2. Mit von der Partie

Iwata:

Sie beide hatten also denselben Gedanken und fingen dann mit der Arbeit an kurzen Levels an. Wie ist das gelaufen?

Tezuka:

Zu dieser Zeit hatten wir die Level in "New Super Mario Bros. U" gerade gekürzt und den Schwierigkeitsgrad erhöht. Und wenn man sie gespielt hat, haben sie so auch richtig Spaß gemacht. Selbst bei den Levels, die wir schon kannten, gab es so mehr Optionen im Spiel, und das hat für ein sehr originelles Spielgefühl gesorgt. Aber wir hatten noch nicht darüber nachgedacht, ob wir wirklich viele herunterladbare Inhalte erstellen wollten.

Iwata:

Normalerweise würde man ja auch nicht auf die Idee kommen, alle Level eines bereits veröffentlichten Spiels zu verändern und sie als Zusatzinhalte nochmal zur Verfügung zu stellen! (lacht)

Tezuka:

Aber wir haben schließlich doch entschieden, dass das eigentlich eine gute Idee war! (lacht)

Iwata:

Auch als Zusatzinhalt?

Tezuka:

Ja. Ich dachte, dass wir etwas Neues anbieten könnten, indem wir alle Level kürzer machen.

Iwata:

Mr. Takemoto, als Mr. Tezuka vorgeschlagen hat, alle bestehenden Level zu verändern, was haben Sie da gedacht?

Takemoto:

Ich dachte, dass das wahnsinnig viel Arbeit sein würde! (lacht)

Iwata:

Als ob man Ihnen gesagt hätte, dass Sie zusätzlich noch ein komplett neues Spiel entwickeln sollten. (lacht)

Takemoto:

Außerdem hatten wir bei der Entwicklung von "New Super Mario Bros. U" ja versucht, so viele Inhalte wie möglich zu integrieren, um alle Ideen zu nutzen, die das Team ausgearbeitet hatte. Gegen Ende der Entwicklung, als Mr. Tezuka dann seinen Vorschlag gemacht hatte, dachte ich: "Können wir wirklich noch ein komplettes zusätzliches Spiel umsetzen?" Und ich war auch ziemlich besorgt darüber, um ganz ehrlich zu sein.

Tezuka:

Die anderen Mitarbeiter sagten z. B.: "Aber wir sind total erschöpft!" und "Wir haben doch schon unsere ganze Energie investiert!" (lacht)

Iwata:

Sie meinten also ungefähr: "Wir sind schon am Ende unserer Kräfte - was verlangen Sie da von uns?!" (lacht)

Tezuka:

So war auf jeden Fall die allgemeine Stimmung!

Iwata:

Die Level sollten zwar kurz sein, aber für sie war es so, als ob sie gerade einen Marathon hinter sich gebracht hätten, und Sie ihnen dann direkt vor der Ziellinie gesagt hätten: "So, und jetzt lauft noch eine halbe Marathon-Strecke mehr." (lacht)

Tezuka:

Das stimmt. Aber ich sagte nur: "Habt ihr wirklich schon alle eure Ideen verbraucht?" (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Sie dachten, dass sie noch weiter laufen könnten? (lacht)

Tezuka:

Ja. Zumindest, als ich in Ruhe darüber nachgedacht habe, bin ich davon ausgegangen, dass sie noch mehr machen könnten.

Iwata:

Das sieht Ihnen ähnlich, so etwas Gewagtes ganz beiläufig zu sagen. (lacht)

Alle:

(lachen)

Tezuka:

Und das war noch nicht alles. (lacht)

Iwata:

Ach ja? (lacht)

Tezuka:

Als die Entwicklung von "New Super Mario Bros. 2" für den Nintendo 3DS abgeschlossen war, hatten einige Level-Designer wieder etwas freie Zeit, also habe ich sie mit ins Team geholt.

Iwata:

Sie haben also frische Mitarbeiter dazu geholt?

Tezuka:

Genau. Beide Spiele sind zwar Teil der "New Super Mario Bros."-Reihe, aber die Entwicklung eines Spiels für ein tragbares System und für eine Heimkonsole sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Meine Hoffnung war, dass wir ein originelles Ergebnis erzielen könnten, wenn wir mit einem frischen Team daran arbeiten würden. Ich wusste schon, dass meine Vorgaben ziemlich abwegig waren, aber ich habe den Mitarbeitern gesagt, dass sie trotzdem einfach mal anfangen sollten, und dann würden wir schon sehen.

Iwata:

Wie war das, als Sie auf diese Art neuen Input erhalten haben?

Takemoto:

Das war sehr erfrischend. Ganz ehrlich: Wir hatten ja gerade erst alle Level für "New Super Mario Bros. U" umgesetzt, und waren völlig erschöpft ...

