2. Ein Produkt, anders als alles Bisherige

Iwata:

In diesem Projekt, das mit gerade mal drei Personen startete, gab es also eine Phase, in der die Entwicklung nicht voran ging, weil die einzigen Anweisungen „Wiegen Sie sich!“ oder „Schreiben Sie auf, was Sie gegessen haben!“ lauteten.

Miyamoto:

Am Anfang zeigte mir das Team stets, was es gemacht hatte, mit dem Kommentar: „Das haben wir hergestellt, was halten Sie davon?”Ich sagte aber immer wieder: „Da fehlt noch das gewisse Etwas.“

Iwata:

Welche Vision des fertigen Produkts schwebte Ihnen denn zu dieser Zeit vor, Miyamoto-san?

Iwata Asks
Miyamoto:

Ich hatte schon damals das Bild, dass andere Familienmitglieder mir sagen könnten: „Papa, du hast ja schon wieder zugenommen!” Wenn wir dazu noch das Gesicht der Person, die gerade auf der Waage steht, als Mii anzeigen, so dachte ich mir, dann könnten wir tatsächlich eine Software erstellen, um die sich die gesamte Familie versammelt.

Iwata:

Das ist tatsächlich ein Bild, in dem das Gewicht in einer Familie zum Thema wird.

Miyamoto:

Sie freuen sich doch sicher auch darüber, wenn Mutter und Tochter sich über Sie unterhalten, während Sie nicht im Haus sind, oder?

Iwata:

Jedenfalls mehr, als wenn ich ignoriert würde. Selbst wenn dabei auch ein wenig gespottet wird! (lacht)

Miyamoto:

Ich habe mir gedacht, wenn solche Beziehungen in einer Familie vorhanden sind, das ist doch das Ideal. Extrem ausgedrückt ist es allein schon interessant, wenn sich alle Teilnehmer nur am Wiegen beteiligen, und es gibt auch Methoden zur Steigerung der körperlichen Fitness, die sich um genau diesen Punkt drehen. In diese Richtung hatten wir die Entwicklung angefangen, und jetzt waren wir an einem Punkt angekommen, an dem wir einfach nicht weitergekommen wären, wenn wir nicht den nächsten Schritt festgelegt hätten… Da brachte ein Mitglied des Teams zwei Waagen mit, stieg mit jedem Fuß auf eine und versuchte, ein Gleichgewicht zwischen links und rechts herzustellen. Das war ein interessantes Experiment! Also ließen wir den Programmierer die beiden Waagen mit einem PC verbinden und die Zahlen auf dem Bildschirm anzeigen, so dass wir das Gleichgewicht zwischen den beiden auf einen Blick im Auge hatten. Es fühlte sich sofort sehr intuitiv an. Also beschlossen wir, das Messen des Gleichgewichts zu einem Thema der Software zu machen. Und als wir uns auf die Suche nach Methoden zur Steigerung der Fitness machten, die sich um das Gleichgewicht drehten, da gab es tatsächlich welche!

Iwata Asks
Iwata:

Nach einer Reihe von Versuchen und Fehlschlägen hatten Sie also erkannt, dass Sie die Balance ins Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit stellen mussten. Übrigens, das Experiment, das Sie mit den zwei Waagen durchgeführt haben, wurde dann auch zum Vorbild für den

Video: Basis-Balance-Test

In diesem Projekt, das mit gerade mal drei Personen startete, gab es also eine Phase, in der die Entwicklung nicht voran ging, weil die einzigen Anweisungen „Wiegen Sie sich!“ oder „Schreiben Sie auf, was Sie gegessen haben!“ lauteten.
Basis-Balance-Test , der im Rahmen des Körpertests9 am Anfang von Wii Fit durchgeführt wird, richtig? 9 Im Körpertest werden die Balance, der BMI (Body Mass Index) und die motorischen Fähigkeiten gemessen und daraus das Wii Fit-Alter ermittelt.

