2. Dann Kaninchen

Iwata:

Aus welchem Grund haben Sie das Tofu-Spiel aus siebzig Ideen ausgewählt?

Amano:

Ich denke, ausschlaggebend dafür war, dass wir mit dem Prototyp spielen konnten.

Nogami:

Mit dem Prototyp ließ sich ein 4-gegen-4-Online-Match spielen.

Iwata:

Dann konnten von Anfang an vier Spieler gegen vier andere Spieler spielen. Die Programmierer sind schon verblüffend. (lacht)

Sato:

(glückliches Nicken)

Iwata:

Man sagt, die Programmierer leisten beste Arbeit, wenn sie eine neue Spielstruktur entwickeln.

Sato:

Das stimmt. (lacht)

Iwata:

Diese Technik habe ich oft selbst angewandt, weil ich auch mal ein Programmierer war. (lacht)

Alle:

(lachen)

Nogami:

Und Mr. Satos Prototyp verfügte bereits über eine sehr starke, grundlegende Spielstruktur. Das ist das Gegenteil von dem, wie das Spiel heute ist. Die Karte erschien am Fernsehbildschirm, während man den 3D-Bildschirm steuerte, indem man den eigenen Tofu mithilfe des Wii U GamePads bewegte. Dabei behielt man mithilfe der Karte die Bewegungen seines Gegners im Auge, schoss Tinte aus dem Tofu und beanspruchte das Revier. Das brachte so viel Spaß, dass ich dachte: „Das könnte zum Herzstück des Spiels werden.”

Iwata:

Wie kam die Tinte aus dem Tofu?

Sato:

Wir versahen den Tofu mit einer kleinen Nase. Sonst hätte man nicht gewusst, wo die Vorder- und wo die Rückseite ist. (lacht)

Iwata:

Das stimmt. Tofu hat ja keine Vorder- und Rückseite. (lacht)

Sato:

Und die Tinte kam aus dieser kleinen Nase. (lacht)

Iwata Asks
Alle:

(lachen)

Iwata:

Mr. Sato, was war für Sie das Wichtigste, als Sie sich dieses Projekt ausdachten?

Sato:

Im Zentrum stand die Idee des „Versteckens“. Zu dieser Zeit war der Karten-Bildschirm noch derart gestaltet, dass man die 3D-Umgebung aus einer Art Top-Down-Perspektive betrachtete. Wenn der Tofu also oben auf der Tinte entlang glitt, dann fügte er sich optisch so in das Bild ein, dass man ihn nicht mehr erkennen konnte.

Iwata:

So ähnlich wie bei Tarnfarben, wurde er unsichtbar.

Sato:

Das stimmt. In der 3D-Umgebung konnte man jedoch stets seinen aktuellen Standort sehen, weil der Tofu aufrecht stand. Daher haben wir die Bewegung des flachen Hinlegens hinzugefügt.

Iwata:

Das Endergebnis war ein Tintenfisch, der in die Tinte abtauchen konnte. Und diese Idee entstand aus der Idee des Versteckens heraus.

Sato:

Genau. Tofu hätte sich sicherlich nicht so leicht verkauft, daher wollten wir die Charaktere etwas menschenähnlicher aussehen lassen.

Inoue:

Daher entwarfen wir einen Charakter mit Armen und Beinen, kamen dabei jedoch auf etwas, das die ursprüngliche Einzigartigkeit des Spiels zerstörte.

Sakaguchi:

Als wir noch mit Tofu spielten, konnte man den Tofu nicht mehr auf der Karte sehen, wenn er in der Tinte verschwand. Als wir aus dem Charakter jedoch einen Menschen machten, konnte man vage erahnen, dass da jemand war...

Iwata:

Aber dann machte es doch eigentlich keinen Sinn mehr, sich zu verstecken.

Sakaguchi:

Das stimmt. Nicht in der Lage zu sein, jemand zu erkennen, der sich in der Tinte versteckt, oder jemanden vage ausmachen zu können, verändert den Sinn des Spiels grundlegend.

Nogami:

Video: Verdeckter Angriff

Aus welchem Grund haben Sie das Tofu-Spiel aus siebzig Ideen ausgewählt?
Wenn Ihr Gegner Sie gar nicht sehen kann, können Sie diesen aus dem Hinterhalt oder heimlich überfallen. Begibt man sich dann in einen Bereich, der mit der Tinte des Gegners eingefärbt ist, denkt man: „Möglicherweise versteckt sich da ein Gegner“, so dass man wirklich wachsam sein muss. Hierdurch wird im Spiel Spannung aufgebaut.

