1. Es begann vor über fünf Jahren

 

(Hinweis der Redaktion: Das Original-Interview wurde im April 2009 auf der japanischen Nintendo-Website veröffentlicht)

Iwata:

Wie begann die Entwicklung von "WarioWare D.I.Y."? Mr. Abe, fangen Sie vielleicht mal an?

Abe:

Natürlich. Um ehrlich zu sein, habe ich mir schon einige Zeit Gedanken über den Titel "WarioWare D.I.Y." (in der japanischen Originalversion) gemacht. Ich habe nach älteren Unterlagen gesucht und Textdokumente dazu gefunden, die im September 2003 entstanden sind.

Iwata:

September 2003? Das war ja vor fünfeinhalb Jahren.

Abe:

Genau. Nachdem wir "WarioWare, Inc."1 veröffentlicht hatten... 1WarioWare, Inc.: Minigame Mania: Das erste Spiel dieser Reihe. Erschien im Mai 2003 in Europa für Game Boy Advance.

Iwata:

Da bat ich Sie, so schnell wie möglich eine GameCube-Version von "WarioWare, Inc." zu entwickeln.

Abe:

Wir entwickelten "WarioWare, Inc.2" in sechs Monaten. Der Name "WarioWare D.I.Y. " (in der japanischen Originalversion) taucht ungefähr ab der Zeit in den Texten auf, zu der wir dieses Spiel fertig gestellt hatten. 2WarioWare, Inc.: Das zweite Spiel in dieser Reihe. Erschien im September 2004 in Europa für GameCube.

Iwata:

Und warum heißt es "WarioWare D.I.Y."?

Abe:

Bei der Entwicklung von " WarioWare, Inc." hat das Entwerfen der Mikrospielen viel Spaß gemacht. Obwohl es natürlich Arbeit war.

Iwata Asks
Iwata:

Und die macht keinen Spaß? (lacht)

Abe:

Ich meine, es hat einfach so viel Spaß gemacht, dass man es kaum als Arbeit wahrgenommen hat (lacht). Bei der Spiele-Entwicklung werden die Teams normalerweise in einzelne Arbeitsbereiche aufgeteilt.

Iwata:

Ja, normalerweise gestalten die Designer die Darstellung, eine gesonderte Sound-Abteilung arbeitet an der Musik und den Effekten, und die Programmierer schreiben den Programmcode.

Abe:

Aber bei "WarioWare, Inc." hat bei jedem Mikrospiel eine einzelne Person die grafischen Elemente erstellt und den Programmcode geschrieben. An schnellen Tagen habe ich ein komplettes Mikrospiel fertiggestellt.

Iwata:

Wenn Sie nicht in diesem Tempo gearbeitet hätten, hätten Sie bis zur Veröffentlichung nie so viele Mikrospiele fertigstellen können.

Abe:

Ich wollte den anderen Mitarbeitern die Mikrospiele immer zeigen, die ich gemacht hatte. Vorher war ich dann ganz aufgeregt. Es hat wirklich Spaß gemacht, die Reaktionen der Anderen zu sehen.

Iwata:

Ich verstehe. Dann wollten Sie, dass die Spieler dieses Vergnügen teilen können?

Iwata Asks
Abe:

Ganz genau. Vor einiger Zeit gab es eine Software, mit der man Rollenspiele und Shooter erstellen konnte. Ich habe es damals ausprobiert und es hat Spaß gemacht. Aber ich glaube nicht, dass ich etwas fertiggestellt habe.

Iwata:

Sie haben kein Spiel vollständig zu Ende gebracht?

Abe:

Es dauert ziemlich lange, ein komplettes Spiel zu entwerfen. Deshalb habe ich immer irgendwann zwischendrin aufgehört. Früher habe ich auch einen eigenen Manga-Comic geschrieben. Aber mitten in einer langen Geschichte habe ich dann immer aufgehört. Ich habe nur die kurzen Comics zu Ende bringen können.

Iwata:

Sie haben also schnell genug von vielen Dingen.

Abe:

Stimmt. (lacht)

Iwata:

Da sehe ich eine Verbindung zu "WarioWare". Es wirkt so, als hätten es Leute mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne entworfen. (lacht)

Abe:

Trotzdem gibt es die Reihe aber schon eine ganze Weile (lacht).

Iwata:

(lacht)

Abe:

Aber ich kriege nie zu viel von "WarioWare". Die Entwicklung von "D.I.Y." ging richtig los, als mir klar wurde, dass die Spieler selber erleben können, wie viel Spaß es macht, ganz einfach eigene Mikrospiele zu erstellen - z.B. Comics zu zeichnen - weil die Mikrospiele ja nur ein paar Sekunden dauern.

