2. ''Das wird eine einfache Sache!''

Iwata:

Dann machen wir mal weiter … Mr. Amano?

Amano:

Was, ich?

Iwata:

Ja, Sie! (lacht) Entschuldigen Sie, dass Sie so lange warten mussten. Würden Sie sich kurz vorstellen?

Amano:

Mein Name ist Amano, ich arbeite in der Abteilung für Software-Entwicklung der Entertainment Analysis & Development Division (EAD). Bei „Star Fox 64 3D“ habe ich als eine Art Koordinator zwischen Q-Games und Nintendo fungiert, um beim Festlegen der diversen Spezifikationen zu helfen.

Iwata Asks
Iwata:

Ist das das Spiel, an dem Sie nach „New Super Mario Bros. Wii“6 gearbeitet haben? 6. New Super Mario Bros. Wii: Ein Action-Spiel, das in Japan im Dezember 2009 für die Wii-Konsole herauskam.

Amano:

Ja. Das kam kurz danach. Ich war an diesem Projekt beteiligt, weil ich Mr. (Takaya) Imamura7, der immer für die Entwicklung von „Star Fox“ zuständig war, bei jeder Begegnung angebettelt habe, doch bitte, bitte ein neues Star-Fox-Spiel zu machen. 7. Takaya Imamura: Abteilung für Software-Entwicklung, Entertainment Analysis & Development Division. An der Star-Fox-Serie war er hauptsächlich als Designer beteiligt. Er war zudem Direktor bei „Steel Diver“ für Nintendo 3DS und hat an dem Iwata fragt: Steel Diver teilgenommen.

Iwata:

Sie haben Mr. Imamura immer wieder aufgefordert, ein neues Star-Fox-Spiel zu machen, und ehe Sie sich's versahen, war der Job in Ihrem Schoß gelandet.

Amano:

Genau.

Miyamoto:

Sie waren noch in der Grundschule, als „Star Fox“ für das Super Famicom-System herauskam, nicht wahr?

Amano:

Ja, genau. Ich besaß das Spiel selbst nicht; aber im örtlichen Supermarkt gab es eine Demokonsole, und daran habe ich mit meinen Freunden auf dem Nachhauseweg gespielt. Ich wusste nicht, dass es sich um Nintendo-Software handelte. Das Ganze war ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Ich hatte überhaupt keine Ahnung.

Iwata:

Weil Mario nicht darin auftauchte.

Amano:

Genau. „Star Fox 64“ habe ich dann aber sofort am Tag des Erscheinens gekauft. Das muss mein zweites Jahr auf der Sekundarschule gewesen sein; und ich habe das Spiel von Anfang bis Ende durchgespielt.

Miyamoto:

Und das führte dann zu der allgemeinen Annahme, dass Mr. Amano jede Menge über Star Fox wusste. (lacht)

Amano:

Stimmt. (lacht) Aber bevor das Projekt begann, sagte Mr. Imamura: „Keine Sorge, ich überwache das Ganze!“

Iwata:

Aber nach einer Weile wurde Mr. Imamura dann durch die Entwicklung von „Steel Diver“ abgelenkt.

Amano:

Ja, genau. Ich sollte eigentlich nur aushelfen, aber plötzlich hatte ich bis zum Ende des Projekts die Leitung inne.

Iwata:

Verstehe. Und Mr. Takano?

Takano:

Mein Name ist Takano, ich bin ebenfalls aus der Abteilung für Software-Entwicklung der EAD. Ich habe u. a. am Skript und den Charakter-Dialogen für „Star Fox 64“ gearbeitet. Dieses Mal, bei der Neuauflage des Spiels für das Nintendo 3DS-System, habe ich unterstützend mitgewirkt.

Iwata Asks
Iwata:

Wo waren Sie, als „Star Fox“ für das Super Famicom-System erschien?

Takano:

Ich war damals bereits bei Nintendo, wenn auch in einer anderen Entwicklungsabteilung. Mr. Imamura war ungefähr zur gleichen Zeit zum Unternehmen gestoßen wie ich. Er schien sehr viel Freude bei der Arbeit zu haben, und ich war richtig neidisch.

Iwata:

Ach, Sie kamen zur selben Zeit zu Nintendo?

Takano:

Ja.

Iwata:

Na schön, zunächst möchte ich über die Super Famicom-Version, das Original von „Star Fox“, sprechen. Das Modul für dieses Spiel enthielt den Super-FX-Chip8 für die Anzeige von 3D-Grafiken. Mr. Miyamoto, warum wollten Sie ein derartiges Spiel machen? 8. Super-FX-Chip: Ein Chipsatz, der in einige der ROM-Module für das Super Famicom-System eingebaut war. Dieser Chip ermöglichte das Anzeigen von Polygonen und 3D-Grafiken. Er wurde für die Module zu „Star Fox“ und „Super Mario World 2: Yoshi's Island“ verwendet.

Miyamoto:

Ungefähr zu dieser Zeit habe ich an „Pilotwings“9 und „F-Zero“10 für das Super Famicom-System gearbeitet, und ich fand, dass es Zeitverschwendung wäre, Objekte aus so vielen verschiedenen Winkeln zu zeichnen. 9. Pilotwings: Ein Flugsport-Simulationsspiel für das Super Famicom-System, das im Dezember 1990 in Japan erschien. 10. F-Zero: Ein Rennspiel für das das Super Famicom-System, das im November 1990 in Japan erschien.

