6. Es ist zu schwierig!

Iwata:

Damals, als „ZombiU“ zunächst als „Killer Freaks“ entstand, habe ich mich gefragt, ob das ein Spiel für Hardcore-Spieler werden sollte. Wie hat sich das Gewicht letztendlich verlagert?

Yves:

Wenn eine neue Konsole auf den Markt kommt, zielen viele Spiele im Allgemeinen auf die Leute ab, die sich die neue Konsole erfahrungsgemäß als Erste anschaffen werden. Unsere Hauptbeweggründe bestanden also darin, ein Spiel zu entwickeln, das schwer zu schaffen ist.

Iwata Asks
Gabrielle:

Wenn man Spieler an ein Spiel fesseln möchte, muss man z. B. dafür sorgen, dass sie stets etwas verlieren können. Ignoriert man diese neue Herausforderung und entwickelt stattdessen einfache Spiele, die kein Können erfordern, werden die Spieler sich schnell langweilen und das Spiel weglegen.

Iwata:

Der wichtigste Aspekt bei Videospielen ist der Drang, es gleich noch mal zu versuchen, wenn man es nicht geschafft hat. Wenn man an einen Punkt gelangt, wo dies unmöglich scheint, verlieren die Spieler das Interesse. Macht man es aber richtig, wollen sie es trotzdem weiter versuchen, auch wenn es schwierig ist.

Guillaume:

Stimmt genau.

Iwata:

Wenn man selbst Schuld ist, dass man verloren hat, und nicht das Spiel, versteht man das und ist eher geneigt, es noch mal zu versuchen, um im Spiel weiter zu kommen. Erreicht man eine schwierige Situation, hat man eher das Gefühl, dass es sich lohnt, sich anzustrengen und sie zu bewältigen. Schlussendlich wird es ein Kampf gegen einen selbst.

Gabrielle:

Stimmt. Deshalb sollte das Spielende auch nicht einfach nur schwer zu erreichen sein, bloß weil wir das so entwerfen konnten. Viele Leute, die zum ersten Mal mit dem GamePad der Wii U „ZombiU“ spielen, werden sich erst einmal schwer tun. Schließlich ist es ein für sie völlig neues Erlebnis. Ich glaube aber, die Genugtuung, die sie spüren werden, wenn sie sich mit der neuen Steuerung vertraut gemacht haben und diese schließlich beherrschen, wird es wert sein, denn es ist eine völlig neue Erfahrung.

Iwata:

Genau.

Guillaume:

Allerdings haben wir in „ZombiU“ auch einen extrem hohen Schwierigkeitsgrad eingebaut. Das ist der Survival-Modus, in dem man nur eine Chance hat, ein Leben. Wenn man stirbt, läuft der Abspann, und das Spiel ist zu Ende. Man kann nicht weiterspielen, das Spiel nicht speichern, nichts! (lacht) Allerdings finde ich persönlich, dass dieses Spiel genau so gespielt werden sollte. Wenn man weiß, dass man alles verliert, wenn man stirbt, dann stellt jeder Zombie eine riesige Bedrohung dar.

Iwata:

Das ist also echt etwas für Hardcore-Spieler. So zu spielen, muss irre Nerven kosten. (lacht)

Guillaume:

Die Gegner sind in diesem Modus nicht stärker, doch es gibt jede Menge Situationen, in denen unsere Mitarbeiter etwa getötet wurden, weil sie eine Millisekunde nicht aufgepasst haben. Auf der anderen Seite haben wir ein paar Feineinstellungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass das Spiel fair ist. Wenn der Spieler ein Leben verliert, liegt das an ihm. Und wie bereits erwähnt, wird es ihn motivieren, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Xavier:

In der Hinsicht verlangt das Spiel dem Spieler einiges ab. Dennoch enthält das GamePad der Wii U alles, was der Spieler zum Überleben braucht. Daher ist es unerlässlich, sich mit der korrekten Steuerung vertraut zu machen.

Iwata:

Wenn man es so will, steigern die Spieler ihre Fähigkeiten, indem sie spielerisch Wissen und Erfahrungen sammeln.

Xavier:

Genau. Ich sollte allerdings erwähnen, dass selbst wir einige Tage vor der Fertigstellung des Spiels immer noch nicht wussten, ob der Survival-Modus überhaupt zu schaffen ist.

Iwata:

Wie bitte? Das meinen Sie doch sicher nicht ernst! (lacht)

Xavier:

Ich glaube, erst zwei oder drei Tage, bevor die Arbeit am Spiel beendet war, hat es jemand bis zum Ende geschafft. In der Fehlerdatenbank für den Survival-Modus hatte sogar jemand den lustigsten Fehler gemeldet, der mir in meiner Laufbahn als Entwickler je untergekommen ist. Da stand, das Spiel sei zu schwer und nicht zu schaffen. (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Eine Mitteilung an alle Spieler da draußen: Ubisoft wird es euch nicht leicht machen!

Alle:

(lachen)

Guillaume:

In der Bestenliste wird übrigens angezeigt, wenn der erste Spieler das Spiel im Survival-Modus beendet. Wir werden also darüber informiert. Ich frage mich, wie viele Leute sich dieser Herausforderung stellen werden …

Gabrielle:

Ganz zu schweigen davon, wie viele Opfer es geben wird! (lacht)

Xavier:

Nur um es klarzustellen: Wir sprechen hier nur über den Survival-Modus. Das normale Spiel funktioniert wie gehabt. Nicht, dass jemand hier den falschen Eindruck erhält.

