6. Was Videospiele unterhaltsam macht

Iwata:

Was ich mich die ganze Zeit fragte: Wie kann es sein, dass ein Spieldesign, das vor 25 Jahren entworfen wurde, immer noch so viel Spaß macht?

Tanabe:

Ich glaube, die grundlegenden Elemente, die ein Spiel unterhaltsam oder aufregend machen, ändern sich nicht mit der Zeit. Da Spiele jedoch immer komplizierter werden, verlieren manche das einfache Spaßerlebnis aus den Augen. Ich glaube sogar, ein Spiel wie dieses bringt mehr Frische mit sich. Unterhaltsame Dinge bleiben unterhaltsam, egal wie viel Zeit vergehen mag.

Iwata:

Wie stehen Sie dazu, Mr. Wada?

Wada:

Ich glaube, das liegt auch daran, dass Boxen eine Sportart ist, die sehr einfach zu verstehen ist. Die Regeln sind sehr einfach – man schlägt auf seinen Gegner ein und derjenige, der den anderen auf die Bretter schickt, hat gewonnen. Bei so einer einfachen Struktur finden selbst Leute, die die alten Versionen nicht kennen, dass es viel mehr Frische bringt.

Iwata:

Mr. Tanabe erwähnte gerade die Geschichte von NoA. Ich glaube, die meisten Leute, die dort arbeiten, sind jung und kennen das alte "Punch-Out!!" möglicherweise gar nicht. Glauben Sie, der Grund für ihr positives Spielerlebnis könnte darin liegen, dass Sie den Aspekt des Gedächtnisspiels genossen haben, auf dem das Spiel aufbaut?

Miyamoto:

Das ist möglich. Der Grundgedanke des Spiels ist sehr klar. In einem Egoshooter17hat man möglicherweise einige Elemente, bei denen das Gedächtnis gefragt ist, aber das Spielen auf einem Schlachtfeld dreht sich im Prinzip darum, die Angriffe verschiedener Leute zu überleben. Dann haben wir so einen Titel wie Super Mario, bei dem ganz unterschiedliche Elemente zum Einsatz kommen. Hier geht's nur darum, Figuren aus dem Weg zu gehen, die sich von selbst in der Spielwelt bewegen. 17 Egoshooter: Beschreibt das Genre eines Actionspiels, bei dem der Spieler die Handlung aus der Ich-Perspektive erlebt.

Iwata Asks
Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Die anderen Figuren sind sich gar nicht bewusst, dass Mario kommt. Sie wandern nur umher, kümmern sich um ihr Zeug, und werden plötzlich zu seinen Feinden.

Alle:

(lachen)

Miyamoto:

Gedächtnisspiele haben dagegen klare Regeln, die einfach zu verstehen sind. Sie verfügen über Taktiken und sind von gut definierten Spielelementen geprägt. Das heißt, obwohl es sich immer noch um Videospiele handelt, werden sie auf eine andere Art und Weise gespielt. Das Spieldesign von "PUNCH-OUT!!" ist gut definiert und reduziert den Spielspaß auf seinen Kern. Daher ist es wohl auch für die heutige Zeit besonders geeignet, in der alle sagen, sie hätten keine Zeit.

Tanabe:

Wenn wir es also schaffen, dass diese Spieler es ausprobieren...

Miyamoto:

...Werden sie sofort verstehen, warum es gut ist.

Iwata:

Es verfügt über eine Reihe von Dingen, die man genießen kann.

Tanabe:

Das ist richtig, aber die Messlatte wird definitiv im Verlauf des Spiels immer höher gelegt.

Iwata:

Was sagen Sie dazu, Mr. Takeda?

Takeda:

Ich hatte ein ähnliches Gefühl, als ich das Arcade-Spiel entwickelte. Damals arbeitete ich sehr hart daran, die Richtung des Spiels zu definieren, also wie ein Gegner dies oder jenes tun sollte. Tatsache ist aber: Der Automat wurde ständig mit Münzen gefüttert.

Iwata:

Ziemlich viele Leute haben ihre Münzen in die Automaten gesteckt, um das Spiel zu spielen.

Takeda:

Ich habe dann plötzlich den Grund verstanden, warum die Kunden ihre Münzen in den Automaten steckten: Es lag nicht an einer realistischen Interpretation des Boxens, sie wurden vom Kern des Sports angezogen. So ähnlich hat es Mr. Wada bereits ausgedrückt. Jeder kennt Boxen und ich glaube, jeder kennt den Sport sogar sehr gut, auch wenn er ihn möglicherweise noch nie ausgeübt hat. Das überwältigende Gefühl, einen Gegner mit schönen Kombinationen zu erwischen und auf die Bretter zu schicken ist das Erlebnis schlechthin. Ich glaube, der größte Grund für den Erfolg des Spiels lag in der grundlegenden Anziehungskraft des Boxens.

Iwata Asks
Iwata:

Der wichtigste Grund für den Erfolg war also, dass Sie sich für Boxen entschieden haben, eine Entscheidung, die daraus entstand, dass man Ihnen vorschlug, zwei Monitore zu verwenden und Leiterplatinen zu entwerfen, die damals nur eine große Person darstellen konnten?

Takeda:

Ich glaube schon.

