2. Doppelte Arbeit dank der Katzenjungen

Iwata:

Was hat Sie davon überzeugt, dass Sie etwas ganz Anderes machen mussten?

Miyamoto:

Nach dem Kauf meiner Katze habe ich ganz neue Entdeckungen gemacht. Zum Beispiel, dass das Grundbewegungsmuster von Hunden und Katzen völlig unterschiedlich ist.

Iwata:

Ah.

Miyamoto:

Wenn sich beispielsweise am anderen Ende des Zimmers etwas Interessantes befindet, bewegen Hunde sich direkt darauf zu. Eine Katze bleibt dagegen stehen und betrachtet den Gegenstand. Sie gibt sich jedoch ganz uninteressiert, während sie sich unauffällig nähert und ihn dann schließlich anspringt.

Iwata:

Wirklich? Ich nehme an, so nähern sie sich ihrer Beute. In dieser Hinsicht sind die Grundbewegungsmuster völlig anders.

Konno:

Eben. Wenn man in diesem Spiel also etwas wirft, z. B. einen Ball, stürzt der Hund sofort hinterher; die Katze betrachtet ihn und setzt dann zum Sprung an.

Miyamoto:

Das liegt wohl daran, dass Katzen Jäger sind. Auch das Reiben an Objekten ist eine Bewegung, die Katzen eigen ist.

Iwata:

Wenn einer Katze etwas gefällt, macht sie einen geschmeidigen Buckel und drückt sich an das Objekt.

Miyamoto:

Damit markiert sie es. Ein Hund markiert sein Territorium, indem er darauf pinkelt. Aber eine Katze reibt sich an einem Gegenstand, um diesen mit ihrem Duft zu markieren. Damit sagt sie: „Das gehört mir!“

Iwata Asks
Iwata:

Aha …

Miyamoto:

Soweit ich weiß, ist die Duftmarkierung durch Reiben auch ein Ausdruck von Zuneigung.

Iwata:

Wenn zwei Katzen sich mögen, dann reiben sie sich also aneinander.

Miyamoto:

Genau. Und ich habe mich gefragt, ob wir diese Art von Beziehung im Spiel darstellen könnten.

Konno:

Wir haben überlegt, wie viel der eigentlichen Animation für Hunde und Katzen gemeinsam verwendet werden könnte, aber sie bewegen sich auf so unterschiedliche Weise, dass sie schließlich fast gänzlich anders angelegt wurden.

Miyamoto:

Na ja, es gibt einige ähnliche Aspekte, zum Beispiel das Schwanzgelenk. Aber die Krümmung des Rückens ist komplett anders. Am Anfang sahen sitzende Katzen aus wie Hunde! (lacht)

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Und die Art, wie sich ein Katzenschwanz bewegt. (macht Schlangenbewegungen mit der Hand) Er bewegt sich langsam … so.

Iwata:

Hunde wedeln dagegen energisch mit dem Schwanz.

Miyamoto:

Und sie schlafen auch anders. (krümmt den Rücken und streckt die Arme hoch) Katzen schlafen so.

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Wenn wir das nicht auch ausreichend im Spiel zeigen würden, würden Katzenliebhaber sie nicht als Katzen empfinden.

Iwata:

Ein Katzenbesitzer würde es sofort bemerken, wenn eine Katze eine Hundepose einnimmt.

Miyamoto:

Genau. Deshalb war es ein hartes Stück Arbeit, echt wirkende Katzen zu erstellen. Und das größte Problem, das ich nach der Anschaffung meiner Katze erst einmal hatte, waren die Möbel. Katzen zerkratzen Möbel. Einem Hund kann man Gehorsam beibringen, aber auch wenn man Katzen ein klein wenig abrichten kann – in der Regel schenken sie einem keine große Beachtung.

Iwata:

Ein Hund gehorcht dem Menschen, eine Katze dagegen tut, was sie will.

Miyamoto:

Und Katzen machen auch Unsinn, wenn sie alleine sind. Das ist wohl ein natürliches Verhalten, gegen das man nichts machen kann. Und Katzen springen gerne an hoch gelegene Orte. Wenn man etwas Zerbrechliches hoch außer Reichweite stellt, ist es vor Hunden in Sicherheit, aber nicht vor einer Katze. Wir mussten uns also Gedanken darüber machen, wie wir das Zimmer neu gestalten könnten.

Iwata:

Sie mussten Gegenstände erstellen, die nicht erforderlich gewesen wären, wenn es ausschließlich um Hunde gegangen wäre, um es den Katzen zu ermöglichen, an höhere Positionen zu springen.

