6. Eine Welt im Wandel

Iwata:

Einen weiteren großen Reiz der "Monster Hunter"-Serie macht die Online-Jagd gemeinsam mit Freunden aus. Ich könnte mir aber vorstellen, dass manche zögern, es auszuprobieren.

Tsujimoto:

Ja, wenn Sie aber mit dem Netzwerk verbunden sind und Ihre Freunde auf Monsterjagd sind, können Sie ihre Chat-Nachrichten lesen, wie etwa: "Blitzbomben funktionieren ganz gut gegen dieses Monster" und "Bei diesem hier reicht es nicht aus, es in eine Grube zu locken." Selbst, wenn Sie also alleine angeln, erhalten Sie Informationen von versierten Spielern.

Iwata:

So ist das also. Man kann selbst beim Angeln etwas über die Jagd lernen. (lacht)

Tsujimoto:

Wenn Sie das nächste Mal vielleicht bei der Jagd mitmachen, erinnern Sie sich: "Ah, stimmt, die haben gesagt, dass Blitzbomben bei diesem Monster funktionieren..." (lacht)

Iwata:

Wenn man dann jagen geht und es ausprobiert, muss es sich toll anfühlen, wenn es tatsächlich funktioniert.

Tsujimoto:

Ich glaube schon.

Fujioka:

Diese Software eignet sich gut für erfahrene Spieler, um ihr Wissen mit Neulingen zu teilen.

Iwata:

Man will ja alle Freunde wissen lassen, wie viel Spaß man hatte.

Fujioka:

Wie etwa: "Am Anfang ist es in Ordnung, einfach nur angeln zu gehen, aber beim nächsten Mal nehmen wir es vielleicht gemeinsam mit ein paar Monstern auf."

Iwata:

"Nächstes Mal überlasse ich dir den letzten Stoß." (lacht)

Fujioka:

Genau! So könnte es ablaufen! (lacht) Wenn man außerdem jagen geht und von einem Monster getroffen wird, kann ein guter Spieler einem aus der Patsche helfen, indem er sagt: "Ich lenke es ab!" oder "Heile dich jetzt!" Auf diese Weise arbeiten alle zusammen und Spieler, die anfangs nicht so gut sind, sammeln Erfahrung und werden besser. Und bevor man sich versieht, ist man ziemlich gut in Action-Spielen. Während man Erfahrung sammelt, kann man Dinge vollbringen, die wirklich beeindruckend sind. (lacht)

Iwata Asks
Tsujimoto:

Ihre Jagdkumpane sind quasi Spieleberater. Selbst wenn Sie spielen, ohne die Anleitung gelesen zu haben, bringt Ihnen jeder alles Mögliche bei.

Fujioka:

Das ist ja das Tolle an Online-Spielen.

Iwata:

Ich denke, es liegt daran, dass "Monster Hunter Tri" auf kooperatives Spielen ausgelegt ist. Würden die Spieler gegeneinander antreten, würden sie einen Großteil ihrer Energie aufwenden, um andere zu besiegen.

Fujioka:

Abgesehen davon, wenn man eine Handlung durchführt, sind Sie nicht der Einzige, der von ihr profitiert...

Iwata:

Alle haben etwas davon, nicht wahr? Die Spieltheorie ist meiner Meinung nach hervorragend strukturiert.

Tsujimoto:

Es gibt keinen negativen Aspekt an der Teilnahme. Alles bekommt der Spieler in einer positiven Form zurück. Das Ausmaß an Positivem ändert sich mit den Gewinnchancen.

Fujioka:

Also macht es auch nichts aus, wenn man etwas verbockt hat. Ich glaube, es ist großartig, eine Welt zum Erkunden zu haben, in der alle lachen und miteinander auskommen können. Noch als wir uns mitten in der Entwicklung befunden haben, und ich die Testspieler beim Ausprobieren gesehen habe, ist mir vor allem das aufgefallen. Selbst wenn jemand gesagt hat: "Oh, ich hab's vermurkst", hat er das mit einem Lächeln gesagt.

Iwata:

Wenn man so etwas sieht, denkt man: "Das haben wir gut gemacht."

Fujioka:

Natürlich. Wenn es nicht in Ordnung ist, auch mal zu scheitern, dann baut das sehr viel Druck auf. Plötzlich will man nicht mehr online spielen.

Iwata:

Diese Freiheit, auch mal zu versagen, ist sehr wichtig. Ohne sie wäre das Spiel sehr deprimierend.

Fujioka:

Viele Leute, die nicht besonders gut bei Spielen sind, wollen den anderen Spielern keine Probleme bereiten, sie aufhalten oder ihnen hinterherhinken.

