1. WarioWare: Don’t Touch?!

Iwata:

Bei "Iwata fragt" unterhalte ich mich sonst nur mit Angestellten von Nintendo, doch dieses Mal begrüße ich zwei Mitglieder von IS (Intelligent Systems, Co. Ltd1). Bitte stellen Sie sich vor und verraten Sie uns, welche Rolle Sie bei der Entwicklung der WarioWare-Serie hatten. Beginnen wir mit Ihnen, Sugioka-san.

1 Intelligent Systems Co., Ltd.: Das Unternehmen hat bei der Entwicklung von zahlreichen Nintendo-Spielen mitgewirkt (unter anderem Fire Emblem und die Super Mario-Serie). Außerdem hat es Entwicklungstools für zahlreiche Spielkonsolen entwickelt.

Sugioka:

Ich bin Taku Sugioka von Intelligent Systems. Das erste WarioWare-Spiel, an dem ich gearbeitet habe, war "WarioWare, Inc.: Mega Party Game$!" für den GameCube2. Damals war ich ein Programmierer. Danach habe ich an "WarioWare: Touched!"3 und "WarioWare: Smooth Moves"4 als Director bei IS und als Hauptprogrammierer gearbeitet.

Für den DSiWare-Titel "WarioWare: Snapped!" habe ich nicht nur als Planer und Director in der Testphase gearbeitet, sondern auch die tatsächliche Produktion übernommen.

2 WarioWare, Inc., Mega Party Game$!: In Europa erschienen am 3. September 2004 für den Nintendo GameCube. Das zweite Spiel der Serie.

3 WarioWare: Touched!: In Europa erschienen am 11. März 2005 für den Nintendo DS. Das vierte Spiel der Serie.

4 WarioWare: Smooth Moves: In Europa erschienen am 12. Januar 2007 für die Wii-Konsole. Das fünfte Spiel der Serie.

Iwata Asks
Iwata:

Sie kennen Goro Abe von Nintendo schon eine Weile, nicht wahr?

Sugioka:

Ja. Abe-san, wie lange kennen wir uns schon?

Abe:

Circa sechs Monate nachdem der Nachfolger des ursprünglichen WarioWare-Spiels 5 , "Mega Party Game$!", erschienen ist, also seit etwa sechs Jahren.

5 WarioWare, Inc.: Minigame Mania!: Das erste WarioWare-Spiel. In Europa erschienen am 23. Mai 2003 für den Nintendo Game Boy Advance.

Iwata:

Es war ein bisschen zu viel des Guten, dass "Mega Party Game$!" nur sechs Monate danach folgte, aber ich war derjenige, der das angefordert hatte. (lacht) Ich sagte, "Ich möchte, dass Sie ein Remake des ursprünglichen WarioWare, Inc. für den GameCube machen. Und zwar schnell." Man fragte mich, "Wie schnell?" Ich antwortete, "So schnell wie möglich!" Wir haben um die Zeit gefeilscht und kurz danach begann die Entwicklung von "Mega Party Game$!". Nach einer Weile erzählte mir Abe-san von diesem talentierten Programmierer bei IS, und es sah ganz danach aus, als ob wir es schaffen würden. Das war das erste Mal, das ich auf Sugioka-san aufmerksam gemacht wurde.

Sugioka:

Persönlich war ich besorgt, ob wir es in so einer kurzen Zeit schaffen würden.

Iwata:

Waren Sie der Meinung, dass ich zu viel verlangte?

Sugioka:

Nun ja, wenn man's versucht, klappt es irgendwie. Es hat sich als eine gute Erfahrung herausgestellt und war für mein nächstes Entwicklungsprojekt von entscheidender Bedeutung.

Iwata:

Dieses Projekt besprechen wir vielleicht ein anderes Mal, aber Abe-san und Sugioka-san, Ihre gemeinsamen Anstrengungen waren im DS-Spiel "Made in Ore"6zu sehen, nicht wahr?

6 Made in Ore (japanischer Titel): DS-Software die 2009 in Japan erscheinen soll. Der Spieler kann darin Mikrospiele aus der WarioWare-Serie erstellen und spielen.

Sugioka:

Ja. Die Entwicklung an "Made in Ore" hat so viel meiner Zeit in Anspruch genommen, dass ich, als "Snapped!" an der Reihe war, so ziemlich alles auf Mori-san, die hier neben mir sitzt, abgeladen habe.

Iwata:

Mori-san, würden Sie sich bitte unseren Lesern vorstellen?

Mori:

Ich bin Naoko Mori von Intelligent Systems. Das erste WarioWare-Spiel, an dem ich gearbeitet habe, war "Mega Party Game$!" Meine Rolle dabei war Art Director. Danach habe ich bei "Touched!" als Designer gearbeitet... Nein, ich vergaß, davor habe ich noch an "Twisted!"7mitgewirkt.

7 WarioWare: Twisted!: Für den Game Boy Advance nur in Nordamerika und Japan erschienen. Das dritte Spiel der Serie.

Iwata Asks
Iwata:

Sie haben auch an "Twisted!" gearbeitet?

Mori:

Ja. Danach an "Smooth Moves". Als Art Director.