Iwata:

Was stand denn in den Dokumenten, die jetzt fünfeinhalb Jahre alt sind?

Abe:

Damals ging es noch um "Iris".

Iwata:

Hm?

Abe:

Iwata:

Iris?

Abe:

Äh, ja.

Iwata:

Das ist Ihnen wohl nicht unangenehm? (lacht)

Abe:

Nein. (lacht)

Iwata:

Der Name "Iris", den Mr. Abe gerade erwähnt hat, sagt aber niemandem etwas, deshalb erkläre ich das mal. Iris war der Codename eines Next-Generation-Geräts, das wir als Nachfolger für den Game Boy Advance geplant hatten, also vor der Entwicklung des Nintendo DS. Daraus wurde dann ein System mit zwei Bildschirmen mit dem Codenamen „Nitro“, das schließlich unter dem Namen Nintendo DS veröffentlicht wurde. „Iris“ war also der Grundstein für den Nintendo DS. Man könnte sagen, dass Mr. Abe sein ursprüngliches Ziel über fünfeinhalb Jahre verfolgt hat.

Abe:

Richtig. Damals habe ich also einen Plan für Iris erstellt. Ich schrieb: "Software, mit der man mit dem WarioWare-System selber Mikrospiele erstellen kann. Zuerst wirkt es so, als ob man die Spiele nur geringfügig ändern kann, aber dann..."

Iwata Asks
Iwata:

Es "wirkt so"? (lacht)

Abe:

Das ist wichtig. (lacht) Da stand: "Ein Spielentwicklungs-Werkzeug, mit dem man umfangreiche Spielinhalte erstellen kann. Aber nur innerhalb der Einschränkungen der Mikrospiele und nur mit einer Dauer von fünf Sekunden, so dass alles gut handhabbar bleibt.”

Iwata:

Ist das fertige Produkt jetzt anders als das Konzept, das Sie damals erstellt haben?

Abe:

Nein, das grundlegende Konzept nicht.

Iwata:

Sie sind nie davon abgekommen?

Abe:

Nein. Wir sind dem Konzept immer treu geblieben.

Iwata:

Aber warum hat es fünfeinhalb Jahre gedauert?

Abe:

Anfangs dachte ich, dass wir es für Iris umsetzen könnten, aber irgendetwas hat dabei noch gefehlt, und die Zeit verging sehr schnell. In der Zwischenzeit entstanden die Pläne für den Nintendo DS. Da kann man ganz einfach Bilder mit dem Touchpen zeichnen, das passt also perfekt. Aber eigene Mikrospiele zu erstellen, ist nicht ganz einfach, und ich arbeitete selber noch an anderen Spielen. Deshalb wurde das Projekt erstmal auf Eis gelegt. Als wir dann an "WarioWare: Smooth Moves3" gearbeitet haben, sprachen wir über die Features der Wii-Konsole und ich hörte, dass man über WiiConnect24 auch Daten austauschen kann. 3WarioWare: Smooth Moves: Das fünfte Spiel in dieser Reihe. Erschien im Januar 2007 in Europa für Wii.

Iwata:

Sie hatten jetzt also die Möglichkeit, den Spielern ein Produkt zu bieten, bei dem es Spaß machen würde, Spiele hinzuzufügen, wie z.B. Mikrospiele für zwischendurch.

Abe:

Genau.

Iwata:

Als sich die verschiedenen Abteilungen getroffen haben, um über die Features der Wii-Konsole zu sprechen, haben Sie die 'Software Planning and Development'-Abteilung vertreten. Und die Erfahrungen, die Sie in dieser Zeit gemacht haben, hatten einen Einfluss auf die Struktur von "WarioWare D.I.Y."

Abe:

Ja. Ich hatte den Eindruck, dass es eine starke Verbindung zwischen Wii und Nintendo DS gibt. Man kann etwas auf dem Nintendo DS erstellen und es dann auf der Wii-Konsole spielen. Ich hatte also die Idee, dass die Leute Spiele auf dem Nintendo DS erstellen könnten und die Leute, die hauptsächlich selber spielen wollen, könnten das dann auf der Wii machen.

Iwata:

Als die Arbeit an "Smooth Moves" dann abgeschlossen war, fingen Sie mit der Entwicklung von "D.I.Y."an.

Abe:

Genau.