5. Die Neuschöpfung von „Ball“ 30 Jahre später

Iwata:

An welches Game & Watch-Spiel erinnern Sie sich am besten, Mr. Izushi?

Izushi:

„Game & Watch: Donkey Kong “ 21. Ich habe mich damals gefragt, wie ich die Arcade-Version von „Donkey Kong“ 22 mit der beschränkten Anzahl von Segmenten, die für Game & Watch zur Verfügung standen, neu auflegen könnte. Ich kann gar nicht richtig zeichnen, aber trotzdem habe ich die Skizzen wieder und wieder gezeichnet. Als ich sie dann für fertig befand, ließ ich sie von Mr. Kano aufpeppen. Außerdem war dieser Titel der erste, bei dem das Steuerkreuz zum Einsatz kam. 21 Game & Watch: Donkey Kong: Das zweite Game & Watch-Spiel der Multi Screen-Serie. Der Spieler weicht Fässern aus, während er versucht, eine Dame zu retten. Erschien im Juni 1982 in Japan. 22 Arcade-Version von Donkey Kong: Ein Arcade-Spiel, das 1981 in Japan erschien. Die NES-Version kam in Japan 1983 heraus.

Iwata:

Ein Jahr bevor das NES auf den Markt kam, verwendete „Game & Watch: Donkey Kong“ als Erstes das Steuerkreuz.

Izushi:

Genau.

Yamamoto:

Wir haben alles Mögliche für das Steuerkreuz ausprobiert. Wir legten Mr. Yokoi Prototypen vor, in die das Hardware-Team sich wirklich reingekniet hatte, und fragten, wie er sie fand. Die Antwort war unweigerlich: „Nein, so stimmt das nicht.“ Und dann fingen wir wieder von vorn an ...

Izushi:

Wir haben wirklich eine Menge Prototypen gemacht. Mr. Yokoi legte großen Wert darauf, dass die Spieler sie bedienen konnten, ohne auf ihre Hände zu sehen, daher haben wir z. B. eine Vertiefung im Zentrum angebracht.

Iwata Asks
Iwata:

Ach so. Das ist ja ein wirklich wichtiges, grundlegendes Element. Man könnte also sagen, dass sein Engagement erheblich zur heutigen Videospielkultur beigetragen hat. „Donkey Kong“ verfügte im Übrigen auch über zwei Bildschirme.

Izushi:

Das war zwei Jahre nachdem „Game & Watch: Ball“ in den Handel kam. Damals dachten wir, dass etwas Neues fällig wäre und bekamen dann den Auftrag, zwei Bildschirme zu verwenden.

Iwata:

Genau wie bei der Entwicklung des Nintendo DS-Systems! (lacht)

Izushi:

Niemand wusste, wie das gehen sollte.

Iwata:

Sage ich doch – genau wie beim Nintendo DS! (lacht) Aber 1982 gab es noch keine Laptops, klappbare elektronische Geräte waren also etwas noch nie Dagewesenes.

Izushi:

Den Klappmechanismus wollten wir, damit man das Spiel immer und überall spielen konnte.

Kano:

Ich habe sogar Kompaktpuder gekauft – zur Anschauung.

Iwata:

Kompaktpuder? Sie meinen Make-up?

Kano:

Ja. Damit wir das Scharnier für die Verbindung des oberen und unteren Bildschirms genauer untersuchen konnten. Die Dinger liegen immer noch in meiner Schreibtischschublade! (lacht)

Izushi:

Sie haben die Puderdosen noch? Mr. Kano, es ist ja kaum zu glauben, was Sie alles horten! (lacht)

Kano:

Die unteren Hälften, die eigentlichen Behälter, sind weg, aber die Spiegeldeckel sind noch da. Das war meine Referenz beim Erstellen des Multiscreens.

Iwata:

Die Puderdose war die Inspiration für das Klappdesign?

Kano:

Ja. Sie haben doch vorhin gefragt, welcher Titel uns Rückenwind verschafft hat – ich glaube, „Game & Watch: Donkey Kong“ war so ein Titel. Mr. Miyamoto brachte die Arcade-Version von „Donkey Kong“ heraus, und ein Jahr später veröffentlichten wir die Multi-Screen-Version. Ich glaube, das hatte einen starken Synergieeffekt.

Izushi:

Ich nehme an, die Spieler freuten sich, dass sie „Donkey Kong“ jetzt immer und überall spielen konnten, nicht nur in der Spielhalle.

Iwata:

Ach so. Aber wenn Game & Watch nicht gewesen wäre, sähen die heutigen Handheld-Spielsysteme vermutlich anders aus. Ich bezweifle, dass der Game Boy und das Nintendo DS-System es in die große weite Welt geschafft hätten.

Yamamoto:

Nein, wahrscheinlich nicht.

