3. AR verbreitet den Horror

Iwata:

Mr. Izuno, haben Sie jetzt, nachdem das Spiel fertiggestellt ist, das Gefühl, dass Sie eine Art von Horror geschaffen haben, über den die Spieler sich untereinander werden austauschen wollen?

Izuno:

Ja. Ich glaube, es ist uns gelungen, mit dem Modus „Geisterkamera“ eine neue Form des Spielens zu finden. Dank der Geisterfotografie im Modus „Geisterkamera“ weisen die mit den Nintendo 3DS-Kameras gemachten Fotos Spukelemente auf. Die Gesichter verzerren sich und es erscheinen unheimliche Dinge.

Iwata:

Ah ja. Wenn man ein Foto macht, muss man das immer unbedingt sofort jemandem zeigen. (lacht)

Izuno:

Ich finde, uns ist eine unterhaltsame Spielweise gelungen. Wir nutzen den Wunsch der Menschen, etwas Unheimliches zu sehen. Der Modus „Geisterkamera“ bietet zudem die Geisteranalyse.

Iwata:

Geisteranalyse? (lacht)

Izuno:

Ja. Diese zeigt den Geist, der einen gerade heimsucht. Die Analyse ändert sich bei verschiedenen Gesichtern und Gesichtsausdrücken und bietet Kommentare wie „Heute wirst du von diesem Geist heimgesucht“. Es macht wirklich Spaß, diese Bilder zu betrachten. (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Anders ausgedrückt, bieten Sie verschiedene Möglichkeiten an, den Horror zu genießen. Anstatt sich einfach nur im stillen Kämmerlein zu gruseln, kann man sich auch zusammenfinden und gemeinsam spielen.

Izuno:

Mr. Kikuchi meinte, wir könnten es als Spiel für Single-Partys vermarkten. (lacht)

Alle:

(lachen)

Kikuchi:

Man kann sich treffen und testen, wer wie mutig ist. Es gibt auch einen Modus namens „Exorzismus“, bei dem eine Person, die man geknipst hat, als Rachegeist zurückkehrt. Diesen muss man dann abwehren. Nachdem wir diese Funktion hinzugefügt hatten, kam es mir so vor, als würden plötzlich alle Fotos von mir machen! (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

(lacht) Dasselbe spielt sich wahrscheinlich bei Nintendo ab.

Izuno und Makino:

(sehen sich gegenseitig an und lachen)

Kikuchi:

Indem wir die vorhandenen AR-Funktionen mit den Horrorelementen gepaart haben, konnten wir diese Horrorelemente in die reale Welt einblenden. Damit werden das eigene Zimmer oder sogar die eigenen Freunde Teil einer Horrorwelt.

Iwata:

Viele Leute betrachten AR als etwas, mit dem man ein Foto von einem Marker macht und dann etwas anderes darauf erscheinen sieht – dies mag auch an AR Games9 liegen, der Software, die im Nintendo 3DS enthalten ist. Aber Sie haben das diesmal erheblich ausgeweitet. Ich finde, das Spielen mit anderen führt zu ganz neuen Arten von AR. Mr. Makino, was meinen Sie? 9. AR Games: Software, die in das Nintendo 3DS-System integriert ist. Spieler machen mit den Systemkameras Bilder der beiliegenden AR-Karten.

Makino:

Da bin ich Ihrer Meinung. Der Modus „Geisterkamera“ nutzt beispielsweise AR, aber die Zeitdauer zwischen dem Drücken des Auslösers und der Anzeige des Fotos, diese Zeitdauer, in der man sich fragt, was man wohl zu sehen bekommen wird, ist äußerst wichtig. Das war auch ein Merkmal des Originalspiels „Project Zero“ – die Angst vor der eigenen Vorstellung.

Iwata:

Wenn man ein Horrorspiel macht, ist in der Regel immer irgendein Hasenfuß im Team, der jammert: „Nein, bloß kein unheimliches Spiel!“ Gab es da dieses Mal auch so jemanden?

Iwata Asks
Izuno:

Ja, einige.

Iwata:

Wie stehen diese dem Spiel jetzt gegenüber?