Iwata:

Wenn das Spiel aber so aufgebaut wäre, dass beim Erlegen eines Monsters die tüchtigste Person alle Belohnungen erhält, würden wohl nicht so viele Spieler an der Jagd teilnehmen.

Fujioka:

Ein Wettstreit um den ersten Platz wäre brutal. Das wollten wir auf keinen Fall. Als wir die Arbeit an der "Monster Hunter"-Serie angefangen haben, ging es bei den meisten Online-Spielen darum, Gegenstände untereinander zu tauschen. Sicher kann man beim Geben oder Erhalten eine gewisse Unterhaltung erleben. Im Gegensatz zu diesem Prinzip haben wir uns entschieden, dass die Verteilung von Belohnungen an die Teilnehmer zufällig abläuft. Als wir anschließend festgelegt haben, dass nur die Person, die die Belohnung erhalten hat, sie auch verwenden kann, haben wir eine feste Grundlage für kooperatives Spielen gebildet. So kommt es, dass es bei diesem Spiel leicht fällt, Leute zum Spielen einzuladen.

Iwata:

Eine weitere wichtige Bedingung dafür, wie gut sich etwas verbreitet, besteht darin, wie leicht es ist, Andere zum Spielen einzuladen. Meiner Meinung nach ist die Struktur von "Monster Hunter" in dieser Hinsicht unglaublich gut aufgebaut.

Fujioka:

Vielen Dank für dieses Kompliment. Die grundlegenden Elemente funktionieren, wie ich finde, wirklich gut.

Iwata:

"Monster Hunter Tri" kann zwar in kleine Spielsitzungen unterteilt werden, wirklich eifrige Spieler von "Monster Hunter" werden damit jedoch Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Stunden verbringen. Warum glauben Sie spielen die Leute es so ausgiebig?

Fujioka:

Am Anfang habe ich gedacht, je mehr man in ein Spiel eingebaut hat, desto mehr Zeit werden die Leute damit verbringen, es zu spielen.

Iwata:

Das würde man normalerweise annehmen, ja. In einem Spiel steckt sehr viel, also spielt man es auch lange. Wenn es jede Menge Szenarien und Level gibt, kann man ein Spiel durchaus lange spielen. Das ist die allgemeine Betrachtungsweise in der Videospiele-Industrie, die dazu geführt hat, dass Spielinhalte geradezu explodiert sind.

Iwata Asks
Fujioka:

Ich habe aber festgestellt, dass es nicht stimmen kann, als ich das Phänomen bei der Handheld-Serie miterlebt habe. Sie verfügt wirklich nicht über so viel Inhalt, dass man damit Tausende von Stunden verbringen kann. Ich habe mitbekommen, dass diejenigen, die so lange spielen, die gleichen Dinge immer wieder gemacht haben. Sie erhalten irgendwelche Rohstoffe als Belohnung, aber sie spielen nicht deswegen. Ich habe das Gefühl, sie spielen so viele Stunden einfach, weil sie gerne gemeinsam mit ihren Freunden spielen.

Iwata:

Mit anderen Worten: Ihre Motivation besteht nicht unbedingt darin, ein neues Szenario zu spielen, bis zu einer bestimmten Stelle vorzudringen, ein Ende zu erreichen oder eine neue Waffe zu erhalten. Viele Leute spielen "Monster Hunter" tausende von Stunden, weil der Aufenthalt in der Welt von "Monster Hunter" mit ihren Freunden einfach unterhaltsam ist.

Fujioka:

Ich denke schon.

Iwata:

Was haben Sie also in "Tri" eingebaut, um diese Spieler über längere Strecken zu motivieren?

Fujioka:

Wir haben eine Art "Wandelfaktor" eingebaut. Wenn Spieler einen Quest mehr als einmal absolvieren, werden sie jetzt oft denken: "Letztes Mal war es so, aber dieses Mal ist es ein wenig anders."

Iwata:

Wandelfaktor? Meinen Sie kleine Variationen?

Fujioka:

Ja. Wenn Sie sich an denselben Ort begeben, war dort vielleicht beim letzten Mal nichts, aber beim erneuten Aufsuchen gibt es da etwas, also untersuchen Sie es. Oder es gab beim letzten Mal nur ein Monster, aber aus irgendeinem Grund sind da jetzt zwei. Die Änderungen geschehen stückchenweise. Sie geschehen aber nicht immer im gleichen Ausmaß und sie sind nicht fest verankert. Bestimmte winzige Elemente werden zufällig verschoben.

Iwata:

So ist das also. Wenn man also einen Ort mehrmals aufsucht, könnte jedes Mal etwas anderes passieren, was das Erlebnis immer frisch und lebendig hält.