Iwata:

Jetzt, 30 Jahre später, haben wir beschlossen, „Game & Watch: Ball“ erneut als Geschenk mit begrenzter Auflage für die Platin-Mitglieder 2009 des Club Nintendo23 aufzulegen. Mr. Kano, Sie haben auch bei diesem Projekt eine wichtige Rolle gespielt, nicht wahr? Reproduktion von „Game & Watch: Ball“ für Club Nintendo 23 Club Nintendo: Ein Nintendo-Mitgliederservice, der 2003 in Japan ins Leben gerufen wurde. (In Deutschland eröffnete der Club Nintendo offiziell im Dezember 2007. Mitglieder erhalten als „Sterne" bezeichnete Punkte für das Registrieren von Nintendo-Systemen und erworbener Software. Diese Sterne können gegen Nintendo-Originalprodukte aus dem Sternekatalog von Club Nintendo eingetauscht werden.)

Iwata Asks
Kano:

Ja. „Game & Watch: Ball“ ist nicht nur der denkwürdige erste Titel und die Basis für alle folgenden Game & Watch-Titel, sondern hatte auch einen besonderen Platz im Herzen von Mr. Yokoi.

Iwata:

War es schwierig, ein 30 Jahre altes Spiel im 21. Jahrhundert wieder zum Leben zu erwecken?

Kano:

Na ja, wie Sie schon sagen – das Spiel ist 30 Jahre alt, folglich sind die relevanten Dokumente nicht mehr vorhanden. Es war nicht einfach, alle damals Beteiligten zu kontaktieren und das verfügbare Material zusammenzutragen.

Iwata Asks
Iwata:

Aber war das Know-how zur Software nicht bereits vorhanden, da wir Game & Watch ja bereits bei „Game & Watch Gallery “ 24 für das Game Boy-System nachgebildet hatten? 24 Game & Watch Gallery: Eine Reihe von ursprünglichen und neu aufgelegten Game & Watch-Titeln für das Game Boy-System. „Game & Watch: Ball“ ist in „Game & Watch Gallery 2“ enthalten, das in Japan im September 1997 auf den Markt kam.

Kano:

Zur Software schon. Aber das war für den Game Boy, wirkte also ganz anders. Ich habe versucht, das Spiel so originalgetreu wie möglich zu machen, indem ich mich an die Konsole von damals erinnerte – wie sie sich in der Hand anfühlte, wie der LCD aussah und wie es sich anfühlte, die Knöpfe zu drücken.

Yamamoto:

Sehen Sie die schwarzen Streifen an den Seiten des LCD, die wie Säulen wirken?

Iwata:

Ja, das ist ein eigenartiges Design.

Iwata Asks
Yamamoto:

Diese „Säulen“ verbergen etwas.

Iwata:

Ach, wirklich?

Kano:

An den Seiten des Bildschirms des Originalspiels „Game & Watch: Ball“ schaute etwas unnötige Verkabelung heraus; das hätte man gesehen, wenn wir es nicht abgedeckt hätten. Wir haben also beschlossen, das mit einem gedruckten Filter zu verbergen. Auf den heutigen LCDs kann man die Verkabelung nicht sehen, also wäre das bei dieser Reproduktion eigentlich nicht nötig gewesen. Aber wir wollten das Ganze so originalgetreu wie möglich haben, also sind auch diesmal wieder die Säulen dabei. Allerdings konnte man bei dem alten Spiel den Ton nicht abschalten, was diesmal möglich ist.

Iwata:

Diese Aktualisierung war Ihnen dann doch wichtig.

Kano:

Ja, wenn man das Spiel stumm schaltet, kann man auch im Zug spielen.

Iwata:

Platin-Mitglieder werden sehr bald in der Lage sein, diese Reproduktion von „Game & Watch: Ball“ zu spielen.

Kano:

Ja. Es ist die Wurzel der Handhelds von Nintendo, daher hoffe ich, dass sie es auch nutzen werden. Es ist stabil und sehr haltbar. Es war wirklich schwierig, etwas von vor 30 Jahren so genau wiederzuerschaffen. Außerdem hatten wir nicht nur Probleme, an die Dokumente zu kommen, sondern auch mit dem Auffinden identischer Teile.

Iwata:

Die diversen Bauteile, die bei Game & Watch verwendet wurden, gibt es gar nicht mehr.

Kano:

Genau. Und noch dazu lässt mein Gedächtnis nach!

Alle:

(lachen)

Kano:

Wenn mich die Mitarbeiter, die mit mir an der Neuproduktion arbeiteten, fragten, warum ein bestimmtes Teil so oder so aussah, konnte ich nur antworten: „Keinen Schimmer!“

Iwata:

Sie konnten nicht antworten, weil Sie es vergessen hatten! (lacht)

Kano:

Genau! Tatsächlich hatte ich das Teil ja gemacht, aber ich wusste wirklich nicht mehr, wie alles zusammengehört. Ich hatte ganz schön mit Problemen zu kämpfen.

Yamamoto:

Dann ist es ja gut, dass Sie das gemacht haben, solange Sie sich überhaupt noch an etwas erinnern. Vielleicht vergessen Sie ja bald, dass Sie je an der Herstellung beteiligt waren! (lacht)

Iwata Asks
Kano:

Wer weiß – gut möglich!

Alle:

(lachen)