Makino:

Die Ängstlichste unter den Mitarbeitern ergreift sogar jetzt noch die Flucht, wenn sie das AR-Buch nur sieht! (lacht)

Izuno:

Aber das wollten wir ja schließlich erreichen, also ist das ja kein Schaden. (lacht)

Makino:

Und eine andere Mitarbeiterin hatte zwar eigentlich nicht viel für Unheimliches übrig, war aber sehr an dem Spiel interessiert. Nachdem sie es ausprobiert hatte, erklärte sie, die Geschichte und Funktionen hätten sie wirklich in ihren Bann gezogen.

Kikuchi:

Natürlich haben wir manche Dinge unter der Prämisse zusammengestellt, dass sie den Leuten Angst machen sollten, aber dieses Spiel mit seiner AR hinterlässt ein schaurig schönes Angstgefühl, kein Gefühl der Abscheu.

Iwata:

Bei Horror und Übersinnlichem kann man einen Stil wählen, der etwas intuitiv Beunruhigendes auf ganz geradlinige und schnörkellose Weise zeigt, oder einen Stil, der Fantasie und seltsame Phänomene nutzt, um Angst und Überraschung zu erzeugen. Ich glaube, die Methodik des Project-Zero-Teams ist definitiv letztere.

Kikuchi:

Stimmt. Dieses Mal haben wir es geschafft, einen anderen Gesamtansatz zu wählen, ohne diesen Stil zu verändern, um es so unterschiedlichsten Leuten zu ermöglichen, das Spiel über die AR-Funktionen zu spielen.

Iwata:

Ganz nebenbei – es war gar nicht so einfach, den Titel „Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch“ zu finden.

Izuno:

Ja, da haben wir einiges durchgemacht...

Iwata:

Es hat eine Weile gedauert, bis ich zugestimmt habe. (lacht) Sie müssen eine Unzahl von Titeln diskutiert haben.

Izuno:

Ich bin schließlich auf den Untertitel „Das verfluchte Tagebuch“ verfallen.

Iwata:

Mr. Kikuchi, was haben Sie am Anfang davon gehalten, den Titel, „Project Zero“ fallen zu lassen?

Kikuchi:

Ich fand, dass wir dem neuen Produktkonzept entsprechend einen Titel mit breit gefächerter Anziehungskraft brauchten. Aber wir waren uns alle einig, dass der Titel auch unheimlich sein sollte. Zuerst dachten wir an „Dr. Asôs Geisterkamera“.

Izuno:

Dr. Asô ist derjenige, der die Camera Obscura10 der „Project Zero“-Serie erfunden hat. Sein Name taucht in jedem Spiel auf. 10. Camera Obscura: Eine Geisterkamera, die in der Geschichte vorkommt. Sie kann rachsüchtige Geister und andere übernatürliche Phänomene fotografieren.

Iwata:

Spieler, die die Serie kennen, werden denken: „Ach, der mal wieder?“

Kikuchi:

Genau das dachte ich auch, als ich das vorschlug, aber viele fragten nur: „Wer ist das denn?“ Das war dann also das Aus für diesen Titel. Ein ganz anderer Vorschlag war „AR-Horrorspiele“, aber das hat dann wiederum Ihnen nicht gefallen. (lacht)

Iwata:

Dieser Vorschlag hörte sich für mich wie eine Ableitung der Bezeichnung „AR Games“ an. Leute, die AR Games kennen, hätten sich eine völlig falsche Vorstellung von diesem Spiel gemacht und wären dann beim Spielen aus allen Wolken gefallen. Ich konnte zwar nachvollziehen, warum Sie diesen Titel vorgeschlagen hatten, dachte aber, dass er einen falschen Eindruck vermitteln würde.

Makino:

Er nimmt zwar auf die Horrorausrichtung des Spiels Bezug, drückt aber nichts über das Wesen des Spiels aus.

Iwata:

Genau.

Kikuchi:

Der Haupttitel „Spirit Camera“ lag lange auf dem Tisch, aber dazu hatten wir Tonnen von Untertiteln. Wir haben alle möglichen Leute nach ihrer Meinung gefragt und uns schließlich für „Das verfluchte Tagebuch“ entschieden, da dieser das Wesen und die Atmosphäre des Spiels vermittelt.