noten aneinander zu reihen. Am schwierigsten war es aber, Regeln für den ganzen Spielablauf zu entwickeln.

Iwata Asks
Iwata:

Es war gut, dass Sie sich für das Mal- und Musik-Element an "Mario Paint" orientieren konnten, aber für die Regeln des Spielablaufs hatten Sie kein Modell, Sie mussten also verschiedene Dinge ausprobieren.

Abe:

Richtig. Wir entschieden uns, die Charaktere und Gegenstände im Spiel "Objekte" zu nennen. Wir wollten, dass man sie bewegen kann, aber es sollte ja ein Spiel sein, deshalb musste es auch interaktiv und leicht zugänglich werden. Wir mussten dabei viel ausprobieren. Die Entwicklung dauerte etwas länger als zwei Jahre, aber die Hälfte dieser Zeit, ungefähr ein Jahr, verbrachten wir mit diesen Überlegungen.

Iwata:

Sie arbeiteten sich langsam vor. Was haben Sie zu der Zeit gedacht, Mr. Sugioka?

Sugioka:

Ich fragte mich, was wir tun könnten, damit es für die Kunden einfach wird, die Mikrospiele zu erstellen. Dafür wollten wir alles in drei große Bereiche teilen. Zuerst kamen die "Objekte", die Mr. Abe eben erwähnt hat. Dann gab es den "Hintergrund", der sich nicht bewegen würde, und den "Sound". Man bräuchte also Hilfsmittel zum Malen und zur Sound-Erstellung, um das alles umzusetzen.

Iwata:

Also machten Sie sich daran, ein Hilfsmittel zu entwickeln, mit dem man die einzelnen Elemente der Mikrospiele erstellen konnte.

Sugioka:

Genau. Aber obwohl wir uns an "Mario Paint" orientieren konnten, ist die Benutzeroberfläche beim Nintendo DS ja ganz anders, also mussten wir verschiedene Sachen ausprobieren und uns langsam herantasten.

Iwata:

Dann konnte man also Objekte und Hintergründe zeichnen und Sounds erstellen. Aber diese Komponenten waren noch getrennt.

Sugioka:

Das stimmt. Um diese Komponenten in einem Spiel zu verbinden, mussten wir an der Struktur arbeiten. Deshalb haben wir eine Art Testmodell entwickelt. Als wir das an einen unserer Designer weitergegeben haben, erstellte er in nur ein paar Stunden ein Mikrospiel. Als wir das gesehen haben, dachten wir: "Okay, das funktioniert also!" (lacht). Danach konnten wir richtig loslegen.

Iwata Asks
Iwata:

Die Entwicklung nahm also Fahrt auf.

Sugioka:

Das Team war begeistert. Ein Designer hatte es geschafft und wir waren überwältigt. Wenn es ein Programmierer gewesen wäre, hätte es uns nicht überrascht. Die kennen sich ja mit der entsprechenden Technik aus und können sich logisch durcharbeiten. Wir waren beeindruckt davon, dass sogar ein Designer so ein respektables Spiel erstellen konnte.Dann haben wir ungefähr zehn Mikrospiele umgesetzt. Da waren wir schon überzeugt, dass die Software viel Spaß machen würde. Natürlich haben wir danach noch viele Elemente hinzugefügt. Aber uns war klar, dass es klappen würde, und wir hatten das Gefühl, dass wir das Licht am Ende des Tunnels sehen konnten.