Iwata:

Nun gut. Ich möchte meine Gäste jetzt bitten, Ihren persönlichen Kommentar zu diesem Spiel abzugeben. Beginnen wir mit Ihnen, Mr. Wada.

Wada:

Das ist das erste Mal in 22 Jahren, das ein "Punch-Out!!" in Japan verpackt im Einzelhandel erhältlich ist.

Iwata:

Sind Sie neidisch, weil es endlich eine Verpackung bekommen hat?

Wada:

Ja. Ein wenig schon. (lacht)

Alle:

(lachen)

Wada:

Ich glaube, das Spiel ist für den Kunden so zugänglich wie niemals zuvor. Deshalb würde ich es gerne sehen, dass, wenn sie sich für dieses Spiel entscheiden, sie den Kern dessen kennen lernen, was Videospiele unterhaltsam macht. Die NES-Version dient ja als Vorlage, ich kann also garantieren, dass es sehr viel Spaß machen wird.

Iwata Asks
Iwata:

Vielen Dank. Nun Sie, Mr. Tanabe.

Tanabe:

Es sind über 22 Jahre vergangen. Ich glaube, viele von denen, die die NES-Version gespielt haben, sind jetzt selbst Väter. Wenn sie sich an die Tricks erinnern, können Sie den ersten Kampf ganz leicht gewinnen und ihr Kind beeindrucken. Ich wäre sehr erfreut, wenn diese Spieler den Mehrspieler-Modus mit ihren Kindern spielen würden.

Iwata Asks
Iwata:

Das Spiel erschien vor zwei Monaten in Amerika (Mai 2009). Es verkauft sich von Woche zu Woche stetig gut. Ich habe tatsächlich von Kollegen bei NoA gehört, dass es tatsächlich Leute gibt, die das Spiel auf dem NES gespielt haben, jetzt Väter sind und es mit ihren Söhnen spielen. Nun denn, Sie sind dran, Mr. Miyamoto.

Miyamoto:

Wenn junge Spieldesigner heutzutage ein Spiel entwickeln, das keinen Spaß macht, legen sie viel neues Material nach und versuchen alles, um es unterhaltsam zu machen. Sogar dann, wenn sie das nutzen könnten, was vor ihren Augen liegt, um es zu verbessern, bringen sie lieber neue Inhalte heraus.

Iwata:

Sie bringen immer mehr neues Material zu einem Spiel heraus und versuchen so, ein bisschen Spaß herauszuquetschen.

Miyamoto:

Sie fügen immer etwas hinzu. Das ist ein relativ neuer Trend im Spieldesign. Es scheint aber, dass diese Version von "Punch-Out!!" anders entwickelt wurde. Hier ist man zurück zu den Wurzeln des Spieldesigns gegangen. Ich glaube jedoch, dass das Spiel einfach zu verstehen ist. Wann auch immer ich Mütter sehe, sage ich ihnen, sie sollen ihre Spielscheu ablegen und, wenn sich irgendwo in der Nähe eine Wii-Konsole befindet, es einmal versuchen. Ich glaube, auch Mütter finden das Spiel aufregend.

Iwata Asks
Iwata:

Und schließlich Sie, Mr. Takeda.

Takeda:

Ich würde mich freuen, wenn nicht nur Leute das Spiel kaufen würden, die den Arcade-Automaten oder die NES-Versionen gespielt haben. Ich möchte, dass möglichst viele neue Leute das Spiel ausprobieren und für sich entdecken, wie viel Spaß Boxen machen kann.

Iwata Asks
Iwata:

Nun, dann gebe ich meinen abschließenden Kommentar ab. Ich glaube, Leute, die das Spiel zum ersten Mal ausprobieren, werden ihren Spaß daran haben. Die Veteranen, die in den Arcade-Hallen, auf dem NES oder dem Super Nintendo geboxt haben, werden ebenfalls nicht enttäuscht. Auf der anderen Seite entstand dieses Spiel in einer Ära, in der Videospiele viel kompakter waren. Dieses Produkt verkörpert dies, nur eben in einem modernen Stil. Das Spieldesign ist denkbar einfach, und doch werden die Leute davon angezogen und wollen es immer wieder spielen. Deshalb würde ich es gerne sehen, dass Leute, die schon seit vielen Jahren Videospiele genießen, diese interessante Kombination erleben. Es werden nicht mehr viele solche Spiele herausgebracht, daher hoffe ich, dass die Fangemeinde, die diese Sorte Videospiel besonders mag, wächst, und sei es nur um eine Person. Und zwar sowohl bei Leuten, die schon seit Jahren Fans von Videospielen sind, als auch bei den Personen, die diese Welt gerade erst für sich entdecken.

Iwata Asks
Miyamoto:

Mr. Takeda, klingt das nicht aufregend?

Takeda:

Oh, ja!

Miyamoto:

Wir können uns schon darauf freuen. Aber glauben Sie nicht auch, dass wir jetzt viele Anfragen von Leuten bekommen, die das lesen, die sich mehr Spiele von Mr. Takeda wünschen?

Alle:

(lachen)

Tanabe:

Dann werden wir aber auch von Anfragen überwältigt, die sich wünschen, dass Sie mehr Bilder zeichnen, Mr. Miyamoto.

Miyamoto:

Oh, das hoffe ich nicht.

Alle:

(lachen)