5. Finale mit Bowser

Iwata:

Um noch einmal auf unser Gespräch über die Anfänge zurückzukommen – Mr. Nagamatsu, nachdem Mr. Kondo Ihnen erklärt hatte, dass „hier keine gute Melodie zu gebrauchen“ sei, was dachten Sie da, als Ihnen mitgeteilt wurde, dass Ihr nächster Job „Super Mario Galaxy 2“ sein würde?

Nagamatsu:

Die Entwicklung des Projekts lief bereits, als ich dazustieß, aber ich war sehr nervös und konnte einige Tage lang nicht schlafen. Das ist eine Serie mit Geschichte und Tradition, und zunächst dachte ich nur: „Was mache ich bloß?“

Kondo:

Was, wirklich? Als ich Ihnen sagte, dass Sie für „Super Mario Galaxy 2“ eingeteilt sind, sagten Sie nur: „Alles klar!“, und haben die Muskeln spielen lassen! Sie wollten mir sogar die Hand schütteln, erinnern Sie sich nicht?

Nagamatsu:

Nein, ich, äh ...!

Alle:

(lachen)

Yokota:

Mr. Nagamatsu hatte schon seit seinem Beitritt ins Unternehmen gesagt, dass er gerne mal einen Orchester-Soundtrack machen würde.

Kondo:

Ja, nicht wahr?

Iwata:

Ihr Herzenswunsch wurde Ihnen also gewährt.

Nagamatsu:

Ja. Stimmt (lacht). Deshalb habe ich auch „Alles klar!“ gejubelt, aber sobald ich alleine war und mich wieder beruhigt hatte, wurde ich nervös.

Iwata:

Na ja, ich nehme an, das Schreiben von Arrangements für ein volles Orchester und deren Aufnahme ist ganz anders als das normale Erstellen von Musik. Wenn Musiker das Stück live spielen, können Sie sich später nicht sagen: „Vielleicht sollte ich das doch lieber so machen.“ Sie bekommen nur den einen Wurf, nicht wahr?

Nagamatsu:

Genau so ist es. Ich glaube, das ist der größte Unterschied. Ich habe in der Vergangenheit schon mit Live-Einspielungen gearbeitet und natürlich haben wir manchmal auch echte Instrumente verwendet. Aber ich hatte noch nie etwas von diesem Ausmaß erlebt – und dann geht es an die Aufnahme und es gibt keinen Weg zurück. Absolut nichts Vergleichbares. Das war auch das, was mich am meisten nervös gemacht hat. Und deshalb habe ich Mr. Yokota ständig gefragt: „Sind Sie sicher, dass das in Ordnung ist?“

Yokota:

Wir hatten Mr. Nagamatsu dieses Mal außerdem gebeten, sich um mehrere Melodien zu kümmern, und er hat ein wirklich riesiges Stück für uns geschrieben.

Nagamatsu:

Es ist ein Stück mit dem Titel „The Final Bowser Showdown“.

Iwata:

Die letzte Konfrontation? Mr. Nagamatsu, Sie wurden beauftragt, Orchesterstücke zu schreiben und waren erst mal so nervös, dass Sie nachts nicht schlafen konnten, und dann hat man Ihnen auch noch das letzte, wirklich wichtige Stück überlassen?

Iwata Asks
Nagamatsu:

Ja, genau. Da war es noch schwieriger, Schlaf zu finden.

Iwata:

(lacht)

Nagamatsu:

Ich habe mich also wirklich reingehängt, aber letztendlich habe ich es übertrieben, und es kam ein Stück heraus, das kaum zu spielen war. Als ich dann Mr. Yokota um Rat fragte, sagte er: „Lassen Sie mich mal ein bisschen mit der Notation herumspielen.“ Ich habe also eine Weile gewartet, und dann kam die korrigierte Partitur zurück – und war noch schwieriger als vorher.

Iwata:

Noch schwieriger? (lacht)

Nagamatsu:

Ja (lacht). Dann haben wir das Stück vom Orchester spielen lassen. Nach dem ersten Durchspielen machten alle Musiker, jeder Einzelne, ein wirklich grimmiges Gesicht. Man konnte sie förmlich seufzen hören ... Und ich dachte nur: „Das kann jetzt wirklich nichts Gutes bedeuten ..."

Yokota:

Wenn es um klassische Musik gegangen wäre, hätten sie etwa sechs Monate Zeit zum Üben gehabt, aber so ...

Iwata:

Es stand nur ein Tag zum Üben und Abschließen der Aufnahme zur Verfügung.

Yokota:

Genau. Wissen Sie, obwohl Mr. Nagamatsu anscheinend sehr besorgt war, hatte ich die Partitur ja umgeschrieben, sodass sie besser spielbar war. Und nicht nur das. Da es sich bei den Musikern um absolute Profis handelte, war ich sicher, dass alles gut gehen würde.

Nagamatsu:

Und Mr. Yokota behielt recht. Nach nur zwei oder drei Übungsläufen spielten sie es perfekt.

Yokota:

Und danach bedachten sich die Musiker erst mal selbst mit einer Runde Applaus.