Iwata:

Und dann kam eine Gruppe von motivierten Leuten dazu, die sich direkt voller Energie eingebracht und an neuen Levels gearbeitet haben.

Takemoto:

Ja. Die Leute, die neu dazugekommen waren, haben mit viel höherem Tempo neue Level umgesetzt, und ich habe mir schon Sorgen gemacht, ob die Entwickler, die von Anfang an dabei gewesen waren, überhaupt klarkommen würden. Aber vielleicht haben die Neulinge die anderen auch mitgerissen, denn nach und nach kamen dann eine Menge neue Ideen auf, und deshalb war das auch bestimmt der richtige Vorschlag von Mr. Tezuka, frische Leute ins Team zu holen.

Tezuka:

(erfreut) Dann ist es ja gut! (lacht)

Takemoto:

Und wenn es z. B. um die Umsetzung von neuen Levels geht, setzt ein Wii U-Team eher eine Mehrspieler-Situation voraus, und erstellt im Normalfall größere Level. Aber die Nintendo 3DS-Mitarbeiter gehen von einem Einzelspieler-Modus aus, und deshalb konnten wir die neuen Levels für "New Super Mario Bros. U" meiner Meinung nach mit einem neuen Spielgefühl bereichern.

Tezuka:

Und dabei haben alle so schnell gearbeitet, dass ich schon dachte, dass wir früher als erwartet fertig werden würden.

Iwata:

Sie haben schnell Fortschritte gemacht.

Tezuka:

Ja.

Iwata:

Was war denn zu dieser Zeit mit Luigi?

Tezuka:

Da sind wir noch von Mario ausgegangen.

Iwata:

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, als die Hauptfigur im Spiel von Mario zu Luigi geworden ist. In einer Besprechung sagten Sie auf einmal: "Ich denke, wir werden ein Luigi-Spiel aus den herunterladbaren Inhalten für 'New Super Mario Bros. U' machen."

Tezuka:

Ja, richtig. Sie hatten in einer anderen Besprechung erwähnt, dass Sie dieses Jahr zum "Jahr des Luigi" ernennen wollten, und ich dachte: "Oh, dann sollten wir unser aktuelles Projekt daran anpassen!"

Iwata:

Luigi hatte seinen ersten Auftritt ja vor 30 Jahren im Jahr 1983, im Arcade-Spiel "Mario Bros."6, und wir veröffentlichen dieses Jahr eine Reihe von Spielen, in denen Luigi die Hauptrolle spielt - wie z. B. "Luigi's Mansion 2"7. Deshalb habe ich Mr. Miyamoto gefragt, was er davon halten würde, dieses Jahr zum "Jahr des Luigi" zu ernennen, und er stimmte sofort zu. Er sagte: "Es wäre bestimmt toll, die Aufmerksamkeit auf Luigi zu richten, der sonst oft im Schatten steht", und ich sagte: "Dann ziehe ich mir für Nintendo Direct8 auch eine Luigi-Mütze an!" (lacht)6. Mario Bros.: Ein Action-Spiel, das 1983 in die Spielhallen kam. 7. Luigi's Mansion 2: Ein Action-Abenteuer-Spiel, das im März 2013 für das Nintendo 3DS-System veröffentlicht wurde.8. Nintendo Direct: Da im Jahr 2013 30 Jahre seit Luigis erstem Auftritt im Jahr 1983 in der Spielhallen-Version von "Mario Bros." vergangen sind, trat Satoru Iwata in der 'Nintendo Direct'-Ausgabe vom 14. Februar 2013 mit einer Luigi-Mütze auf, um das "Jahr des Luigi" einzuläuten.

Alle:

(lachen)

Iwata:

Und Sie wollten also auch mit von der Partie sein. (lacht)

Tezuka:

Ich sagte: "Da bin ich auf jeden Fall dabei!" (lacht) Ich habe mir aber auch wirklich viele Gedanken über die herunterladbaren Inhalte gemacht. Ich war einfach nicht sicher, welche Richtung wir damit einschlagen sollten. Aber ich dachte, dass es viel Aufmerksamkeit erregen würde, wenn wir nicht nur einfach die vertrauten Zusatzinhalte anbieten, sondern dabei auch Luigi zur Hauptfigur machen würden. Und ich dachte auch, dass es uns eine Richtung vorgeben würde, wenn wir das Spiel um Luigi herum gestalten würden; so könnten wir bei der Entwicklung sehr zielgerichtet vorgehen, und hätten es damit natürlich auch leichter.

Takemoto:

Richtig.

Tezuka:

Für mich war das "Jahr des Luigi" also eine Riesenhilfe!

Iwata:

Mr. Miyamoto und ich haben Ihre Idee bei der Besprechung dann ja auch in den höchsten Tönen gelobt.

Tezuka:

So viel Lob höre ich sonst eigentlich nicht! (lacht)

Alle:

(lachen)