2. Sanfter Sound für hartes Training

Iwata:

Nun würde ich gerne etwas über den Sound des Spiels erfahren. Die Musik von Zelda ist ja recht markant, da sie für eine Fantasiewelt geschaffen wurde und die Gefühle des Spielers verstärken soll. Die Nutzer von Wii Fit hingegen hören täglich dieselbe Musik beim Spielen, so dass sie sehr unaufdringlich sein muss. Auch die Soundeffekte sollten wohl eher erfreulich als nervtötend sein. Es war sicher knifflig, eine Klangwelt zu erschaffen die – ganz anders als bei Zelda – den Spieler jeden Tag aufs Neue in eine angenehme Stimmung versetzt...

Minegishi:

Es gibt Leute, die spielen Zelda nur, um die Musik zu hören. Da ist dann wirklich ein kräftiger Sound angebracht. Bei Wii Fit hingegen mussten wir uns bei der Komposition zurücknehmen, da die Musik ja das Spiel untermalen soll, anstatt selbst herauszustechen. Außerdem haben wir es hier mit einem Spiel zu tun, bei dem man nicht passiv vor dem Bildschirm sitzt, sondern das vollen Körpereinsatz verlangt.

Iwata:

Das gilt vor allem für Yoga, nicht wahr? Ich gerate schon bei den einfachsten Positionen ins Schwitzen.

Minegishi:

Ich glaube, dass das Training nicht nur den Körper fordert, sondern auch den Geist, weil man das Durchhaltevermögen aufbringen muss. Wir möchten ja, dass unsere Kunden jeden Tag mit Wii Fit trainieren – das kann man leicht als Verpflichtung empfinden. Darum wollte ich die Musik eher beruhigend und unterstützend gestalten, um die Spieler, die sich jeden Tag neu bemühen, zu ermutigen, anstatt sie aufzuregen. Außerdem war mir aufgefallen, dass wir – abgesehen von den Balancespielen – fast nur weiße Hintergründe haben, zum Beispiel auf der Wii Fit-Lobby9 oder im Hauptmenü, und das fand ich ein wenig kühl.

Iwata:

Wenn man da nicht aufpasst, wirkt das Spiel ziemlich karg und farblos. 9 Bildschirm mit grafischen Darstellungen des Verlaufs von Gewicht, BMI und Trainingszeiten von bis zu acht Spielern.

Minegishi:

Genau. Deshalb habe ich mich bemüht, die relative Kühle nicht noch zu betonen, sondern durch eine freundliche, warme Musik auszugleichen.

Iwata Asks
Iwata:

Eine Musik, die dafür sorgt, dass man sich gut aufgehoben fühlt?

Minegishi:

Genau. Sie sollte dem Spieler das Gefühl geben, von jemandem ermutigt und zu seinen Erfolgen beglückwünscht zu werden.

Iwata:

Kann man so eine Musik denn ohne weiteres komponieren?

Minegishi:

Ich musste schon ziemlich viel herumprobieren. Am Anfang wollte ich nur akustische Instrumente verwenden, um diese Wärme zu erzeugen, aber das hat dazu geführt, dass die Musik überhaupt nicht mehr zur Optik passte. Darum beschloss ich, beispielsweise ein paar subtile Synthesizer-Sounds hinzuzufügen, um Optik und Sound wieder in Harmonie zu bringen.

Iwata:

Es ist offenbar eine ganz eigene Herausforderung, Musik zu komponieren, die der Nutzer jeden Tag hören soll. Und wie war es für Sie, Miyagawa-san? Auf welche Schwierigkeiten stießen Sie beim Entwerfen der Soundeffekte?

Miyagawa:

Bei diesem Projekt hatte ich eingangs beschlossen, mich nicht allzu sehr auf meine Erfahrungen aus den Zelda-Projekten zu verlassen. Bei Twilight Princess war es schließlich meine Aufgabe gewesen, Laute für die Gegner zu erfinden, die Oyama-san entworfen hatte. Er setzte mir die seltsamsten Insekten und sonstige Kreaturen vor, die ich noch nie gesehen hatte, und ich tat mein Bestes, sie mit bizarren Geräuschen auszustatten. Bei Wii Fit fand ich mich dann plötzlich in einer Welt voller Sanftheit und Wärme wieder. Es war schon eine radikale Umstellung! (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyagawa:

Ich habe besonders lange an den „gratulierenden“ Soundeffekten geknobelt, die den Spieler freuen sollen, und den „bedauernden“ Effekten, die erklingen, wenn er es mal nicht so gut hingekriegt hat. Die „Gratulationseffekte“ können ja kaum zu sehr loben – aber bei den bedauernden Klängen musste ich aufpassen, weil der Spieler sie im Zweifelsfall täglich hören würde. Kennen Sie dieses typische Brummgeräusch, das ertönt, wenn jemand in einer Quizshow die falsche Antwort gibt? So etwas wollte ich unbedingt vermeiden. Der Effekt sollte zwar klarmachen, dass es gerade nicht toll gelaufen ist, dabei aber dem Spieler nicht die Laune verderben. Das war wirklich nicht einfach.