Sakaguchi:

Damit das Spiel funktionieren konnte, mussten die Charaktere vollkommen verschwinden. Und wenngleich die Idee, das Spielerlebnis durch eine Arena von größerer Tiefe zu bereichern, großartig war, liefen die Dinge von da an nicht so wie geplant.

Nogami:

Nach der Spielregel wird der Gewinner des Spiels anhand der vom Spieler mit Tinte eingefärbten Fläche auf der Karte bestimmt, die der Spieler mit Tinte eingefärbt hat, wenn man die Karte aus der „Top-Down-Perspektive“ betrachtet. Als wir jedoch der Arena Tiefe verliehen, stießen wir auf das Problem, dass es keinen Sinn mehr machte, die Wände mit Tinte einzufärben.

Iwata:

Ich verstehe. Selbst wenn man die Wände mit Tinte färbte, konnte man dies auf der Karte nicht aus der „Top-Down“-Perspektive erkennen, was es sinnlos machte, die Wände überhaupt mit Tinte einzufärben.

Sato:

Selbst wenn man sich die größte Mühe gab, die Wände mit Tinte einzufärben, half das einem nicht dabei, das Spiel zu gewinnen. Daher haben wir die Fähigkeit, Wände mit Tinte einzufärben, eine Zeitlang weggelassen.

Sakaguchi:

Das verminderte jedoch auch etwas den Spielspaß. Es gab eine ganze Reihe an Diskussionen darüber, ob der Spieler in der Lage sein sollte, die Wände mit Tinte einzufärben oder nicht.

Iwata Asks
Nogami:

Das stimmt. Nachdem wir den Charakteren eine menschliche Gestalt gegeben und der Arena mehr Tiefe verliehen hatten, fingen die Dinge tatsächlich an, sich zu komplizieren. Und wir wussten nicht, wie wir diese Probleme lösen konnten.

Amano:

Wir mühten uns aber auch über die Lösung der Probleme hinaus ab.

Nogami:

Wir sprachen sogar darüber, wieder zum Tofu zurückzukehren.

Amano:

Aber dann überlegen wir, wie viele Ausgaben des Spiels wir wohl mit Tofu verkaufen könnten.

Iwata:

Ich glaube nicht, dass Tofu wirklich funktioniert hätte...

Alle:

(lachen)

Nogami:

Übrigens war eine der Optionen, aus dem Charakter Mario zu machen.

Iwata:

Vor mehr als zehn Jahren hatten wir ein Spiel namens Super Mario Sunshine11. Ein einzigartiges Element des Spiels bestand darin, mit einer Pumpe Wasser zu versprühen. Erinnern Sie sich noch an dieses Spiel? 11. Super Mario Sunshine: Ein 3D-Actionspiel, das in Europa im Oktober 2002 für Nintendo GameCube veröffentlicht wurde. Bei dem Spiel ging es um die Einsatzmöglichkeiten von Wasser, einschließlich einer Pumpe, die auf Marios Rücken getragen wurde und mit der Wasser versprüht wurde.

Nogami:

Danach werden wir sehr oft gefragt...

Iwata:

Besteht da irgendeine Verbindung?

Nogami:

Ich hatte es vergessen...

Alle:

(lachen)

Nogami:

Wir erinnerten uns erst später daran. Ungefähr in der folgenden Art: „Oh ja, bei Super Mario Sunshine gab es doch eine Wasserpistole.” Für Nintendo-Mitarbeiter ist das schon ziemlich peinlich. (lacht)

Iwata:

Aber die Struktur des Spiels ist doch vollkommen anders. Und dies war keine Idee, die von Super Mario Sunshine hätte kommen können.

Nogami:

Richtig. Wir wollten die Spielstruktur von Grund auf neu erstellen und anschließend ein passendes Design entwickeln. Wir wollten uns also nicht unbedingt einen bereits existierenden Charakter ausleihen.

Iwata:

Wie kamen Sie schließlich zu einer Lösung?

Nogami:

Wir versuchten es damit, den menschlichen Charakter durch ein Kaninchen zu ersetzen.

Iwata Asks
Iwata:

Warum ein Kaninchen?

Inoue:

Nun, das war zum Großteil auf die Designfaktoren zurückzuführen. Zuallererst sind Kaninchen weiß, so dass man leicht sieht, ob sie mit Tinte eingefärbt wurden. Sie haben lange Ohren, die sich mit ihnen bewegen würden, so dass man von oben zusehen konnte, wie sie sich bewegten.

Nogami:

Und als wir die anderen fragten, welchen Charakter sie für unser neues Spiel wählen würden, ein Kaninchen oder Tofu...

Iwata:

...waren alle für die Kaninchen. (lacht)

Nogami:

Genau. (lacht)

Alle:

(lachen)