3. Kombinierte Bewegungen

Iwata:

Die Anwendung, mit der der Designer das erste Mikrospiel erstellt hatte, war im Vergleich zum endgültigen Produkt bestimmt ziemlich dürftig.

Sugioka:

Das stimmt.

Iwata:

Aber trotzdem hatte er da schon viel Freiraum?

Sugioka:

Ja. Es gab zwar nicht viele Möglichkeiten, aber gerade deshalb konnte man ein Spiel so einfach wie ein Puzzle zusammenbauen. Und so stellten wir überraschenderweise fest, wie viel man so schon erreichen konnte.

Iwata:

Man hatte also nicht viele Möglichkeiten, aber wenn man die Funktionen gemeinsam genutzt hat, konnte man schon viel erreichen. Aber bei Spielen werden ja viele unterschiedliche Bewegungen eingesetzt, deshalb wollten Sie bestimmt noch alles Mögliche hinzufügen, oder?

Sugioka:

Wir haben uns eigentlich auf die Funktionen beschränkt, die absolut notwendig waren. Dann konnten wir sie bei vielen verschiedenen Bewegungsmustern anwenden, als wir damit angefangen haben, tatsächlich Spiele zu gestalten.

Iwata:

Sie haben also nicht von Anfang an viele Funktionen benutzt und dann die unnötigen gestrichen, sondern Sie haben erst überprüft, mit welchen wenigen Funktionen man schon viel Spaß haben konnte und dann noch einige hinzugefügt, auf die Sie wirklich nicht verzichten wollten. Normalerweise will man da ja jede Menge Funktionen integrieren. Es überrascht mich, dass Sie sich so kontrolliert haben.

Iwata Asks
Abe:

Wenn die Knöpfe mit zu vielen Funktionen belegt sind, weiß man ja nicht mehr, welche man wählen soll.

Sugioka:

Also haben wir uns für sechs Knöpfe mit verschiedenen Funktionen entschieden. Daher mussten wir uns einfach auf die wichtigsten Funktionen beschränken.

Abe:

Wenn Sie zum Beispiel wollen, dass Mario auf der Stelle auf und ab springt... Damit er springt, benutzen Sie die "Hüpfen"-Funktion. Dann springt er wie ein Frosch quer über den ganzen Bildschirm. Also beschränkt man das Bewegungsfeld, damit er auf derselben Stelle auf und ab springt.

Iwata:

Man kann ihn also vertikal springen lassen, indem man das Bewegungsfeld begrenzt.

Hatakeyama:

Video: Man muss den Sprung-Bereich einfach nur mit dem Touchpen eingrenzen.

Die Anwendung, mit der der Designer das erste Mikrospiel erstellt hatte, war im Vergleich zum endgültigen Produkt bestimmt ziemlich dürftig.
Man muss den Sprung-Bereich einfach nur mit dem Touchpen eingrenzen.

Iwata:

Aber wollten Sie nicht viele Funktionen haben, Mr. Hatakeyama? Haben Sie nicht gesagt: "Sechs reichen nicht!"? (lacht)

Hatakeyama:

Doch, hab ich (lacht)! Aber ich hatte sowieso noch nicht viel Erfahrung bezüglich der Entwicklung von Videospielen.

Iwata:

Es ist ja normal, dass man erst denkt: "Je mehr man machen kann, desto besser."

Hatakeyama:

Ich habe oft zu Mr. Abe gesagt: "Ich würde gerne diese Funktion umsetzen" und dann sagte er: "Das geht doch auch, indem Sie diese und diese Funktion kombinieren." Dann kam immer der Killer-Satz, gegen den ich nie etwas sagen konnte...

Iwata:

Ein Killer-Satz?

Hatakeyama:

Ja, er sagte: "Die Spiele dauern doch eh immer nur ein paar Sekunden." (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Ah ha ha! (lacht) Ja, Mikrospiele dauern wirklich nur ein paar Sekunden.

Hatakeyama:

Selbst wenn man etwas sehr Komplexes machen könnte, wäre das Spiel trotzdem nach ein paar Sekunden vorbei.