Iwata Asks
Iwata:

Verstehe. Die Übungen können schwierig sein, solange sie noch ungewohnt sind, da passiert es häufig, dass man sich nicht so geschickt anstellt. Wenn man dann auch noch mit einem unangenehmen Geräusch bestraft wird, leidet womöglich die Motivation, überhaupt weiterzumachen. Und Sie wollten verhindern, dass die Spieler aufgrund der Soundeffekte die Lust an Wii Fit verlieren.

Miyagawa:

Genau. Die Spieler sollen sich gut behandelt fühlen, auch wenn die Übung mal nicht gelingt. Grundsätzlich unterscheidet sich die Tätigkeit, einem Ereignis einen Klang zuzuordnen, aber nicht von meiner Aufgabe bei den Zelda-Projekten. In dieser Hinsicht ist mir die Arbeit nicht besonders schwer gefallen.

Iwata:

Gab es bei diesem Projekt in Bezug auf die Soundprogrammierung irgendwelche Besonderheiten?

Miyagawa:

Es gibt viele interaktive Elemente, aber das ist ja fast schon eine Tradition der Sound-Teams von Nintendo. Außerdem ist es etwas, auf das (Koji) Kondo-san10 sehr viel Wert legt. Konkret heißt das, dass Minegishi-sans Musik sich abhängig vom Fortschritt in den Übungen und von der Situation verändert. Zum Beispiel wird sie beim Hula-Hoop™ nach jedem Reifen, den der Spieler auffängt, lebhafter. 10 Group Manager der Sound Group, berühmt für seine Arbeit am Sound der Mario- und Zelda-Spiele.

Iwata:

Stimmt – je länger man Hula-Hoop™ spielt, desto lebendiger wird die Musik.

Miyagawa:

Es macht großen Spaß, jemandem beim Hula-Hoop™ zuzusehen. Aber für manche ist die Übung schwierig, weil man sie ja ohne Reifen macht. Im Grunde geht es nur darum, die Hüfte schnell genug zu schwingen, und Hosaka-san, die die Übung entworfen hat, wollte das über den Sound vermitteln. Wir haben bis zum Schluss an einer Lösung herumgefeilt. Schließlich haben wir das Tempo der Musik der Geschwindigkeit der Reifen angepasst, wenn man sie schneller dreht.

Iwata:

Gerade dadurch wird ein natürliches Spiel möglich, in das man wie von selbst hineinfindet. Außerdem wird man vom Sound überhaupt nicht abgelenkt – er passt perfekt zum Spiel.

Miyagawa:

Herzlichen Dank. Zu einem Spiel wie diesem passen einfach keine intensiven Sounds. Wir entwerfen die Sounds erst dann, wenn die jeweiligen Spielsituationen schon fertig sind. Ich glaube, die meisten Leute sind sich gar nicht bewusst, welchen Einfluss der Sound auf ein Spiel hat. Gerade deswegen motiviere ich mich damit, dass die Soundeffekte einen kleinen Anteil daran haben, wenn jemand sagt: „Ich weiß nicht, warum... aber das will ich nochmal spielen.“, oder einfach nur denkt „Dieses Spiel gibt mir ein gutes Gefühl.“

Iwata:

Ich glaube, der Anteil, von dem wir hier reden, ist gar nicht so klein... Der Sound trägt meiner Meinung nach wesentlich zum Spielerlebnis bei.

Iwata Asks
Miyagawa:

Wenn Sie das sagen, macht mich das wirklich stolz auf meine Arbeit! (lacht) Bei der Hula-Hoop™-Übung waren die Anforderungen eines gewissen weiblichen Team-Mitglieds, das hier anwesend ist, übrigens sehr hoch... (lächelt gequält)

Iwata:

Diese Geschichte werde ich mir von der betreffenden Person nachher noch genauer erzählen lassen. (lacht)Es ist zwar nicht direkt ein Soundeffekt, aber der Avatar des Wii Balance Boards sagt jedesmal etwas, wenn der Nutzer aufgefordert wird, auf das Wii Balance Board zu steigen. Es gibt wahrscheinlich auf der ganzen Welt keine zweite parlierende Waage – wie haben Sie es geschafft, eine so niedliche Stimme zu kreieren?

Miyagawa:

Das frage ich mich auch! (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyagawa:

Wir haben eigentlich nur einen Sprecher ausgewählt, dessen Stimme möglichst gut zu unseren Vorstellungen passte, damit wir später nicht mehr so viel anpassen mussten.

Iwata:

Manchmal spricht der Avatar richtig, manchmal ist es auch nur

Video: sinnloses Geplapper

Nun würde ich gerne etwas über den Sound des Spiels erfahren. Die Musik von Zelda ist ja recht markant, da sie für eine Fantasiewelt geschaffen wurde und die Gefühle des Spielers verstärken soll.
sinnloses Geplapper . Seltsamerweise finde ich das gar nicht irritierend.

Miyagawa:

Auf dem Bildschirm erklärt der Avatar dem Spieler ziemlich viel. Wenn alle Erklärungen vorgelesen würden, könnte man das als störend empfinden. Deshalb haben wir beschlossen, nur einen Teil des Avatar-Textes akustisch auszugeben, auch wenn es schwer war, hier das rechte Maß zu finden.

Minegishi:

Wir haben das Geplapper übrigens an das Tempo und den Tonfall gesprochener Sprache angepasst.

Iwata:

Verstehe! Deshalb klingt das alles so natürlich!

 

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