1. „Wii Music“ hat mein Gehör verändert

Iwata:

"Wii Music" ist mittlerweile erschienen und bietet natürlich einigen Gesprächsstoff. Wir könnten zum Beispiel über Miyamoto-sans Vermarktungsreise nach Übersee reden. Außerdem habe ich gehört, dass die Marketingleute Videos haben, die belegen, dass man mit dem Schlagzeug-Unterricht in "Wii Music" lernen kann, wie man auf einem echten Schlagzeug spielt. Ich war mir sicher, dass mir viele neue Themen zu Ohren kommen würden, also habe ich alle für eine weitere Gesprächsrunde versammelt. Kondo-san, der Sound Supervisor, war letztes Mal abwesend.

Kondo:

Das stimmt. Ich bin froh, dass es dieses Mal geklappt hat.

Iwata:

Werfen wir als Erstes einen Blick auf die Videos mit dem Schlagzeug-Unterricht.



Video: Schlagzeug-Unterricht 1

"Wii Music" ist mittlerweile erschienen und bietet natürlich einigen Gesprächsstoff. Wir könnten zum Beispiel über Miyamoto-sans Vermarktungsreise nach Übersee reden.
Schlagzeug-Unterricht 1



Video: Schlagzeug-Unterricht 2

"Wii Music" ist mittlerweile erschienen und bietet natürlich einigen Gesprächsstoff. Wir könnten zum Beispiel über Miyamoto-sans Vermarktungsreise nach Übersee reden.
Schlagzeug-Unterricht 2

Miyamoto:

Nach knapp über einer Woche Unterricht kann man so gut werden?

Totaka:

Ich habe es wieder bewiesen! (lacht)

Kondo:

Das haben Sie wirklich! (lacht)

Iwata:

Es ist unglaublich, dass sich jemand, der sich am Anfang schwer tut, in etwas über einer Woche derart mit einem echten Schlagzeug vertraut machen kann.

Miyamoto:

Das liegt vermutlich daran, dass die grundlegende Aufstellung der Trommeln dieselbe ist. Außerdem werden im Unterricht Animationen eingesetzt, die genau zeigen, wie man auf dem Schlagzeug zu spielen hat. Da man ja mit seinem Körper lernt, kann man sofort loslegen, wenn ein richtiges Schlagzeug vor einem steht.

Iwata:

In "Wii Music" spielt man im Grunde genommen "Luft-Schlagzeug". Dass man sich dann vor ein echtes Schlagzeug setzen und es auch spielen kann, ist höchst interessant.

Totaka:

Ein echtes Schlagzeug ist ziemlich laut. Am Anfang kann das schier überwältigend sein. Zumindest ging es einigen Mitgliedern unseres Teams so. Allerdings haben sie sich schnell daran gewöhnt und konnten schon bald drauf lostrommeln.

Iwata:

Als Nächstes sprechen wir mal über Miyamoto-sans Reise nach Europa und Amerika gegen Ende Oktober. Worüber haben Sie mit den Leuten dort geredet?

Iwata Asks
Miyamoto:

Über mein persönliches Interesse an Musik, um nur ein Thema zu erwähnen.

Iwata:

Als Student waren Sie in einer Band und Ihr Hobby ist es seitdem, "Gitarre zu üben", stimmt's? (lacht)

Miyamoto:

Ja, ich übe schon seit über 30 Jahren! (lacht) In der Band fingen wir mit Cover-Versionen an. Wir spielten die Songs von Bands, die uns gefielen, nach Gehör. Wenn man aber andere nur nachahmt, wird es schnell langweilig, und so versuchten wir uns bald an unserer eigenen Musik. Wenn man sich musikalisch ausdrücken kann, fängt der Spaß erst richtig an. Über eben solche Dinge habe ich drüben geredet.

Iwata:

Ich verstehe.

Miyamoto:

Ich habe auch Dinge angesprochen wie zum Beispiel: Nehmen wir mal an, Sie kaufen sich ein Klavier. So ein Instrument ist nicht nur teuer, die Kaufentscheidung ist auch recht kompliziert, aber nehmen wir mal an, Sie haben sich für eines entschieden. Wenn es bei Ihnen zu Hause angeliefert wird, hauen alle als Erstes auf die Tasten. Ein Lied darauf zu spielen, ist allerdings reichlich schwer. Und so kommen die Leute dazu, Klavierunterricht zu nehmen.

Iwata:

Sie können Töne spielen, aber kein richtiges Lied.

Miyamoto:

Wenn Sie sich aber "Wii Music" zulegen, können Sie innerhalb von fünf Minuten gemeinsam in einem Ensemble spielen!

Kondo:

Außerdem stehen Ihnen 60 verschiedene Musikinstrumente zur Verfügung und es gibt sogar eine Band, die Sie im Hintergrund begleitet!

Miyamoto:

Deshalb bin ich davon überzeugt, dass "Wii Music" ein unglaublich fortschrittliches Musikinstrument ist - vielleicht sogar das Instrument der Zukunft. In Übersee habe ich allen erzählt, dass es eine neue Art Instrument ist, das leicht zu erlernen ist und das Spaß macht.

Iwata Asks
Iwata:

Sie waren in Frankreich, England und Amerika. Gab es in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Reaktionen?