Iwata:

Party, Twist, Touching und Smooth Moves – Mensch, Sie müssen sehr beschäftigt gewesen sein! (lacht)

Mori:

Und wie! (lacht) Für "Snapped!" übernahm ich die Rolle des Directors bei IS.

Iwata:

Abe-san, Sie müssen jetzt nicht alle früheren WarioWare-Spiele nennen, an denen Sie gearbeitet haben. Aber erzählen Sie uns doch mal, wie es zur Entwicklung von "WarioWare: Snapped!" kam?

Abe:

Es begann mit einem Vorschlag von IS, noch bevor wir vom DSi wussten. "DS Face Training for Adults"8 erschien mit einer Kamera, die Gesichter erkennen konnte. IS schlug vor, so etwas Ähnliches in WarioWare zu machen.

8 DS Face Training for Adults: Mit dieser DS-Software konnten verschiedene Gesichtsmuskel trainiert werden, um Gesichtsausdrücke zu machen. Erschienen im August 2007 in Japan.

Iwata Asks
Iwata:

Die Arbeit an "Face Training" war für die Entwicklung des DSi sehr hilfreich. Wir haben beispielsweise die DSi-Kamera entwickelt, indem wir die Kamera für "Face Training" verwendeten, weil die DSi-Hardware noch nicht existierte. "Snapped!" ist ein weiteres Beispiel.

Sugioka:

Stimmt genau. IS war auch an der Entwicklung von "Face Training" beteiligt, also habe ich mir die Kamera vom "Face Training"-Team als Testexemplar geliehen.

Abe:

Die erste Version führte zu einem wirklich seltsamen Spielstil. Man hielt den DSi in seiner linken Hand und die rechte Hand fuchtelte vor der Außenkamera.

Sugioka:

Das Gefühl für Geschwindigkeit ist das A und O bei WarioWare-Spielen. Um also die Verarbeitungsgeschwindigkeit zu erhöhen, sorgten wird dafür, dass die Hand, die von der Kamera erfasst wird, als Silhouette erschien.

Iwata:

Wie spielte man diese Spiele?

Sugioka:

Wenn man vor einer Schlucht stand, die der Charakter nicht überqueren konnte, verwendete man beispielsweise die Silhouette seiner Finger als Brücke. Als wir aber mit dem Testing anfingen, fanden wir heraus, dass die Kamera Probleme mit der Erfassung der Hand hatte.

Iwata Asks
Mori:

Abhängig von der Beleuchtung kam es zur Schattenbildung, die die Kamera versehentlich als Bewegung erfasste.

Sugioka:

Also haben wir eine schwarze Matte darunter gelegt, um Schatten zu vermeiden.

Das heißt: Wir entwarfen einen Fingergut, den der Spieler über seinen Zeigefinger stülpen sollte. So konnte jeder, unabhängig von seinem Hautton, spielen.

Mori:

Eine Zeit lang haben wir sogar Handschuhe benutzt.

Sugioka:

Wir haben ernsthaft überlegt, das Spiel mit dem Fingerhut und der schwarzen Matte herauszubringen.

Iwata:

Ich wage zu bezweifeln, dass jemand so etwas kaufen würde. (lacht)

Sugioka:

Stimmt. (lacht)

Alle:

(lachen)

Abe:

Die ganze Idee, den DSi mit einer Hand zu halten, während man mit der anderen spielt, war zum Scheitern verurteilt. Also haben wir alles Mögliche ausprobiert, sogar Sachen wie das Erfassen von Füßen über die Kamera...

Iwata:

Füßen!?! (lacht)

Abe:

Ja, seinen eigenen Füßen. (lacht) So konnte man den DSi mit beiden Händen halten. Wir waren uns aber nicht so sicher, ob das gut für das Gameplay wäre...

Mori:

Mal abgesehen davon, dass man sich lächerlich machen würde! (lacht)

Abe:

Wir haben auch andere Sachen ausprobiert – zum Beispiel, das Gesicht einer Person, die einem gegenübersitzt, versteckt aufnehmen und den Kopf dieser Person während des Spiels in Nasenlöcher zu stecken – aber alles wirkte irgendwie seltsam.

Sugioka:

Also haben wir die Außenkamera verworfen und versuchten, mit der Innenkamera das Gesicht des Spielers zu erfassen.

Abe:

Wir haben ein Testmodell entwickelt, bei dem man den DSi ablegt, was an und für sich nicht schlecht war. Aber das Geschwindigkeitsgefühl früherer WarioWare-Spiele wollte nicht so recht aufkommen. Das Projekt steckte fest.

Wie dem auch sei, man entschied sich, den DSi abzulegen, und am Ende bat ich um einen weiteren Vorschlag. Der Slogan dafür war dann "WarioWare: Don’t Touch"?!

Iwata Asks
Iwata:

Don’t Touch? (lacht)

Abe:

Neben dem vorgeschlagenen Spielstil wurde auf der letzte Seite ein "Bonus" behandelt.

Iwata:

Ein Bonus, sagen Sie?

Abe:

Es handelte sich um merkwürdige Fotos... Ähm, ich glaube wir... "Sie wissen schon was".

Iwata:

Ich weiß schon, was...?

Abe:

Etwas, das am Ende des Spiels erscheint.

Iwata:

Ach, das! (lacht)