Iwata:

Sie mussten viele verschiedene Ansichten erstellen – z. B. für die Maschinen in „F-Zero“ – und zeigten diese wie eine Animation an.

Miyamoto:

Genau. Ich dachte, es wäre viel einfacher, wenn wir ein Polygon anzeigen – also ein einzelnes Objekt erstellen – und dieses in Echtzeit drehen könnten. Wir haben also getestet, wie gut Polygone sich auf dem Super Famicom-System bewegen ließen. Aber es gelang uns lediglich, ein einzelnes Flugzeug zu drehen.

Iwata:

Aber das ist ja kein Spiel.

Miyamoto:

Nein, das nutzte uns nichts. Ich habe dann mit den Hardware-Verantwortlichen gesprochen, aber diese sagten lediglich, dass die Stärken des Super Famicom-Systems darin bestünden, dass aus Pixeln bestehende Charaktere schnell an beliebiger Position des Bildschirms angezeigt werden konnten, und in der Art und Weise, in der das System Hintergründe renderte, ausrichtete und bewegte. Für das direkte Rendern von Polygonen sei es überhaupt nicht ausgelegt. Ich war enttäuscht, dass sie offenbar nicht vorhatten, sich etwas für mich einfallen zu lassen. Ich dachte: „Wir könnten etwas so viel Besseres erreichen, wenn wir dreidimensionale Objekte schnell drehen könnten!“ und: „Wenn wir doch bloß ein besseres Gefühl von Raum und Tiefe erzielen könnten!“ Aber das Super Famicom-System war dafür nicht gemacht. Aber als ich schon begann, mich nach einem Adapter oder etwas Ähnlichem umzusehen, sah ich eine Demo für „X“.

Iwata:

Das Super Famicom-System kam am 21. November 1990 in den Verkauf; Mr. Cuthbert kam im Juli 1990 nach Kyoto, einige Monate bevor es im Handel erhältlich war.

Miyamoto:

Genau. Ich interessierte mich sehr für diese Demo und dachte, das könnte vielleicht irgendwie für das Super Famicom-System funktionieren. Wir begannen, die gemeinsame Entwicklung eines Chips zu diskutieren – und so nahm „Star Fox“ seinen Anfang.

Iwata:

Aber warum haben Sie „Star Fox“ zuerst gemacht?

Miyamoto:

Weil es das einfachste war.

Iwata:

Sie dachten sich: „Das wird eine einfache Sache!“

Miyamoto:

Genau. Wir haben über mehrere Dinge nachgedacht, die wir mit dieser Technologie leicht erstellen könnten. So haben wir z. B. versucht, Panzer herumzufahren.

Cuthbert:

Stimmt, wir haben einiges ausprobiert.

Miyamoto:

Aber die Panzer bewegten sich nicht auf die von uns erhoffte Weise. Und wie schon gesagt, war das Super Famicom-System wirklich gut darin, Hintergründe zu rendern.

Iwata:

Ja.

Miyamoto:

Also dachte ich, dass sich vielleicht ein Spiel erstellen ließe, indem wir einen Hintergrund rendern, auf dem sich dann etwas Dreidimensionales bewegt. Es sah so aus, also würde es uns gelingen, ein Weltraum-Abenteuer zu erstellen, bei dem ein Kampfflieger durch die Weiten und über Planetenoberflächen flog.

Iwata:

Das Design des Kampffliegers Arwing wurde also dadurch bedingt, dass Sie nicht viele Polygone verwenden konnten.

Miyamoto:

Genau. Damals, mit dem Super Famicom-System, konnte man nur simple Formen anzeigen, keine komplizierten.

Cuthbert:

Eine Dreiecksform war unsere einzige Wahl.

Miyamoto:

Ja, genau. Wir haben es Arwing genannt, weil es wie ein A-förmiger, großer Flügel aussah.

Iwata:

Mr. Amano, was dachten Sie, als Sie „Star Fox“ als Grundschüler zum ersten Mal auf Ihrem Heimweg von der Schule gesehen haben?

Iwata Asks
Amano:

Tut mir leid, ich habe nur eine unbeschreibliche Form gesehen, die da herumschwebte. (lacht)

Iwata:

(lacht)

Amano:

Und bei diesen alten Spielen war die Bewegung ja auch immer recht ruckartig.

Iwata:

Das war mit der damaligen Frame-Rate unvermeidlich.

Amano:

Natürlich unterschied es sich von früheren Spielen, und man hatte wirklich den Eindruck, dass sich da ein Objekt befand. Aber als ich es spielte, fand ich es wirklich schwierig.

Cuthbert:

Stimmt, es ist knifflig.

Amano:

Ich war ja noch in der Grundschule – ich bekam das nicht geregelt. Damals fand ich das Ganze äußerst mysteriös, aber ich wusste auch, dass es eigentlich nicht für meine Altersstufe gedacht war. Meine Grundschulzeit ging vorüber, ohne dass ich wirklich begriff, worum es ging.

Iwata:

Und Sie hatten keine Ahnung, dass Sie 17 Jahre später ein Star-Fox-Spiel entwickeln würden. (lacht)

Amano:

Nein – wie denn auch? (lacht)