Konno:

Genau. Also haben wir uns einiges einfallen lassen. Zum Beispiel

Video: Katzenbäume, auf die die Katzen springen können

Was hat Sie davon überzeugt, dass Sie etwas ganz Anderes machen mussten?
Katzenbäume, auf die die Katzen springen können .

Iwata:

Wenn sie höher gelegene Positionen darstellen, ändert sich auch die Handhabung der Kamera, oder?

Konno:

Ja, genau.

Iwata:

Das war dann viel schwieriger als zunächst erwartet.

Konno:

Viele der Teammitglieder waren der Meinung, dass die Schwierigkeiten allein darauf zurückzuführen seien, dass wir Katzen hinzugefügt hatten. (lacht)

Iwata Asks
Miyamoto:

Und abgesehen von den Katzen gibt es diesmal auch viel mehr Bewegungen für die Hunde.

Iwata:

Und das Fell ist jetzt auch viel besser geworden. Die Mitarbeiter selber reden die ganze Zeit von „superweich und flauschig“.

Miyamoto:

Ja. Als wir das Spiel auf dem Nintendo GameCube testeten, war da so ein wuscheliger Hund …

Iwata:

Stimmt. Sie haben zunächst auf dem Nintendo GameCube experimentiert, als Sie über die Entwicklung eines Spiels wie „Nintendogs“ nachdachten. Warum wurde nichts daraus? Und wieso erschien das Spiel schließlich für Nintendo DS?

Miyamoto:

Das Projekt begann damit, dass ich mir überlegte, dass es doch Spaß machen müsste, ein Haustier im Fernsehen großzuziehen; die Hardware des Nintendo DS war dafür einfach besser geeignet.

Iwata:

Bei den Nintendo DS-Systemen kann man das Tier mit dem Touchpen streicheln.

Miyamoto:

Aber auf dem Nintendo DS konnten wir die Beschaffenheit des Fells nicht darstellen. Inzwischen wurde die Hardware verbessert – „superweich und flauschig“ war also wieder möglich. (lacht) Außerdem ist die Grafik in 3D, sodass man über den ganzen Rücken streicheln kann.

Iwata:

Mr. Konno, die Hunde sind also superweich und flauschig und weisen dieses Mal individuelle Merkmale auf, nicht wahr?

Iwata Asks
Konno:

Ja. Man kann jetzt unter Hunden mit verschiedenen Merkmalen auswählen, z. B. verschiedene Größen und unterschiedliche Beinlängen, manche Hunde sind rundlich, andere schlank. Und selbst wenn ein Golden Retriever dieselbe Farbe hat wie ein anderer, unterscheidet er sich trotzdem – z. B. in der Länge der Beine –, sodass man den eigenen Hund gut erkennen kann.

Iwata:

Auch Hunde derselben Rasse – Golden Retriever oder Shiba Inu beispielsweise – sind alle ein wenig anders, sodass man ein viel besseres Gefühl dafür hat, welches das eigene Hundebaby ist.

Konno:

Genau.

Miyamoto:

Das gilt auch für den Charakter.

Konno:

Ja. Ich wollte die Persönlichkeiten abwandeln, um das Ganze noch individueller zu machen. Ich wollte verschiedene Charaktere hervorheben – ruhige, lebhafte und vorsichtige Hunde, freundliche Tiere und solche, die gewisse Dinge nicht mögen.

Iwata:

Persönlichkeit in Worten zu beschreiben, ist ja kein Problem, aber das dann auch darzustellen, ist gar nicht so einfach.

Konno:

Stimmt. Daran haben wir bis zum Ende der Entwicklung noch herumgedoktert.

Miyamoto:

Und dann gibt es auch noch so viele Rassen, dass man sich manchmal vorkommt wie in einem bebilderten Leitfaden zur Hundezucht!

Iwata:

Bebilderter Leitfaden?

Miyamoto:

Verzeihung, nein, so meine ich das auch wieder nicht. Aber die Rassen sind nach Musterung und Farbe aufgeteilt, und wenn man sich die einzelnen Rassen betrachtet, kann man richtig viel darüber lernen.

Iwata:

Es gibt z. B. sogar verschiedene Arten von Schäferhunden.

Miyamoto:

Stimmt. Sogar der gewöhnliche Schäferhund weist z. B. eine Wolfsart auf usw. Je nach Hund gibt es bis zu vier Arten. Auch die farblichen Unterschiede bei der beliebten Rasse der Zwergpudel sind offensichtlich.

Konno:

Ich glaube, man kann allein dadurch, dass man dieses Spiel betrachtet, viel über Hunderassen lernen!

Miyamoto:

Es gibt etwa drei Arten von Sheltie (Shetland Sheepdog). Ich habe zu Hause einen dreifarbigen Sheltie. Da gibt es im Spiel einen ähnlichen, also werde ich mir natürlich den aussuchen! (lacht)