4. Mehr als nur größer

Iwata:

Mr. Tanaka, bitte entschuldigen Sie, dass Sie so lange warten mussten.

Tanaka:

Ach nein, das macht doch nichts! (lacht)

Iwata:

Könnten Sie uns sagen, welche Ziele Sie bei der Software des Nintendo 3DS XL erreichen wollten?

Tanaka:

Natürlich. Die oberste Priorität bei der Software war es, sie so weit wie möglich identisch zum Nintendo 3DS zu gestalten, damit die Entwickler keine zusätzlichen Schwierigkeiten haben.

Iwata Asks
Iwata:

Da es eine voll kompatible Hardware ist, muss dieselbe Software auch fehlerlos darauf laufen, damit die Entwickler und auch die Spieler keine Unterschiede bemerken.

Tanaka:

Richtig. Aber einige Dinge mussten einfach geändert werden, also haben wir entsprechende Anpassungen vorgenommen, um die Unterschiede so gering wie möglich zu halten.

Iwata:

Damit die Software-Programmierer keine Schwierigkeiten dabei haben, die Hardware-Unterschiede mit einzubeziehen.

Tanaka:

Ja. Aber als wir mit der Arbeit am Nintendo 3DS XL-Projekt begonnen haben, waren viele Aspekte auch firmenintern immer noch geheim. Es war äußerst schwierig, all diese Geheimnisse im Verborgenen zu halten und gleichzeitig Fortschritte zu machen.

Iwata:

Ah, ich verstehe. (lacht) Wenn man sich in einer Umgebung bewegt, in der man verhindern muss, dass bestimmte Informationen sich firmenintern verbreiten, sind in der Vorbereitungsphase verschiedene Ansätze nötig. Welche Aspekte haben sich denn beim System geändert?

Tanaka:

In vielen Illustrationen für die Spieler findet man Hinweise zu den Hardware-Features, also zum Beispiel wo man den Touchpen unterbringt und wo die SD Card eingeschoben wird. Beim Nintendo 3DS XL wurden diese Elemente verändert. Hinweis: Diese Farbvariante des Nintendo 3DS XL ist nicht in Europa erhältlich.

Iwata Asks
Iwata:

Der SD Card-Steckplatz ist von der linken auf die rechte Seite des Geräts gewandert und man holt den Touchpen auch seitlich aus dem Gerät. All diese Punkte mussten Sie beachten.

Tanaka:

Ja. Der Touchpen besteht jetzt auch aus einem anderen Material. Die Texte, die solche Dinge betreffen, mussten wir also ändern. Es hat sich auch mehr geändert, als wir anfangs vermutet hatten, deshalb mussten wir uns wirklich anstrengen, um alles entsprechend anzupassen.

Koshiishi:

Eine große Veränderung, die auch die Software betrifft, ist der Klick beim 3D-Tiefenregler.

Iwata:

Ah, wenn man von 3D- zur 2D-Darstellung wechselt, gibt es jetzt einen Klick.

Tanaka:

Das System ist dasselbe wie beim Nintendo 3DS, deshalb haben wir alle Werte dieses Vorgangs so angepasst, dass alles genau gleich funktioniert, abgesehen vom Klick.

Koshiishi:

Für so etwas müssen sich doch normalerweise viele Abteilungen absprechen und zusammenarbeiten.

Tanaka:

Ja, aber wenn man miteinander telefoniert, könnten andere Leute etwas mitkriegen, deshalb haben wir hauptsächlich Emails geschrieben.

Iwata:

Es ist bestimmt ziemlich schwierig, solche Vorbereitungen im Geheimen durchzuführen.

Tanaka:

Es gab eine Reihe von Gründen dafür, warum es wirklich schwere Arbeit war! (lacht)

Iwata:

Ich verstehe. Um noch einmal auf die Hardware zurückzukommen, denke ich, dass sich viele Spieler wegen der Größe und des höheren Gewichts des Nintendo 3DS XL auch Gedanken über die Stabilität und Strapazierfähigkeit der Hardware machen. Ich kann mir vorstellen, dass die Schwierigkeiten in diesem Bereich bestimmt auch sehr herausfordernd waren. Gab es da Probleme?

Murakami:

Also, wir kannten ja schon die strukturellen Schwachpunkte und wussten, an welchen Stellen Krafteinwirkungen zu Schäden führen können.

Iwata:

Wie identifiziert man denn solche Punkte?

Murakami:

Es würde zu lange dauern, das erst zu prüfen, nachdem die Hardware bereits produziert worden ist, deshalb haben wir zuerst eine Simulation der Design-Daten vorgenommen. Diese Schätzwerte haben wir dann im Laufe der Entwicklung immer wieder überprüft.

Iwata:

Man kann also schon vor der Produktion eine gewisse Einschätzung treffen.

Murakami:

Ja. Wir konnten zumindest schon Näherungswerte abschätzen, dann Prototypen entwickeln und mit der Feinabstimmung fortfahren.

Iwata:

Worauf haben Sie denn bei den Simulationen des Nintendo 3DS XL geachtet?

Fujita:

Der obere Bildschirm ist größer, also haben wir sehr darauf geachtet, dass das Scharnier das Gewicht tragen kann. Das Gewicht des Gehäuses, dass gestützt werden muss, hat zugenommen, deshalb hat das Scharnier jetzt im Vergleich mit dem Nintendo 3DS - grob gesagt - das doppelte Drehmoment10. 10 Drehmoment: Gerichtete Kraft, die zur Rotation eines Objekts nötig ist. Das Drehmoment wird in Newtonmeter (N m) angegeben.