Miyamoto:

Genau. Und danach kamen einige Dinge in Bewegung. Da ich bei der Produktion von Wii Sports mit Trainern und Wissenschaftlern in Kontakt gekommen war, die sich mit Fragen des Gleichgewichts auskannten, hatte ich die Idee, diese um Hilfe bei unserem neuen Projekt zu bitten. Ich hatte gedacht, damit würde das Projekt endlich in Schwung kommen, aber das Team bestand immer noch aus nur drei Personen. (lacht)Ich denke, deshalb fragten sich die Beteiligten immer noch, was sie denn jetzt eigentlich genau machen sollten.

Iwata:

Ich glaube, wenn etwas Neues entsteht, können hundert Probleme nebeneinander stehen, aber wenn ein einziger interessanter Aspekt hinzukommt, beginnt ein Fortschritt. Wie lief dieser Prozess bei Wii Fit ab?

Miyamoto:

Wir hatten eigentlich nur Probleme! Ich denke, Sie wissen es ja auch, Iwata-san – ich bin eher der Typ, der erst die Probleme aussortiert, bevor er anfängt, etwas zu entwickeln. Wenn wir bei einer neuen Hardware einen Punkt erreicht haben, wo wir sagen können, dieser eine Punkt ist herausragend, dieser andere Punkt ist nicht so gut, dann versuchen wir ein Produkt zu erstellen, dessen Schwachpunkte nicht ins Gewicht fallen. Es ist fast so wie das Zusammensetzen eines Puzzles – eine Arbeit, die ich wirklich mag. Insofern war dieses Projekt wirklich lohnenswert, weil wir wirklich viele Probleme hatten.Was sollten wir zum Beispiel machen, wenn jemandem das schwere Wii Balance Board auf die Füße fällt und derjenige sich verletzt? Wer würde eigentlich Lust haben, sich in Gegenwart anderer Leute zu wiegen? Und kann man überhaupt das exakte Körpergewicht ermitteln, ohne sich auszuziehen?

Iwata Asks
Iwata:

Viele Leute geraten ja ins Wanken, wenn sie vor einem Berg von Problemen stehen. Aber wenn ich Sie von meiner Position aus beobachtet habe, dann habe ich nie gesehen, dass Sie in Bezug auf dieses Projekt ins Wanken geraten sind. Wenn irgendwer sagte, das hier passt nicht, das ergibt keinen Sinn, dann sagten Sie immer, das passt schon, dieses Problem können wir lösen. Ich erinnere mich, wie Sie immer gesagt haben, dass wir ein interessantes Produkt herstellen würden.

Miyamoto:

Ich habe das schon oft gesagt, aber es macht ganz einfach Spaß, etwas zu erschaffen, das anders ist als in der Vergangenheit von anderen erschaffene Produkte. Alles, was man sich einfallen lässt, wird dadurch zur neuen Idee, und selbst wenn es nichts Besonderes ist, so ist es doch trotzdem eine neue Idee. Deshalb war ich fest davon überzeugt, dass es sich lohnt, die Probleme zu überwinden, die wir hatten. Außerdem war ich mir sicher, dass es allein schon Spaß machen kann, sich auf die Waage zu stellen.

Iwata:

Weil Sie selbst Spaß daran hatten, sich auf die Waage zu stellen und Daten zu sammeln, waren Sie sicher, dass am Ende ein interessantes Produkt stehen würde.

Miyamoto:

Außerdem dachte ich, kein anderes Projekt passt so gut zu Wii, da doch das erklärte Ziel von Wii ist, dass sich die ganze Familie um die Konsole versammeln kann. Deshalb wollte ich meine Idee unbedingt in ein Produkt verwandeln und habe alles Mögliche unternommen, um negative Faktoren zu überwinden.Allerdings zeigten die Hersteller von Waagen, mit denen wir uns am Anfang der Entwicklung unterhielten, kein wirkliches Interesse. So sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir das Produkt selbst herstellen müssten. Aber eine Waage herzustellen, wie man sie überall kaufen kann, wäre keine revolutionäre Idee gewesen, und so kam der Gedanke auf, mit vier Sensoren vorne, hinten, rechts und links das Gleichgewicht des Nutzers zu messen. Da erkannten wir, dass wir dieses Gerät auch als Eingabegerät für Spiele verwenden könnten. So entstand im Prozess der Herstellung am Ende etwas, das ganz anders ist als eine normale Waage.

