1. Alles einmal richtig aufmischen!

Redaktioneller Hinweis:

Alle Videos und Screenshots in diesem Interview stammen aus der japanischen Version des Spiels. Die endgültige Version ist vollständig auf Deutsch verfügbar.

Hinweis: Einige Ausdrücke aus dem Spiel können in der finalen Version anders lauten.

Iwata:

Wenn ich mir Sie drei so ansehe, frage ich mich, worauf ich mich hier eigentlich einlasse. Ich muss sagen, ich bin etwas nervös. (lacht)

Alle:

(Gelächter)

Abe:

Ah, Sie spielen auf die Sache mit „WarioWare: Snapped!“1 an, oder? Das Sie-wissen-schon-was2... (lacht)1. „WarioWare: Snapped!“ ist ein Nintendo DSiWare-Titel, der in Europa im April 2009 erschien. Er verwendet die Innenkamera des Nintendo DSi-Systems für eine Reihe von Minispielen.2. Dies bezieht sich auf ein Mikrospiel in „WarioWare: Snapped!“, in dem das Gesicht ohne Wissen des Spielers gefilmt und am Ende gezeigt wird. Ein Video von Satoru Iwata beim Spielen dieses Mikrospiels wurde auf der Nintendo-Website veröffentlicht.

Iwata:

Dieses Mal wollen Sie also nicht versuchen, mich aufs Glatteis zu führen?

Sakamoto:

Garantiert nicht! (lacht)

Iwata:

Nachdem die Arbeiten an „Game & Wario“ jetzt abgeschlossen sind, möchte ich heute mit Ihnen über den Entwicklungsprozess dieses Projekts sprechen. Dürfte ich Sie zunächst bitten, zu erklären, welche Rolle Sie bei dem Projekt jeweils innehatten?

Sakamoto:

Ich bin Yoshio Sakamoto und arbeite in der Abteilung für Software-Planung und Entwicklung von Nintendo. Ich war an der „WarioWare“-Serie3 als … man könnte wohl sagen Berater beteiligt. Auch bei diesem Titel hatte ich beratende Funktion. Ich habe Ideen mit Mr. Abe besprochen und meine Gedanken und Meinungen eingebracht.3. Die „WarioWare“-Serie enthält eine Reihe rasanter Mikrospiele, bei denen schnelle Reaktionen erforderlich sind. Der erste Titel der Serie erschien im Mai 2003 für Game Boy Advance. Bislang umfasst die Serie acht Titel, einschließlich Spielen für Nintendo DSiWare und WiiWare.

Iwata Asks
Abe:

Mein Name ist Goro Abe, ich arbeite ebenfalls in der Abteilung für Software-Planung und Entwicklung. In meiner Funktion als Regisseur musste ich die Gesamtfunktionen des Spiels überdenken und über diese entscheiden. Dann habe ich in der Regel Mrs. Mori, die neben mir sitzt, gebeten, diese Funktionen zu entwickeln – und so ging die Entwicklung vonstatten.

Iwata Asks
Mori:

Mein Name ist Naoko Mori; ich arbeite bei INTELLIGENT SYSTEMS4 als Regisseurin. Meine Hauptaufgabe bestand darin, die Ideen, die Mr. Abe sich für das Spiel vorstellte, zu entwickeln und umzusetzen.4. INTELLIGENT SYSTEMS Co., Ltd ist ein Entwicklerstudio, das an einer großen Anzahl von Titeln für Nintendo-Systeme mitgearbeitet hat, darunter auch an den „Fire Emblem“- und „Paper Mario“-Serien. Ursprünglich erstellte das Unternehmen auch Entwicklungs-Tools für Nintendo-Systeme.

Iwata Asks
Iwata:

Ich weiß, das liegt schon eine Weile zurück, aber könnten Sie mir etwas über das Wesen der Aufgabe mitteilen, mit der Sie sich konfrontiert sahen, als Sie dieses Projekt ursprünglich übernahmen? Mr. Abe?

Abe:

Zunächst bestand die Idee darin, ein Spiel zu erstellen, das Teil der vorinstallierten Software der Wii U-Konsole sein sollte. Ich stieß erst zu dem Projekt, als es schon am Laufen war; zunächst habe ich mich gefragt, was für Spiele durch das GamePad der Wii U möglich sein würden.

Iwata:

Sie haben also erst einmal eigene Ideen gesammelt. Dann kam INTELLIGENT SYSTEMS dazu und Sie haben gemeinsam das Spiel entwickelt.

Abe:

Genau. Als ich einen Überblick über die Gesamtrichtung des Projekts hatte, wusste ich, dass ich diese Ideen ausprobieren musste, um festzustellen, ob sie überhaupt Spaß machen würden. Also habe ich INTELLIGENT SYSTEMS gebeten, meine Ideen umzusetzen.

Iwata:

Ah ja, das Team kennt die „WarioWare“-Serie in- und auswendig, nicht wahr?

Abe:

Allerdings! (lacht)

Iwata:

Mrs. Mori, wann hat Mr. Abe diesen Titel das erste Mal mit Ihnen besprochen?

Mori:

Das war im Januar vor zwei Jahren. Mir wurde erklärt, welche Funktionen Wii U haben würde, und dann ging es los.

Iwata:

Sie haben also die letzten zwei Jahre ununterbrochen an diesem Projekt gearbeitet?

Mori:

Ja, genau.

Iwata:

Aber als die Entwicklung begann, hatten Sie nicht das im Sinn, was jetzt als Endprodukt herausgekommen ist, oder?