Iwata Asks
Iwata:

Doppelt so viel? Aber wenn Sie es nicht so stark gemacht hätten, würde es das zusätzliche Gewicht nicht stabil tragen können.

Fujita:

Richtig. Manche Spielelemente nutzen alle Sensoren des Systems, so dass viel Festigkeit nötig war, damit die obere Hälfte dabei nicht einfach umklappt.

Iwata:

Aber mehr Festigkeit ist ja nicht immer besser.

Fujita:

Nein. Es kann dadurch unter Umständen sogar leichter zu Beschädigungen kommen. Deshalb haben wir Prototypen an unser Reparatur- und Wartungszentrum und an den Kundenservice übergeben, damit sie einen Blick darauf werfen konnten. Sie haben alles gründlich ausprobiert und wiederholt Feinabstimmungen im Bereich von einzelnen Newtonzentimetern vorgenommen.

Iwata:

Und dann muss man ja auch erstmal ein Bauteil herstellen, das so viel Drehmoment aushalten kann.

Fujita:

Ja. Beim bestehenden Design hatte der Drehstift des Scharniers nicht genügend Tragekraft. Ich habe den Rat von Mr. Koshiishi befolgt und dafür ein separates Bauteil aus einem speziellen Kunststoff anfertigen lassen. So konnten wir ein hohes Drehmoment erreichen und dabei auch noch Platz sparen.

Iwata:

Ich verstehe. Sie haben also speziell für dieses eine Bauteil einen besonderen Kunststoff verwendet?

Koshiishi:

Genau. Und um für noch mehr Festigkeit zu sorgen, haben wir das Design zusätzlich prüfen lassen und noch mehr Simulationen berechnet.

Iwata Asks
Iwata:

Wie sehen denn solche Design-Prüfungen aus?

Murakami:

Wir haben Spezialisten aus verschiedenen Arbeitsbereichen zusammengerufen und die Designs prüfen lassen, bevor wir die Testmodelle angefertigt haben. Wir haben unsere Designs erläutert, die Einwände der Spezialisten gehört und sie dann in den neuen Entwürfen berücksichtigt. Das haben wir diesmal häufiger und früher gemacht.

Iwata:

Sie haben also die Erfahrung und das Fachwissen von Spezialisten aus verschiedenen Bereichen berücksichtigt.

Murakami:

Ja. Schon ab einem früheren Zeitpunkt als sonst haben wir kooperative Zusammenarbeit zwischen der Entwicklungs-Design-Abteilung und der Produktionsabteilung angeregt. Wir haben auch schon früh die Meinungen des Reparatur- und Wartungszentrums und des Kundenservice eingeholt.

Iwata:

Welche anderen Vorschläge kamen denn noch vom Reparatur- und Wartungszentrum und vom Kundenservice?

Miyatake:

Ein wichtiger Punkt war das Design der Batteriefachkerbe, um die Abdeckung abnehmen zu können.

Murakami:

Ah, richtig. Die äußeren IMD-Teile sind ja ziemlich unterschiedlich zum Vorgänger. Die Spieler sollten aber das Batteriefach öffnen können, um die Batterie zu entnehmen, und wir haben darüber gesprochen, wie das am einfachsten gehen würde.

Iwata:

Im Normalfall will man ja nicht, dass sich die Abdeckung zu einfach entfernen lässt, aber wenn man es doch tun möchte, darf es auch nicht zu schwierig sein.

Murakami:

Darüber haben wir intensiv diskutiert und zum Beispiel besprochen, ob es Schrauben geben sollte, wo sie angebracht werden und welche Form die Fingerkerbe haben sollte.

Iwata:

Das Reparatur- und Wartungszentrum und der Kundenservice hören oft die Meinungen von Kunden, so dass sie sehr realistische Ratschläge geben konnten.

Miyatake:

Stimmt. Zuerst hatten wir eine Erhebung an der Batteriefachabdeckung. So konnte man sie leicht entfernen, aber sie war an einer Stelle, wo sie stören könnte, wenn man die L- und R-Tasten benutzt. Es gab auch Bedenken, dass die Leute versuchen könnten, die Abdeckung zu öffnen, bevor die Schrauben entfernt worden sind. Also haben wir beschlossen: "So geht es einfach nicht!" (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyatake:

Wir haben also verschiedene Prototypen ohne Erhebungen anfertigen lassen und uns für eine der vorgeschlagenen Varianten entschieden, nachdem wir darüber nachgedacht hatten, wie oft man die Abdeckung tatsächlich öffnen würde.

Koshiishi:

Während der Entwicklung gab es auch noch andere Änderungen und unsere Vertragspartner-Fabrik in China hat uns mit vielen Dingen geholfen, wie zum Beispiel der Anfertigung der Metallgussformen und der Färbung.

Iwata:

Je länger ich Ihnen zuhöre, um so mehr wird mir klar, dass es um viel mehr ging, als das System einfach nur größer zu machen. Wenn der Bildschirm über 90% größer ist und das System 40% mehr wiegt, müssen viele Elemente neu konstruiert werden. Das heißt, dass nicht nur die Hardware-Entwicklungsabteilung, sondern auch viele andere Abteilungen und beteiligte Firmen schon früh miteinbezogen werden müssen.