Iwata:

Das ist natürlich eine ernüchternde Einsicht, aber ich verstehe schon. Sie haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und haben Ihre Shooter-Spiele nach der Hälfte aufgegeben, aber Sie dachten, dass Sie es bei so einem Spiel schaffen würden.

Abe:

Richtig. Die kurzen Mikrospiele dauern nur ungefähr vier Sekunden, die langen ungefähr acht.

Iwata:

Die sind schnell vorbei.

Abe:

Aber wir wollten, dass die Nutzer viele verschiedene Mikrospiele umsetzen können. Also haben wir experimentiert und herauszufinden versucht, ob wir bekannte Spiele mit "D.I.Y." nachbauen konnten.

Iwata:

Sie meinen, ob Sie z.B. die Mikrospiele aus "WarioWare: Touched" mit "D.I.Y." kopieren konnten!?

Abe:

Genau. Wir haben versucht, den ersten Level von "Touched!" nachzubauen, den man spielt, indem man einfach den Touchscreen berührt. Teilweise ging es, teilweise nicht. Aber wenn es nicht ging, haben wir Änderungen vorgenommen, damit es schließlich doch möglich war.

Iwata:

Wie viele Mikrospiele konnten Sie schließlich nachbauen?

Abe:

Fast 100 Prozent.

Sugioka:

Die Spiele mit zufälligen Elementen waren etwas schwieriger, aber die meisten konnten wir umsetzen.

Iwata:

Das Debugging war wahrscheinlich sehr schwierig, weil man so viele Möglichkeiten hatte.

Abe:

Das stimmt. Diesmal haben wir erst die Struktur zur Spielgestaltung festgelegt und dann ziemlich früh mit dem Debugging begonnen. Dabei haben die Debugger alle möglichen Spiele erstellt…

Iwata:

Die Debugger wurden also zur Arbeit an den Mikrospielen eingesetzt? (lacht)

Abe:

Na ja, das Erstellen von Mikrospielen war Teil ihres Jobs als Debugger, aber sie haben schon mehr als ihre Pflicht getan und alle möglichen fortgeschrittenen Techniken gemeistert.

Iwata Asks
Iwata:

Die waren irgendwann so gut, dass sie großartige Sachen gemacht haben und unsere Entwickler auf einmal dachten, dass sie übertrumpft worden sind (lacht).

Abe:

Dabei war aber kein einziger Programmierer.

Sugioka:

Einmal sagte ein Debugger zu mir: "Ist es kein Problem, dass man diese Aktion nicht durchführen kann?" Ich sagte: "Tja, da müssen wir uns eventuell später drum kümmern, das wäre technisch sehr aufwendig." Ein wenig später kam er zurück und sagte: "Ich habe es gelöst, indem ich das und das kombiniert habe."

Iwata:

Was? Wer ist denn da der eigentliche Programmierer?! (lacht)

Alle:

(lachen)

Abe:

Deshalb sind jetzt auch manche der Mikrospiele, die die Debugger entworfen haben, in "D.I.Y." enthalten. Und ihre Namen tauchen im Abspann auf.

Hatakeyama:

Spiel-Designer, Schrägstrich, Debugger. (lacht)

Iwata:

Das ist umwerfend (lacht). So etwas gab es ja noch nie!

Sugioka:

Da wurde mir klar, was sogar Leute damit machen konnten, die keine Spiele-Entwickler sind.

Abe:

Aber die Debugger haben uns auch gesagt: "Jetzt wissen wir, wie es euch Spiele-Entwicklern geht."

Hatakeyama:

Wir haben ihre Mikrospiele getestet und zum Beispiel gesagt: "Vielleicht sollten Sie das für die Spieler überarbeiten." (lacht)

Iwata:

Da stimmt doch irgendetwas nicht... (lacht)

Alle:

(lachen)

Hatakeyama:

Die Debugger, denen wir diese Dinge gesagt haben, antworteten, dass sie uns genau das ja schon die ganze Zeit sagen! (lacht)

Iwata:

Jetzt, da dieses Spiel den Debuggern gezeigt hat, wie Sie sich als Entwickler fühlen, sind sie vielleicht etwas verständnisvoller Ihnen gegenüber. (lacht)Da wir gerade vom Debugging sprechen, Nintendo hat Ihnen diesmal einige Schwierigkeiten gemacht, nicht wahr, Mr. Sugioka?