Iwata:

Das muss ein recht bewegender Moment gewesen sein.

Nagamatsu:

Allerdings (lacht)!

Iwata:

Und wir könnten unseren Lesern das Stück nicht vielleicht vorspielen?

Yokota:

Na, wenn die Musik für die letzte Konfrontation bekannt würde, bevor die Spieler die Chance hatten, den Endkampf selbst zu erleben …

Iwata:

Also lieber warten, bis das Spiel in die Läden kommt.

Yokota:

Ja. Das Stück enthält auch einen Teil für gemischten Chor; es ist wirklich ein Werk von großer Tiefe geworden; wir hoffen also, dass die Spieler bis ans Ende vordringen und es zu hören bekommen! Aber der Original-Soundtrack zu „Super Mario Galaxy 2“ wird auch als neue Prämie für den Club Nintendo 9 veröffentlicht.

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9Club Nintendo: Exklusiver Punkte-Service für Nintendo-Mitglieder, der seit 2002 existiert. Mitglieder verdienen Sterne durch das Registrieren ihrer Wii- oder Nintendo DS-Hardware bzw. -Software und tauschen diese Sterne gegen exklusive Prämien ein.

Iwata:

Ganz wie beim ersten Spiel also.

Yokota:

Für kurze Zeit können Spieler, die „Super Mario Galaxy 2“ registrieren, außerdem 300 Punkte für Objekte eintauschen, die normalerweise 500 Punkte kosten. Wir wären mehr als begeistert, wenn alle das Spiel und die Soundtrack-CD mit siebzig Titeln erstehen und auch die Musik genießen würden. Die CD enthält auch Kommentare der jeweils für die Stücke Verantwortlichen, es ist also einiges drauf. Anm. d. Redakteurs: Die oben erwähnte Vermarktungsaktion bezieht sich auf ein Club-Nintendo-Angebot für Clubmitglieder außerhalb Europas.

Iwata:

Um dann zum Ende zu kommen, möchte ich jeden von Ihnen bitten, einige Worte an unserer Spieler zu richten.

Nagamatsu:

Ich habe das komplette „Mario Galaxy 2“ durchgespielt. Da ich vorher an „New Super Mario Bros. Wii“ gearbeitet habe, war es sehr schwer, mental umzuschalten.

Iwata:

Sie meinen, Sie konnten erst mit dem Schreiben der Songs beginnen, nachdem Sie das Spiel gründlich durchgespielt hatten und seine Weltsicht erfasst hatten.

Nagamatsu:

Genau. Es hat also eine Weile gedauert, bis ich mich an die Musik machte, aber nachdem ich das Spiel wieder und wieder gespielt hatte und es schließlich perfekt abschließen konnte, hatte ich dieses Gefühl, etwas Großartiges geleistet zu haben. Das Spiel ist ja so ausgelegt, dass auch Einsteiger daran Spaß haben, aber ich sähe es gerne, wenn die Spieler, die sich etwas zutrauen, versuchen würden, es komplett abzuschließen.

Iwata:

Und Sie, Mr. Yokota?

Yokota:

Wir sind diesmal alle möglichen Dinge angegangen, u. a. haben wir versucht, die Ladezeiten der Disc zu verkürzen.

Iwata:

Dazu kann sogar das Tonteam eine Menge beitragen.

Yokota:

Ja. Wenn man mit „Mario Galaxy 2“ beginnt, erscheint z. B. sofort der Titelbildschirm und das Orchester ist im Hintergrund zu hören, so wie es sein soll. Wir haben hier etwas getrickst. Damit Spieler nicht warten müssen, bis das Spiel geladen ist, können sie einfach das Knöpfchen drücken und sofort anfangen. Insofern ist die kurze Ladezeit ein weiteres Merkmal des Spiels; man kann einfach Marios Abenteuer genießen, ganz ohne Stress.

Iwata:

Dann haben Sie das Schlusswort, Mr. Kondo.

Kondo:

Ich selbst habe mir vor allem Sorgen über die fünf Melodien gemacht, für die ich bei diesem Spiel verantwortlich war. Obwohl ich viel Zeit auf diese verwendet habe, entsprach das Ergebnis einfach nicht meiner Vorstellung. Ich glaube, Mr. Yokota und die Mitarbeiter wurden schon ungeduldig. Aber weil ich mir diese Zeit genommen habe, konnte ich schließlich Melodien erstellen, die selbst mich zufriedenstellten. Das Spiel ist manchmal schwierig, aber es besitzt eine Fröhlichkeit, die dazu verleitet, nicht aufzugeben. Ich hoffe also, dass viele, viele Spieler es ausprobieren. Am besten alle!

Iwata:

Vielen Dank. Der Orchester-Soundtrack, der im letzten Spiel so gut ankam, ist diesmal noch besser und steckt voller herausragender musikalischer Elemente. Auch deshalb wünscht man sich, dass die Spieler das Spiel aus unterschiedlichen Perspektiven genießen.

Yokota:

Genau. Und hoffentlich lauschen viele Leute der Musik!

Iwata:

Ich danke Ihnen allen, dass Sie sich heute Zeit genommen haben.

Alle:

Vielen Dank.