Miyamoto:

Nicht sonderlich. Mir ist lediglich aufgefallen, dass in den Ländern Unterschiede bezüglich der musikalischen Vorbildung herrschen. In Japan lernen alle früh, in Schulaufführungen die Blockflöte zu spielen und im Chor zu singen. In manchen Ländern gibt es in der Grundschule allerdings nur wenig Musikunterricht.

Iwata:

Was denken die Leute aus solchen Ländern, wenn sie "Wii Music" sehen?

Miyamoto:

Viele Interviewer haben mir positive Fragen gestellt. Wie etwa, ob es eine Möglichkeit gibt, "Wii Music" in Schulen einzusetzen, um in den Kindern das Interesse an Musik zu wecken. Während ich aber durch Europa gereist bin, ist mir etwas anderes aufgefallen, das mich sehr überrascht hat. Es hat sich angefühlt, als ob ich mich selbst verändert hätte.

Iwata:

Sie haben sich... verändert?

Miyamoto:

Ob auf den Flughäfen, in Taxis oder zu Fuß unterwegs, ich habe überall die regionale Musik gehört und konnte die örtlichen Unterschiede in puncto Musik förmlich spüren. Selbst bei Genres, die mich zuvor nie interessiert haben, konnte ich aus irgendeinem Grund die Einzelheiten heraushören. Und wenn ich mal ein Lied gehört habe, das ich kannte, dachte ich mir: "Wie wurde das musikalisch arrangiert?" Ich war schon immer an Musik interessiert, aber die winzigen Details sind mir bislang nie aufgefallen. Das hat mich ganz schön verblüfft. Es ist so, als ob mein Gehör sich verändert hätte.

Iwata:

Sie haben gelernt, Dinge zu hören, die Ihnen zuvor nie aufgefallen sind.

Miyamoto:

Etwas später, als ich nach Amerika reiste, bat ich eine Person von NOA (Nintendo of America) für mich während eines Interviews zu dolmetschen. Als ich ihn fragte, was er denn von "Wii Music" halte, sagte er mir, dass sein tragbarer Musik-Player sich verändert hätte.

Iwata:

Wie das?

Miyamoto:

Er sagte, er wäre nun in der Lage, die Einzelheiten zu hören.

Iwata Asks
Iwata:

Also hat er etwas Ähnliches erfahren, was Ihnen in Europa passiert ist. Wenn Personen allgemein Musik hören, das trifft im Übrigen auch auf mich zu, hören wir nur das ganze Lied oder konzentrieren uns auf die Melodie.

Miyamoto:

Der Dolmetscher und ich hatten fantastische Unterhaltungen darüber.

Iwata:

Ich frage mich ob man ein Gehör für musikalisches Arrangement entwickelt, wenn man "Wii Music" spielt.

Miyamoto:

Hm... das frage ich mich auch. (lacht)

Kondo:

Ich war überrascht, als Miyamoto-san mir davon erzählt hatte. Ich erinnerte mich, wie ich als Kind Unterricht an einer elektronischen Orgel genommen hatte... Mein Lehrer sagte mir, ich sollte lernen, wie ich die Bässe erkenne, selbst wenn ich Musik in meiner Freizeit hörte. Danach war ich in der Lage, die unterschiedlichen Töne der Musikinstrumente und eine Vielzahl musikalischer Strukturen zu erkennen.

Iwata:

Es ist interessant, dass Miyamoto-san, nachdem er 50 oder mehr Jahre nicht darauf geachtet hat, plötzlich etwas erkennt, das Kondo-san sich selbst schon als Kind zu hören beigebracht hatte.

Totaka:

Ich persönlich habe kein musikalisches Feingefühl entwickelt, bis ich angefangen habe, Musikstücke zu schreiben, aber ich stimme zu: Es ist definitiv etwas, das man im Lauf der Zeit dazu lernt. Gerade deshalb bin ich so beeindruckt, dass diese Transformation in nur wenigen Wochen vonstatten gehen kann.

Miyamoto:

Es ist unglaublich. Wenn ich nochmal auf das zurückkommen darf, was mein Dolmetscher sagte: Der Wert jedes einzelnen Liedes in seinem Musik-Player hat sich vervielfacht. Ich persönlich kann nun ganz leicht den Unterschied zwischen programmierten und klassisch komponierten Liedern erkennen.

Totaka:

Einer unserer Leute sagte, er hätte diese Fähigkeiten erlangt, nachdem er nur ein Video gemacht hatte.

Iwata Asks
Iwata:

Nach nur einem Video?

Totaka:

Ja. Er ist ein Schlagzeuger, der selten auf etwas anderes außer Schlagzeug in Musikstücken gehört hatte. Nun kann er plötzlich die Rhythmusgitarre und den Bass erkennen.

Iwata:

Es ist unglaublich, dass sich die Art, wie jemand hört, in nur einer Woche oder zehn Tagen ändern kann. Vielleicht liegt es daran, dass die Fähigkeit, Musik zu hören, den Lernprozess verbessert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man verschiedene Instrumente innerhalb eines begrenzten Zeitraums für ein bestimmtes Musikstück ausprobiert.

Miyamoto:

Es ist so, als ob uns Fühler wachsen würden. Professionelle Musiker entwickeln so etwas im Laufe der Zeit, unsere kommen nur manchmal zum Vorschein, aber das alleine ist schon unglaublich.

Iwata:

Wenn sie das lesen, werden viele "Wii Music"-Spieler sagen, ihnen sind auch Fühler gewachsen, wie Miyamoto-san, wetten?