Iwata:

Doch wer den Survival-Modus schafft, darf kräftig angeben, oder?

Alle:

(unisono) Ja!

Iwata:

Wo wir gerade von den Modi sprechen, könnten Sie vielleicht noch etwas zum Mehrspieler-Modus sagen?

Guillaume:

Sicher doch. Im Mehrspieler-Modus geht es um den Kampf zwischen einem Überlebenden und einem Charakter, den wir King Boris nennen, den König der Zombies.Man spielt entweder als Überlebender oder als King Boris und geht sich in der Arena ans Leder.

Iwata:

Diese Arena ist also der Kampfplatz im Mehrspieler-Modus?

Guillaume:

Stimmt. Das ist wie eine römische Kampfarena. Der Spieler, der King Boris steuert, sieht die Arena auf dem GamePad der Wii U aus der Vogelperspektive und muss verschiedene Zombies strategisch auf dem Platz verteilen, um den Überlebenden zu töten. Der Überlebende sieht hingegen alles aus der Ich-Perspektive und muss versuchen zu überleben, indem er nach und nach die Zombies erledigt, die ihn immer mehr in die Enge treiben.

Iwata:

Solch ein Echtzeitspiel, in dem die Spieler denselben physischen Raum teilen, jedoch eine vollkommen andere Steuermethode verwenden, scheint mir einzigartig zu sein.

Guillaume:

Um die Sache noch pikanter zu machen, tauchen auf dem Schlachtfeld Bonusgegenstände auf, die den Kampf in die eine oder andere Richtung beeinflussen können. Diese Gegenstände wurden übrigens durch die klassischen Nintendo-Spiele beeinflusst. Einer dieser Gegenstände verleiht dem Überlebenden zum Beispiel eine höhere Geschwindigkeit. Dadurch erhält das Geschehen ein Zufallselement, das den Ausgang ändern kann. Wenn man strategisch spielt, kann man die Gegenstände allerdings auch kaufen.

Iwata:

Ich kann mir die Schreie der Spieler gut vorstellen! (lacht) Indem man in einen Mehrspieler-Modus wie diesen das richtige Maß an Zufall einbaut, erhalten auch Anfänger eine Chance, sich gegen erfahrene Spieler durchzusetzen. Das führt dann zu Kämpfen, in denen die Beteiligten vor Aufregung kaum still sitzen können.

Guillaume:

Außerdem ist er so konzipiert, die Spieler zu motivieren, am Ende des Spiels die Rollen zu tauschen. Die meisten Leute, die in der ersten Runde verlieren, sind fest davon überzeugt, dass der Gegner einen unfairen Vorteil hatte. Wenn sie aber plötzlich selbst in seinen Schuhen stecken, wird ihnen schnell klar, dass die Chancen sehr ausgeglichen sind.

Iwata Asks
Gabrielle:

Man kann also mit dem GamePad der Wii U genau so leicht gewinnen wie verlieren.

Xavier:

Selbst Personen, die noch nicht viel Erfahrung mit Ego-Shootern haben, kommen in diesem Modus ganz gut zurecht.

Gabrielle:

Während der Testphase habe ich beobachtet, wie eine Spielerin, die anfangs nicht mal wusste, wie man das GamePad der Wii U einschaltet, am Ende stundenlang in das Spiel vertieft war.

Iwata:

Auf den ersten Blick wirkt „ZombiU“ wie ein kompliziertes Spiel, das für erfahrene Spieler entwickelt wurde, doch Sie machen es auch für Spieler ohne jegliche Erfahrung zugänglich.

Guillaume:

Ja. Denn obwohl der Mehrspieler-Modus konkurrenzbetont ist, werden unterschiedliche Fähigkeiten benötigt. Dadurch entsteht ein innovatives Spielgefühl.

Gabrielle:

Ich denke, man könnte es als „freundschaftlichen Wettkampf auf dem Sofa“ bezeichnen. Der Modus soll für soziale Erlebnisse auf dem Sofa oder im Wohnzimmer sorgen. Dabei baut er auf den Ideen der ursprünglichen Wii auf.

Guillaume:

Ich persönlich würde sagen, dass Ubisoft mit diesem Spiel eine eigene Interpretation der Brückenstrategie33 geschaffen hat, die von Herrn Iwata angesprochen wurde. 33 Brückenstrategie: Eine Ideologie, die sich für die Entwicklung von Software ausspricht, die bewusst für Anfänger zugänglich gemacht wird. Sie basiert auf der Annahme, dass jegliche Form von Unterhaltung irgendwann überflüssig wird, wenn sie keine neuen Kunden anzieht.

Iwata:

Ich kriege langsam das Gefühl, dass „ZombiU“ viel Aufmerksamkeit erregen wird, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt, einschließlich Japan. Ich freue mich darauf, zuzusehen, wie sich „ZombiU“ zu einem bahnbrechenden Spiel entwickelt, das die Bemühungen von Nintendo unterstützt, die Gründe für die Notwendigkeit des GamePads als Controller für die Wii U zu verdeutlichen, indem es neue Vorgehensweisen aufzeigt.