Sugioka:

Sie meinen bestimmt die NAND-Karten, die wir bei diesem Produkt zum ersten Mal eingesetzt haben (lacht).

Iwata:

NAND-Karten sind eine neue Art von Nintendo DS-Karten mit großem Flash-Speicher, den man NAND-Speicher nennt. Im Vergleich zu den Nintendo DS-Karten, die normalerweise bei Nintendo DS-Spielen eingesetzt werden, kann man hier viel mehr Daten speichern und überschreiben, und die Daten auch viel schneller löschen und überschreiben. Wenn ich Mr. Abe nicht vorgeschlagen hätte, dass wir die NAND-Karten benutzen sollten, wäre das Spiel wahrscheinlich etwas früher erschienen.

Sugioka:

Ich habe direkt mit unserem Hardware-Team gesprochen, nachdem Sie mir den Vorschlag gemacht haben. Ich habe ihnen den Zeitplan erklärt und gesagt, dass Sie die NAND-Karten nutzen wollen, und sie sagten: "Nein, das ist unmöglich." Der Zeitplan war einfach zu knapp.

Iwata:

Sie wollten es aber trotzdem so machen.

Sugioka:

Ja, weil man die Daten bei einer NAND-Karte so unglaublich schnell überschreiben kann. Ursprünglich hatten wir geplant, dieselben Nintendo DS-Karten wie bei "Band Brothers DX8" einzusetzen, aber dann hätte das Speichern länger gedauert. 8Daigasso! Band Brothers DX: Ein Musikspiel, das in Japan im Juni 2008 für Nintendo DS veröffentlicht wurde. Bei "D.I.Y." arbeitet man an einem Spiel, speichert es, arbeitet weiter daran und speichert es wieder ab. Man will die eigene Arbeit häufig zwischenspeichern. Bei den Nintendo DS-Karten von "Band Brothers DX" muss man vier bis fünf Sekunden warten, und das würde wirklich stören. Deshalb war es egal, wie lange die Entwicklung dauern würde, weil das Speichern einfach so viel schneller sein würde. Ich war also auch überzeugt davon, dass wir die NAND-Karten verwenden sollten.

Iwata Asks
Abe:

Außerdem haben die den Vorteil, dass mehr Mikrospiele darauf Platz haben. Man kann bis zu 90 Spiele darauf speichern.

Iwata:

Stimmt. Ich wusste, wie gut sie für dieses Spiel geeignet wären, deshalb schlug ich die NAND-Karten, die ja fast fertig gestellt waren, mitten in der Entwicklung des Spiels vor. Aber weil diese Art des Speichers zum ersten Mal bei einem Spiel eingesetzt wurde, traten unerklärliche Probleme auf.

Sugioka:

Bei der Arbeit mit den Entwicklungsanwendungen gab es keine Probleme, aber als wir zum Massenproduktionsmodell übergingen, stürzte die Software bei der Arbeit mit dem neuen Speicher auf einmal einfach ab.

Abe:

Mr. Sugioka hat dann schließlich herausgefunden, wo das Problem lag.

Iwata:

Am Ende haben wir Mr. Sugioka die Leitung des Hardware-Debuggings für die NAND-Karte übertragen. Das Debugging ist ziemlich schwierig, wenn man Probleme erklären muss, die mit der Entwicklungssoftware nicht auftreten. Mr. Sugioka, wenn Sie nicht so tief eingestiegen wären und das Problem erkannt hätten, hätten wir vielleicht immer noch keine Ahnung, wann wir das Spiel auf den Markt bringen können. Gute Arbeit!

Sugioka:

Nein, also, wenn ich an die zukünftigen Projekte denke, bin ich froh, dass wir die NAND-Karten benutzt haben.