Abe:

Nein, ganz und gar nicht. Ursprünglich war geplant, das Spiel auf der Wii U-Konsole vorzuinstallieren; es war also gar nicht als Teil der „WarioWare“-Serie konzipiert. Die E35 rückte näher und wir begannen, etwas zu erstellen, das wir dort präsentieren könnten; etwas, das die Leute einfach in die Hand nehmen und spielen könnten.5.E3 ist die Electronic Entertainment Expo, eine jährliche Messe für Videospiele in Los Angeles. Wii U wurde auf der E3 2011 enthüllt.

Iwata:

Sie meinen die E3 vom Juni 2011, nicht wahr?

Abe:

Ja. Das endgültige „Game & Wario“ umfasst 16 Spiele. Eines davon heißt

Video: PIRATES

Alle Videos und Screenshots in diesem Interview stammen aus der japanischen Version des Spiels. Die endgültige Version ist vollständig auf Deutsch verfügbar.
„PIRATES“ . Wir haben einen Prototyp dieses Spiels namens „Shield Pose“ präsentiert. Man hält das GamePad wie einen Schild und wehrt Pfeile ab, die vom Fernsehbildschirm herangeflogen kommen.

Iwata:

Wie sah die ursprüngliche Idee hinter diesem Spiel aus?

Iwata Asks
Abe:

Na ja, da es ja eigentlich vorinstallierte Software für die Wii U-Konsole sein sollte, wollten wir nichts allzu Abgedrehtes. Es sollte ja nicht nur ein bestimmtes Kundensegment ansprechen. Unsere Grundprämisse war, dass es ein Spiel sein sollte, das jedermann Spaß machen würde. Das „WarioWare“-Team hatte immer Carte Blanche gehabt, sich alles Mögliche auszudenken, auch völlig irre Dinge, aber jetzt mussten wir uns plötzlich zurückhalten ...

Iwata:

Sie mussten sozusagen die mentalen Bremsen anziehen.

Abe:

Genau. Da es ein vorinstalliertes Spiel sein sollte, wollten wir vor allem die Funktionen des Systems vorführen, und zwar so klar und elegant wie möglich.

Iwata:

Mrs. Mori, fühlten Sie sich in irgendeiner Weise eingeschränkt durch diese Notwendigkeit, ein Produkt zu erschaffen, das wesentlich weniger „ungebärdig“ war, als die „WarioWare“-Serie?

Mori:

Na ja, schon. Uns war klar, dass wir dieses Mal nicht vom Weg abkommen durften ... (lacht)

Iwata:

Sie mussten Ihre normale Herangehensweise also zur Seite stellen und die Sache mal richtig ernst nehmen. (lacht)

Sakamoto:

Wir haben die „WarioWare“-Titel immer ernst genommen!

Iwata:

Natürlich. Für die „WarioWare“-Spiele mussten Sie sich immer allerlei Verrücktes ausdenken, aber das haben Sie sehr ernsthaft betrieben.

Mori:

Genau! (lacht) Aber bei diesem Titel dachten wir ursprünglich, dass diese Herangehensweise nicht funktionieren würde.

Abe:

Ja, stimmt. Bei der Arbeit an diesem Spiel haben wir also alles Verrückte und Abgedrehte, das eben nur bestimmten, aber nicht allen, Spielern gefallen hätte, zur Seite geräumt.

Iwata:

Langsam wird mir klar, warum dieses Projekt in seiner ursprünglichen Form für dieses spezielle Team etwas restriktiv wirkte.

Abe:

Ja, das können Sie laut sagen.

Iwata:

Mr. Sakamoto wie haben Sie die Dinge von Ihrer Position außerhalb des Hauptteams gesehen?

Sakamoto:

Ich muss zugeben, dass ich mich fragte, ob gerade dieses Team für diesen speziellen Titel geeignet war. (lacht)

Iwata:

Oho, über eine derartige Aussage können wir jetzt aber nicht einfach hinweggehen! (lacht)

Sakamoto:

Na ja, ich machte mir Sorgen darüber, dass das Team sich schwertat. Aber da alle sich aufgrund der Art der Software schon mit so vielen Einschränkungen herumquälten, konnte ich doch nicht da hineinplatzen und allen meine Meinung aufdrängen.

Iwata:
Sakamoto:

Ja. Zu diesem Zeitpunkt war ich nicht allzu stark involviert. Mr. Abe erklärte mir, wie er sich das Spiel vorstellte, und ich erwiderte, dass sich das interessant anhörte; aber tief im Innern habe ich mich gefragt, ob er das Spiel wirklich auf so ernsthafte Weise erstellen wollte.

Iwata:

(lacht) Das klingt, als hätten Sie ihn einfach mal machen lassen!

Sakamoto:

Na ja, ja – so war es wohl tatsächlich.

Mori:

Aber als Sie zum ersten Mal den „PIRATES“-Prototyp gespielt haben, erklärten Sie uns, dass die Sache mal so richtig aufgemischt werden müsste!

Sakamoto:

Oh? Habe ich das wirklich gesagt?

Mori:

Allerdings! (lacht)

Alle:

(Gelächter)

Iwata:

Sie haben also einfach gesagt, was Sie gedacht haben! (lacht)

Sakamoto:

Äh ... ja, offenbar habe ich das. (lacht) Es ist schon so lange her, dass ich mich ehrlich gesagt nicht daran erinnere.

Mori:

Aber ich kann mich noch erinnern, dass ich Ihnen sehr dankbar war.

Iwata:

War das der Moment, auf den Sie gewartet hatten?

Mori:

Ja, Ja, genau! Ich dachte: „Jetzt kann’s losgehen – jetzt können wir uns mal so richtig austoben!“ (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Das hört sich an, als wäre das der sanfte Stoß in die richtige Richtung gewesen, auf den Sie alle gewartet hatten.