6. Spontane Ideen aufschreiben

Iwata:

Also gut, reden wir nun über Flipnote Studio. Diese Daumenkinos, die man an den Seitenecken eines Buchs oder Notizhefts zeichnet und die Anime, an denen Mr. Kotabe gearbeitet hat, sind in vielerlei Hinsicht total unterschiedlich. Man könnte aber auch sagen, sie teilen sich denselben Ursprung. Mr. Koizumi, was haben Sie gedacht, als Sie Mr. Kotabe Flipnote Studio gezeigt haben? Da Sie so lange der Lehrling des Meisters waren, waren Sie bestimmt aufgeregt. Oder hatten Sie Angst?

Koizumi:

Ich war mir ziemlich sicher, dass es ihm gefallen würde. Als ich ihm das Konzept zum ersten Mal erklärt habe, wusste ich, wenn ich ihm sage, ich wollte Bewegung in Bilder bringen, dass er mich versteht. Deshalb konnte ich ihm selbstbewusst davon erzählen.

Kotabe:

Als ich davon hörte, dachte ich, es sei eine interessante Möglichkeit, Animationen zu zeichnen.

Koizumi:

Im Inneren war ich aber ganz schön nervös. (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Mr. Kotabe, was halten Sie davon, dass diese Firma, für die Sie so lange gearbeitet haben, plötzlich etwas entwickelt, das man als Ursprung von Anime bezeichnen könnte, und es Personen kostenlos anbietet, die sich Nintendos neue Spielkonsole kaufen, den Nintendo DSi?

Kotabe:

Was? Es ist kostenlos? Das wusste ich nicht. Oh... das ist aber außergewöhnlich. In meiner Zeit hat es ewig gedauert, bis wir endlich eine Animation auf dem Bildschirm sehen konnten.

Iwata:

Bestimmt.

Kotabe:

Wir haben die Bewegungen von Hand gelernt, indem wir Bilder Frame für Frame gezeichnet und sie durchgeblättert haben, um die allgemeine Geschwindigkeit herauszufinden. Doch wenn man so etwas von Hand macht, erscheint etwas manchmal nicht so korrekt.

Heutzutage gibt es natürlich Computer, mit denen man sich das tatsächliche Timing ansehen kann, aber es ist unglaublich, wie einfach dies mit Flipnote Studio ist. Doch das ist nicht alles: Man kann Dutzende von Frames verwenden und es gibt sogar Frame-Einstellungen. Ich glaube, das war nur möglich, weil Mr. Koizumi sich mit Animationen so gut auskennt.

Koizumi:

Ich habe alles von Ihnen gelernt! (lacht)

Mr. Kotabe hat die ursprünglichen Zeichnungen angefertigt und ich war für die Abzüge verantwortlich, die er dann überprüfte. Die Linien, die er zeichnete waren so was von elegant. Er kann Linienzeichnungen anfertigen, die alleine schon überzeugend sind. So erkannte ich schon damals, dass man eine komplette Animation mit Linien und ihren Bewegungen kreieren konnte.

Iwata:

Sehr interessant.

Koizumi:

Japanische Anime verfügen über elegante Linienführung und unglaubliche Dynamik. Die Anime-Techniken, die Mr. Kotabe und andere in den frühen Zeiten von Toei Animation etabliert haben, sind sehr beeindruckend. Ich möchte diese kreative Kraft wieder zu Tage fördern.

Kotabe:

Als ich manchmal mit dem Programm so vor mich hin gekritzelt habe, habe ich mir oft ein Werkzeug gewünscht, das mir helfen könnte. Es nicht zu haben, war kein Hindernis an sich, aber trotzdem wäre es wünschenswert.

Koizumi:

Welche Art Werkzeug meinen Sie?

Kotabe:

Eine Art Skizzenwerkzeug. Wenn ich beispielsweise ein seilspringendes Mädchen zeichnen wollte, müsste ich, um ihr Gesicht schön zu zeichnen, es als erstes skizzieren. Ein Werkzeug dafür fehlte mir aber. Wenn ich für eine grobe Skizze graue Farbe hernehmen dürfte, könnte ich es genauer skizzieren.

Iwata:

Keine Sorge. Wir haben vor, so ein Werkzeug in Flipnote Studio Version 2 zu integrieren.

 

Iwata Asks
Kotabe:

Oh, das kann man machen? Das ist ja ausgezeichnet! (lacht)

Alle:

(lachen)

Kotabe:

Sie haben sich das wirklich durchdacht. Ich bin beeindruckt.

Koizumi:

Als Erstes bringen wir die Basis heraus, später dann, wenn sich alle mehr Funktionen wünschen, veröffentlichen wir Version 2. Wenn wir Nutzern viele Funktionen gleichzeitig an den Kopf werfen, sind manche vielleicht ein wenig verwirrt. Außerdem werden die absoluten Standardfunktionen schriftlich erklärt, wohingegen für die restlichen Funktionen Symbole reichen müssen. Wenn man eines dieser Symbole bemerkt, fragt man sich, was es ist, und probiert es aus. Es würde mir gefallen, wenn sich alle Nutzer austauschen und einander verraten, was Sie herausgefunden haben.

Iwata:

Als Sie Mr. Kotabe Flipnote Studio gezeigt haben, welchen Aspekt der Software wollten Sie da ganz besonders unterstreichen?

Koizumi:

Wie einfach sie das Zeichnen macht. Man kann etwas zeichnen und es in Bewegung setzen – in nur zwei einfachen Schritten. Sie finden wohl nichts Ähnliches, das Ihnen so etwas mit dem Touchpen erlaubt.

Iwata:

Sobald man etwas gezeichnet hat, kann man es sofort bewegen und die Animation überprüfen. Mr. Kotabe, Sie als Animationsexperte, finden Sie das nicht unglaublich?

Kotabe:

Es ist in der Tat unglaublich. Wenn ein professioneller Anime-Zeichner eine Idee hat, kann er für gewöhnlich nicht sofort überprüfen, wie gut sie umgesetzt werden kann. Dafür ist bestimmtes Material erforderlich. Mit Flipnote Studio dagegen ist Zeichnen ein Klacks.

Iwata Asks
Miyamoto:

Und ist es nicht toll, dass man überall zeichnen kann? Ich habe früher während des Unterrichts in meinen Büchern gekritzelt, weil ich so viel Zeit hatte und mir langweilig war.

Iwata:

Moment, ist das der Grund, warum Sie in den Nintendo-Meetings immer Karikaturen zeichnen?

Alle:

(lachen)

Iwata:

Sie geben dann vor, sich Notizen zu machen, aber in Wirklichkeit zeichnen Sie nur die Gesichter unserer Besucher. Das ist dann wohl eine ganze besondere Art von Memo.

Miyamoto:

Genau. Ich will doch nicht vergessen, wen ich an diesem Tag getroffen habe. In der letzten Zeit bin ich aber nicht so dazu gekommen.

Koizumi:

Jetzt können Sie das ja in Flipnote Studio machen.

Miyamoto:

Großartige Idee!

Alle:

(lachen)