Iwata:

Wie entstand eigentlich die Idee, an vier Punkten das Gleichgewicht des Nutzers zu messen?

Iwata Asks
Miyamoto:

Der Planner stellte für uns verschiedene Prototypen her, und am Anfang testeten wir mit zwei Sensoren.Aber obwohl wir zwischenzeitlich auch auf einen Sensor umstellten, um die Kosten so gering wie möglich zu halten, schafften wir es einfach nicht, eine ausreichende Präzision zu erreichen. Also beschlossen wir aufs Ganze zu gehen und vier Sensoren einzubauen. Dadurch stiegen die Kosten zwar, aber wir sagten uns, dass wir die Ausgaben ja dadurch reduzieren würden, dass wir das Gerät selbst herstellen würden.Jetzt waren wir auch in der Lage, die Balance zwischen vorne, hinten, links und rechts perfekt zu messen, wohingegen wir vorher nur die Balance zwischen links und rechts messen konnten. Da wir nun auch die gleiche Präzision hatten wie bei der Verwendung von zwei Waagen, beschlossen wir, die Entwicklung in diese Richtung voranzutreiben.Was den Inhalt der Software angeht, gab es auch einige Änderungen. Während wir vorher in erster Linie sportliche Trainings auf der Liste hatten, konnten wir uns jetzt auf Balancetrainings konzentrieren.

Iwata:

Welche Experimente führten Sie im Hinblick auf die Software durch?

Miyamoto:

Wir verwendeten Gymnastikprogramme, wie man sie im Radio hört10.Wir versuchten herauszufinden, ob man anhand der Gewichtsverlagerung feststellen kann, ob ein Teilnehmer unseres Experiments tatsächlich an der Gymnastik teilnimmt.Trainingsprogramme werden ja häufig auch auf DVD verkauft, und als wir uns fragten, was man mit so einer DVD nicht machen könnte, da fiel uns ein: Eine DVD kann nicht prüfen, ob der Nutzer die Übung auch tatsächlich ausführt. Also haben wir die Musik aus der Radiogymnastik abgespielt und unser Experiment fortgesetzt. Dadurch, dass wir die Balance der Testteilnehmer messen konnten, waren diese in der Lage, die Übungen mit einer viel höheren Präzision durchzuführen. 10 Öffentlich-rechtliche Radiosender in Japan senden früh morgens Übungsanweisungen und Musik, mit deren Hilfe die Hörer ihre Morgengymnastik machen können.

Iwata:

Es gehört ja auch zum Text der Trainer in Wii Fit, dass sie überprüfen, ob die Übungen korrekt durchgeführt werden. Wenn man bei einem Training auf einem Bein stehen soll, dabei die Balance verliert und mit dem anderen Fuß den Boden berührt, sagen die Trainer zum Beispiel so etwas wie: „

Video: Sie haben zwischendurch den anderen Fuß aufgesetzt, nicht wahr?

In diesem Projekt, das mit gerade mal drei Personen startete, gab es also eine Phase, in der die Entwicklung nicht voran ging, weil die einzigen Anweisungen „Wiegen Sie sich!“ oder „Schreiben Sie auf, was Sie gegessen haben!“ lauteten.
Sie haben zwischendurch den anderen Fuß aufgesetzt, nicht wahr? “ (lacht)So etwas geht bei einer DVD nicht!

Miyamoto:

Wenn jemand mit einem anderen Gewicht auf die Waage steigt, ist der Text „

Video: Ihr Gewicht hat sich geändert!”

In diesem Projekt, das mit gerade mal drei Personen startete, gab es also eine Phase, in der die Entwicklung nicht voran ging, weil die einzigen Anweisungen „Wiegen Sie sich!“ oder „Schreiben Sie auf, was Sie gegessen haben!“ lauteten.
Ihr Gewicht hat sich geändert!” ” Darauf achtet der Trainer! (lacht)